Die Erde – eine Scheibe?

Ein Beitrag von Olaf Hesse

Die alten Ägypter dachten sich die Erde noch als eine Scheibe. Oben im Himmel war der Wohnort der Götter, unter der Erde befand sich die Unterwelt der Verstorbenen. Aber schon die alten Griechen vor über 2000 Jahren kamen zu der Erkenntnis, dass die Erde eigentlich rund sein müsse. Aristoteles, ein berühmter Philosoph aus dem vierten Jahrhundert vor Christus, hatte bereits beobachtet, dass bei einem näherkommenden Schiff immer zuerst der Mast am Horizont sichtbar wurde und erst später der Schiffsrumpf. Also musste doch die Erdoberfläche gekrümmt sein.
 

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Ebenfalls kannte man damals auch schon eine Mondfinsternis. Bei dieser schiebt sich die Erde für kurze Zeit zwischen Mond und Sonne. Von der Sonne beschienen, wirft die Erde ihren Schatten auf dem Mond und dieser ist rund. Wäre die Erde eine Scheibe, so könnte ihr Schatten aber nicht rund sein.

Die Vorstellung, dass das mittelalterliche Weltbild von einer flachen Erde ausgeht, ist zwar verbreitet, aber falsch. Sie entstand vielmehr erst aus dem Bedürfnis der Neuzeit, sich gegenüber dem Mittelalter aufzuwerten. Auch die Gelehrten des Mittelalters gingen davon aus, dass die Erde eine Kugel sei. Nicht zuletzt der Reichsapfel als Herrschaftssymbol des Heiligen Römischen Reiches zeigt, welches Bild die Menschen sich damals von der Welt machten. 

Das normale Volk hingegen wird sich mit dieser Frage überhaupt nicht beschäftigt haben. Der Bauer bestellte seine Felder, um sich mehr schlecht als recht ernähren zu können. Was interessierte ihn da das Ende der Welt? Bei einfachen Seeleuten wird das schon anders ausgesehen haben. Mit Schiffen hielt man sich bis zum Ende des Mittelalters gerne in Küstennähe auf. Einfach ins Blaue zu segeln, hielt man für keine gute Idee. Denn immer wieder kamen Schiffe nicht zurück. Natürlich dachte man dann darüber nach, was geschehen sein könnte: Sind die Schiffe von Meeresungeheuern verschluckt worden oder gibt es doch irgendwo das Ende der Welt? Im Nordwesten der Küste Spaniens zumindest liegt ein Ort, den man Finisterre, also das Ende der Welt, nannte. 
 

Die Kirche zog die runde Erde nicht in Zweifel

Auch die Kirche hatte nichts gegen die Kugelgestalt der Erde einzuwenden. Als dem italienischen Forscher Galileo Galilei der Prozess gemacht wurde, ging es nicht um die Frage, ob die Erde Kugel oder Scheibe sei, sondern um die Stellung der Erde im All. Die Kirche beharrte darauf, dass die Erde den Mittelpunkt des gesamten Universums darstelle. 
 

Aristarch von Samos 

Allerdings wurde die heliozentrische Theorie bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. von dem griechischen Philosophen Aristarch von Samos vorgeschlagen. Er vertrat die Meinung, dass sich die Erde um die Sonne drehe. Seine Idee wurde von anderen griechischen Gelehrten wie Eratosthenes und Seleukos von Seleukia unterstützt. Jedoch setzte sich das geozentrische Modell von Ptolemaios durch und wurde im römischen Reich weiterverbreitet.
 

Claudius Ptolemäus (um 100 n.Chr.)

Claudius Ptolemäus war ein griechischer Universalgelehrter, der sich mit Mathematik, