2. Verhängnis und Enthauptung Ludwigs XVI.
Ein Beitrag von Ines Krapf
Anregung: Man kann die Französische Revolution innerhalb von drei Tagen im Unterricht behandeln. Selbstverständlich ist es möglich, auch eine ganz andere Einteilung vorzunehmen. Von den folgenden Ereignissen könnte man am 2. Tag berichten. Die hier gewählte Darstellung soll es dem Klassenlehrer / der Klassenlehrerin ermöglichen, sich schnell in das Thema einzuarbeiten und bildhaft zu erzählen.
1789: Einberufung der Generalstände
In seiner Verzweiflung ruft der König die Generalstände ein, eine Volksversammlung aus der Zeit vor dem Absolutismus, die zuletzt vor 175 Jahren einberufen wurde. Die Delegierten sollen neue Steuern beschließen, um den drohenden Staatsbankrott abzuwenden.
Anregung zum Klassengespräch:
Der erste und der zweite Stand durfte jeweils 300 Delegierte zu Generalversammlung entsenden. Was denkt ihr, wie viele es beim dritten Stand waren? Diskutiert eure Vorschläge. Findet ihr die tatsächliche Anzahl von 600 gerecht? Was haltet ihr von der Tatsache, dass jeder Stand für sich nur eine Stimme hatte? So konnte der Klerus und der Adel den dritten Stand problemlos mit 2 zu 1 überstimmen.
Die politische Struktur Frankreichs war in drei Stände unterteilt: Der erste Stand war der Klerus, der zweite der Adel und der dritte umfasste alle anderen, also mit 98 % die breite Bevölkerung. Der erste und zweite Stand durfte jeweils 300 Delegierte zur Generalversammung entsenden. Der dritte Stand hingegen 600. Unter den Vertretern des dritten Standes befand sich jedoch kein einziger Bauer.
Im Mai 1789 kommen die Generalstände zusammen, und unter ihnen ist auch der ehrgeizige junge Anwalt aus der Provinz, Maximilien de Robespierre. Der 31-jährige Robespierre ist zu diesem Zeitpunkt noch relativ unbekannt unter den rund 600 Vertretern des Dritten Standes. Die Delegierten des dritten Standes lehnen es ab, getrennt von Adel und Klerus zu tagen, doch der König besteht auf dem alten Drei-Kammersystem, das dem Adel und Klerus ein Übergewicht sichert. Der König beschließt, den Delegierten des 3. Standes eine Lektion zu erteilen.
Verschlossener Sitzungssaal und das Ballhaus
Am 20. Juni wollen sich die Delegierten des dritten Standes versammeln, doch ihr eigentlicher Sitzungssaal ist verschlossen. Sie weichen in eine Sporthalle, das sogenannte Ballhaus, aus und beschließen, sich nicht zu trennen, bevor sie eine neue Verfassung haben. Die Delegierten des dritten Standes erklären sich selbstbewusst zur Nationalversammlung, der einzigen wahren Vertretung des Volkes. Der Ballhausschwur wird zu einem der symbolträchtigsten Momente der Revolution. Die Delegierten stehen dort und erheben ihre Hand zu einer Art römischen Gruß. In diesem Moment spüren sie ihre Macht und Würde. Sie erkennen, dass sie dem König die Stirn bieten können.
König gibt nach
Der König gibt schließlich nach, und Adel und Klerus tagen nun gemeinsam mit dem dritten Stand in einer allgemeinen Nationalversammlung im Ballhaus. Doch all diese vermeintlichen Erfolge in Versailles waren nur auf dem Papier besiegelt und fehlten der Versammlung an Realität. Tatsächlich müssen die Delegierten im Juli 1789 mit ansehen, wie König Ludwig Truppen zusammenzieht, um sie zu vertreiben. Zudem provozierte der König das Volk, indem er seinen beim Volk sehr beliebten Finanzminister Jacques Necker entlässt. Dies löst in der nahegelegenen Stadt Paris Tumulte aus. Der Brotpreis erreicht einen neuen Rekord, und aufgeregte Bürger bewaffnen sich, um sich gegen die Soldaten des Königs zu rüsten. Das einzige was fehlt, war ausreichend Schießpulver, doch die Aufständischen wissen, wo es zu finden ist.
Der Sturm auf die Bastille
Im Zentrum von Paris befindet sich die Bastille, eine alte Festung, die ihre militärische Bedeutung verloren hat. Obwohl nur noch sieben Häftlinge dort sitzen, ist die Bastille berüchtigt als Gefängnis des Königs und als Ort der Folter.
Die Aufständischen versammeln sich unter einer neuen Fahne, die die Farben Rot und Blau von Paris zeigt, während in der Mitte Weiß die Farbe des Königs darstellt. So entsteht die französische Trikolore. Am Nachmittag des 14. Juli beginnt der Angriff auf die Bastille. Der überraschte Kommandant der Bastille, Bernard-René Jordan de Launay, reagiert zu spät und hat nur 110 Mann, darunter 80 Invaliden, um den Ansturm zu stoppen. Der Kampf ist kurz und bei Weitem nicht so heroisch, wie die Revolution es später in Legenden beschreibt. Er muss die Bastille übergeben. Die wütende Menge schleift den Kommandanten vor das Rathaus, wo er misshandelt, erstochen und enthauptet wird. So beginnt der blutige Teil der Revolution.
Der abgetrennte Kopf des Kommandanten wird triumphierend durch Paris getragen. Die Delegierten der Nationalversammlung verurteilen diese Gewalttat nicht, sondern billigen sie. Diese Akzeptanz von Gewalt setzt ein Muster, das für den weiteren Verlauf der Revolution katastrophale Folgen haben wird.
Der König muss Versailles verlassen und nach Paris umziehen
Während die Bastille fällt, kehrt der König von einem Jagdausflug zurück. In sein Tagebuch schreibt er zum 14. Juli 1789 nur das Wort: „Nichts". Seine Jagd war erfolglos. Sein Kammerherr eilt zu ihm und informiert den König über den Fall der Bastille. Ludwig erschrickt und sagt: „Aber das ist ja eine Revolte!" Der Kammerherr widerspricht: „Mein König, das ist eine Revolution."
Ludwig XVI. muss seine Truppen zurückziehen, und die Nationalversammlung siegt. Im Gefühl ihrer neuen Stärke beschließen die Delegierten die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte: „Alle Menschen werden frei und gleich an Rechten geboren." Dieses Dokument verkündet feierlich, dass die Souveränität allein beim Volk und der Nation liegt. Der einst absolute Herrscher ist nun nur noch ein Monarch von Volkes Gnaden, der an Recht und Verfassung gebunden ist. Nicht einmal die Residenz des Königs kann er noch frei bestimmen.
Unter dem Druck der Bevölkerung muss die königliche Familie im Oktober von Versailles nach Paris umziehen. Seit ihrer Ankunft in Paris ist ihr Handlungsspielraum stark eingeschränkt, und sie sind praktisch Gefangene in ihrer eigenen Hauptstadt.
Maximilien de Robespierre – der Unbestechliche
In dieser Zeit fällt der Delegierte Robespierre in der Nationalversammlung durch seine radikalen Reden auf. Er trifft sich mit Gesinnungsfreunden im ehemaligen Dominikanerkloster St. Jakob, und bald werden er und seine Mitstreiter als Jakobiner bekannt. Robespierre wird als Mann des Volkes mit eisernen Prinzipien angesehen, und seine Anhänger verleihen ihm den Ehrentitel „der Unbestechliche."
Inzwischen verliert der König immer mehr an Einfluss. Als konstitutionelle Monarchie muss Ludwig XVI. die Macht mit der Nationalversammlung teilen. Doch die Delegierten schränken Schritt für Schritt die Stellung des Monarchen und die Macht des Adels und Klerus ein. Dem König gefällt diese Entwicklung nicht, und zwei Jahre nach Beginn der Revolution unternimmt er einen verzweifelten Schritt.
Ludwig will ins Ausland fliehen
Im Jahr 1791 ist Ludwig entschlossen, die Macht in Frankreich zurückzugewinnen, und er weiß, dass er dafür die Hilfe einer ausländischen Armee benötigt. Also plant er, aus dem Palast zu fliehen und die nächste Grenze zu erreichen. Anfangs scheint die Flucht zu gelingen. In der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 1791 verlässt die königliche Familie unbemerkt Paris. Sie fliehen in einer Kutsche, wobei der König sich als Kammerdiener verkleidet hat.
Die Flucht führt sie in Richtung der deutschen Grenze im Osten. Am Morgen des 21. Juni scheint die Rettung nahe. Doch in Varennes, einem Ort am Fuße der Ardennen, endet die Fahrt abrupt. Gerüchte über ihre Flucht sind der königlichen Familie vorausgeeilt. Ein Wachposten stoppt die Kutsche und verlangt nach den Passierscheinen. Der Verdacht des Wachmannes bestätigt sich, als der König sich zu erkennen gibt. Die Bevölkerung des Ortes verhindert die Weiterfahrt der königlichen Familie. Er wird verhaftet und nach Paris zurückgebracht.
Ein überflüssiger Verräter
Der Versuch des Königs, sein eigenes Volk zu verlassen, hat verheerende psychologische Auswirkungen. Dieses Ereignis zerreißt endgültig das Band zwischen Ludwig und seinen Untertanen. Nun haben sie einen König, der nicht nur überflüssig erscheint, sondern auch als Verräter angesehen wird.
Der Fluchtversuch des Königs stürzt die Nationalversammlung in eine tiefe Krise. Um die Monarchie zu erhalten, behauptet eine Mehrheit, der König sei entführt worden. Nur Robespierre und die Jakobiner fordern die Absetzung Ludwigs.
Robespierre ist für seine radikalen Ansichten bekannt. Er setzt sich für ein Ende der Sklaverei in den Kolonien ein und ist ein leidenschaftlicher Gegner der Todesstrafe. Für ihn ist die Todesstrafe ein Überbleibsel des finsteren Mittelalters, das unwürdig für eine neue, aufgeklärte Gesellschaft ist. Doch Robespierre kämpft vergebens. Die Mehrheit der Revolutionäre ist nicht gegen die Todesstrafe an sich, sondern nur gegen die grausamen alten Formen ihrer Ausführung.
