Im Meer schwimmen Krokodile
Ein Buch von Fabio Geda
Fabio Geda erzählt die wahre Geschichte von Enaiat – einem jungen, aus Afghanistan stammenden Mann, der acht Jahre lang unterwegs ist, bis er schließlich in Italien ankommt. Die Geschichte ist unglaublich – und doch glaubt man jedes Wort: Als Zehnjähriger wird er von seiner Mutter in den Iran gebracht und dort verlassen. Sie sieht darin für ihn die einzige Chance, zu überleben. Denn in ihrer Heimat Afghanistan werden sie als Hazara, einer ethnischen Minderheit, von den Taliban schikaniert und mit dem Tode bedroht.
Enaiat schlägt sich durch. Er will leben. Und mehr noch: er will ein lebenswertes Leben haben. Er findet Menschen, die ihm helfen und trifft auf solche, die ihn ausnutzen. Mehrfach ist er in Lebensgefahr, nicht nur, als er in einem kleinen Schlauchboot mit vier anderen Jungen das Mittelmeer überquert.
Fabio Geda schreibt auf, was Enaiat ihm erzählt und stellt manchmal kurze Nachfragen. Entsprechend schlicht ist der Sprachstil, was der Spannung aber nicht schadet: Viele Situationen sind so konkret beschrieben, dass man als Leser sehr nah dran ist am Geschehen. Gleichzeitig wird mit einer jugendlichen Leichtigkeit erzählt, die dem Leser selbst die härtesten Momente auf Enaiats Flucht erträglich macht. Daher ist das Buch auch für Jugendliche sehr zu empfehlen. Im Vordergrund steht Enaiats persönliche Geschichte, die jedoch untrennbar mit der politischen Situation in Afghanistan und seinen Nachbarländern verbunden ist. Diese wird verständlich beschrieben und so in die Fluchtgeschichte mit eingewoben, dass man anfängt, im politischen, ethnischen und geostrategischen Durcheinander des Nahen Ostens Zusammenhänge zu verstehen.
Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Buch:
„Um in den Iran zurückzukehren, bestiegen wir wieder einen Toyota-Laster. Aber diesmal war die Fahrt gefährlicher, da wir die Straße nahmen, die auch die Schmuggler für ihre illegalen Transporte nutzten. Auch in unserem Toyota befanden sich Drogen. Wer in Iran mit mehr als einem Kilo Opium erwischt wird, wird gehängt. Viele Grenzpolizisten sind natürlich korrupt und lassen die durch, die zahlen. Doch wenn man auf einen trifft, der es ernst meint (und davon gibt es einige), ist man so gut wie tot.
Wir erwischten die Korrupten und kehrten nach Baharestan zurück. Ich ging sofort zur Baustelle und suchte Onkel Hamid, der allerdings noch nicht zurückgekehrt war. Mein Geld war dort, wo ich es vergraben hatte. Die beiden dagebliebenen Arbeiter hatten es gut bewacht. Trotzdem war es einfach nicht mehr so wie vorher. Isfahan wäre nicht mehr sicher, hieß es, nicht einmal Baharestan. Die Polizei hätte den Befehl, alle abzuschieben. Also rief ich Sufi in Qom an, in jener Fabrik, wo er Steine bearbeitete. Bei ihm sei momentan noch alles ruhig, sagte er. So beschloss ich, zu ihm zu fahren. Ich wartete, bis Onkel Hamid kam, um mich zu verabschieden, packte meine Sachen und ging zur Bushaltestelle.
Wie kann man so mir nichts, dir nichts sein Leben ändern, Enaiat? Sich an einem ganz normalen Vormittag von allen verabschieden?
Man tut es einfach, Fabio, und denkt nicht weiter darüber nach. Der Wunsch auszuwandern entspringt dem Bedürfnis, frei atmen zu können. Die Hoffnung auf ein besseres Leben ist stärker als alles andere. Meine Mutter zum Beispiel wusste, dass ich ohne sie in Gefahr bin. Aber dafür war ich unterwegs in eine andere Zukunft. Und das war besser, als in ihrem Beisein stets in Gefahr zu sein und ständig in Angst leben zu müssen."
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