Zum Hintergrund sozialkünstlerischer Übungen

 

Das Soziale, die Kunst und das Üben
Sozialkünstlerische Übungen schaffen einen Raum, in dem soziale Kompetenzen in einem künstlerisch-kreativen räumlich-bewegten Prozess innerhalb einer Gruppe erfahren und entwickelt werden können. Da jeder Kompetenzerwerb auf Übung beruht, geht es auch hier um wiederholende, durch Reflexion und Selbsterkenntnis erweiterte Praxis. 

Qualitäten des Sozialen und des Künstlerischen
Zwischen sozialen Situationen und künstlerischen Prozessen lassen sich Gemeinsamkeiten erkennen:

  • Die Entwicklung der Fähigkeit zur lebendigen, stärkenden und bereichernden Interaktion.
  • Die Interaktion betrifft gleichermaßen die Begegnung mit sich selbst und die Begegnung mit dem Anderen.
  • Daher steht der Arbeits- und Lernprozess, und nicht das fertige Produkt, im Fokus des Handelns.
  • Die Prozesse sind vielschichtig und im Einzelnen nicht festgelegt.
  • Das konkrete Tätigsein wird ergänzt durch Innehalten und Reflexion des Erlebten.
  • Die reflektierte Erfahrung bildet die Grundlage für individuelle Erkenntnis.
  • Der Austausch mit anderen lässt die Objektivität sozialer und künstlerischer Gesetzmäßigkeiten sichtbar werden.


Die Übungen

Inhalt und Form der Übungen entsprechen allgemeingültigen sozialen Gesetzmäßigkeiten. Damit gehen sie über rein kreative Kooperationsspiele hinaus. Sie werden entwickelt von Menschen, die sich intensiv mit den Qualitäten sozialer und künstlerischer Prozesse auseinandergesetzt haben.

Das Grundmuster der einzelnen Übungen ist so schlicht, dass jede*r unmittelbar einsteigen kann. Der eigentliche Arbeits- und Lernprozess entsteht durch die individuelle und gruppendynamische Erweiterung des Grundmusters. Spannend sind dabei vor allem unerwartete Situationen, die nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen und einen dadurch in die konkret stattfindende soziale Gegenwart zurückholen.

Die Reflexion des Erlebten ermöglicht es, aus der konkreten Erfahrung Erkenntnisse zu gewinnen, die den eigenen Lernprozess voranbringen. Dabei gilt der Grundsatz: Jeder kann sich ausschließlich selbst entwickeln. Daher geht es in der Reflexionsphase der sozialkünstlerischen Übungen um die Wahrnehmung und Anerkennung der eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse: „Wie ist es mir ergangen? Was habe ich erlebt?“ Wer sich selbst wahrnehmen und (an-) erkennen kann, verliert sich nicht in der Gruppe; er kann sich dem wahrnehmenden, erkennenden Anderen gegenüberstellen und das so entstehende soziale Spannungsfeld halten und gestalten.

Freude und Spaß wohnen den sozialkünstlerischen Übungen genauso inne wie Innehalten und Ernsthaftigkeit. Durch die künstlerische, ganzheitliche Art des Lernens – Handeln, Erleben, Erkennen – beleben diese Übungen mehr, als dass sie ermüden. Sie erinnern an das unermüdliche, spielende und begeisterte Lernen von Kindern, das in jedem Menschen veranlagt ist und von älteren Kindern und Erwachsenen im Rahmen sozialkünstlerischer Übungen wiederbelebt werden kann.

Didaktischer Hinweis

Sicherheit in der Grundstruktur der jeweiligen Übung, Sicherheit im Umgang mit technischen und sozialen Herausforderungen und Sicherheit in der Moderation von Reflexionsphasen ist Voraussetzung für gelingende Prozesse mit einer Schülergruppe. Sozialkünstlerische Übungen in der Erwachsenenbildung finden z. B. auf Seminarmodulen der LiP - Lehrerbildung in der Praxis statt. Wer kein Setting hat, in dem er selbst angeleitet wird, kann sich auch ohne Anleiter gemeinsam mit anderen Interessierten auf einen Übungsweg begeben.

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