Die Guillotine – schnell und effizient
Während des alten Regimes gab es eine Vielzahl grausamer Hinrichtungsmethoden, wobei die Enthauptung nur dem Adel vorbehalten war. Die Revolutionäre streben nun an, die Menschen auch im Tod gleichzustellen, indem sie die gleiche Strafe für jedermann fordern. Trotz Robespierres Widerstand wird eine neue Todesmaschine in Dienst gestellt, die berühmt-berüchtigte Guillotine. Sie wurde von dem französischen Arzt und Ingenieur Dr. Joseph-Ignace Guillotin nicht erfunden, wie oft fälschlicherweise angenommen wird. Allerdings war er ein aktiver Befürworter der Todesstrafenreform und forderte die Einführung einer einheitlichen und humanen Hinrichtungsmethode. Durch seine Unterstützung und politische Arbeit wurde die Guillotine während der Französischen Revolution 1792 als offizielle Hinrichtungsmethode angenommen.
Das Ausland
Die Guillotine wird nun zur Bedrohung für alle Feinde der Revolution im Inneren. Doch die größte Sorge der Revolutionäre liegt beim Ausland. Die Könige im Ausland schmieden Bündnisse gegen die Revolution, vor allem das Reich des österreichischen Kaisers gilt als Gegner der Revolution.
In der Nationalversammlung fordert die Mehrheit einen Präventivkrieg gegen Österreich. Robespierre gehört zu den Wenigen, die den Krieg ablehnen, da er einen Sieg des Feindes befürchtet. Er glaubt, dass das Land nicht bereit für den Krieg ist und die Armee nicht stark genug ist. Er fürchtet, dass der Feind ins Land eindringen und die Revolution gewaltsam beenden könnte.
Am 20. April 1792 erklärt die Nationalversammlung Österreich den Krieg. Eine patriotische Begeisterung erfasst das Land, und tausende Freiwillige strömen zu den Sammelstellen. Robespierres Befürchtungen bewahrheiten sich, als die französischen Truppen zurückgeschlagen werden und Preußen im Juli 1792 an der Seite Österreichs in den Krieg eintritt. Die alliierten Truppen marschieren in Richtung Paris.
Ludwig sollte befreit werden
Anfang August 1792 wurde in Paris das Manifest des Herzogs von Braunschweig bekannt, der Oberbefehlshaber der preußischen und österreichischen Truppen war. Darin wurde das Ziel formuliert, die königliche Familie aus der Gefangenschaft zu befreien und Ludwig XVI. in seine angestammten Rechte wiedereinzusetzen.
Die Drohung des Herzogs verursacht Panik in der Hauptstadt, und schließlich stürmt das aufgebrachte Volk am Morgen des 10. August 1792 das königliche Schloss. Die Leibgarde wird getötet, 800 Menschen sterben. Ludwig und seine Familie fliehen in die Nationalversammlung, wo er sein Leben retten kann, aber nicht den Thron. Die Nationalversammlung beschoss die vorläufige Absetzung des Königs und seine Gefängnisverwahrung.
Robespierre tritt an die Spitze der radikalen Phase
Der Sturz des Königs genügt Robespierre nicht, er fordert die vollständige Auslöschung der Monarchie. Er verlangt den Kopf des Bourbonen ohne Prozess, da das Volk seiner Meinung nach bereits ein Urteil gefällt hat und den König zum Feind der neuen Ordnung erklärt hat. Doch die Mehrheit des neu gewählten Parlaments will einen Prozess. Gemäßigte Abgeordnete plädieren dafür, das Leben des Monarchen zu schonen, auch wegen möglicher Reaktionen aus dem Ausland. Für Robespierre und die Jakobiner ist jedoch jede Rücksichtnahme und Zurückhaltung undenkbar. Für sie gibt es nur eine einzige Entscheidung.
Solange der König lebt, kann die Revolution nicht gedeihen. Am 20. Januar 1793 stimmt das Parlament ab, und mit einer Stimme Mehrheit wird Ludwig XVI. zum Tode verurteilt.
Ludwig XVI. wird hingerichtet
Am Abend vor seiner Hinrichtung darf der Todgeweihte seine Frau und Kinder noch einmal aufsuchen. Am 21. Januar 1793 wird Ludwig XVI. in einer geschlossenen Kutsche zur Guillotine auf dem Platz der Revolution, dem heutigen Place de la Concorde, gebracht. Auf dem Schafott versucht er, zur jubelnden Menge zu sprechen, aber seine Worte gehen im Trommelwirbel unter. Um 10 Uhr 22 ist Ludwig XVI. tot.
Doch sein Tod bringt dem Land keinen Frieden. Die Hinrichtung vereint die Monarchien Europas im Kampf gegen die als gottlos betrachtete Revolution. Österreich und Preußen bedrohen erneut den Norden des Landes. Im August 1793 besetzen die Engländer Toulon am Mittelmeer. Die Stimmung in Paris ist verzweifelt.