Ist die Korrektur der Epochenhefte notwendig?

Ein Beitrag von Steffi Wagner

Das Führen eines Epochenheftes ist in Waldorfschulen eine übliche Tradition. Am Ende der Epoche werden sie in der Regel eingesammelt. Nicht wenige Klassenlehrer*innen schauen diese dann mit großem Zeitaufwand und viel Hingabe einzeln durch, verbessern Rechtschreibfehler und versehen einzelne Seiten oder zumindest das Heft als Ganzes mit einem persönlichen Kommentar. Dieser Kommentar ist dazu gedacht, dem einzelnen Schüler eine Rückmeldung zu geben und auf diese Weise die Mühe wertzuschätzen. Das ist fraglos eine schöne Sache.

Allerdings könnte man die Frage stellen: Stehen hier Aufwand und pädagogische Wirkung in einem angemessenen Verhältnis? Profitieren die Schülerinnen und Schüler von dieser aufwendigen Arbeit wirklich so sehr oder ist ein anderer Weg auch gut?

Im Grunde wissen die Mitschülerinnen und Schüler recht gut, ob sie ihre Heftarbeit ordentlich und schön machen oder eher nicht. In jedem Fall können sie die Wertschätzung für ihre Arbeit aber auch schon während der Epoche erfahren. Hier ein Beispiel: Einmal in der Woche fordere ich die Schülerschaft auf, die schönste Seite im Epochenheft aufzuschlagen und offen am Platz auszulegen. Dann gehen alle für drei Minuten still durch das Klassenzimmer und schauen sich die aufgeschlagenen Hefte an. Wenn alle wieder am Platz sind, könnte man fragen: „Wo habt ihr etwas besonders Schönes entdeckt?“ Oder „Wo konnte man sehen, dass sich jemand sehr kräftig bemüht hat?“

Wendet man solche Formen der Wahrnehmungsrunden nicht nur im Zusammenhang mit Epochenheften an, sondern in vielfältigen Situationen des Schulalltags, bekommt sicher jedes Kind auf seine Weise einmal positive Aufmerksamkeit. So entstehen schöne Formen der Rückmeldung, die sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig geben.

Auch ich sammle die Epochenhefte zum Ende der Epoche ein, was meine Schüler dazu anhält, sie vollständig zu haben. Aber ich sehe die Hefte nicht akribisch einzeln durch und mache am Ende auch keinen Hefteintrag. Dadurch erspare ich mir viel Arbeit und stehe vielleicht am Montag etwas frischer vor der Klasse, was man pädagogisch auch nicht unterbewerten darf :-) Die Epochenhefte bleiben dann bis zum Schuljahresende bei mir, es sei denn, dass eine Epoche eine Fortsetzung hat. Dann bringe ich sie wieder mit. Dies wiederum hat den Vorteil, dass alle Hefte am ersten Tag da sind und keines verlorengehen konnte. Ich nutze die Hefte vor allem beim Schreiben der Zeugnisse, wenn ich nicht die Gestaltung der Hefte des einzelnen Schülers sowieso gut vor Augen habe. Am Schuljahresende erhalten die Schülerinnen und Schüler dann alle Epochenhefte als Päckchen zurück.

Weder von Schüler- noch von Elternseite wurde in diesem Bereich bislang etwas vermisst.

Ihr Kommentar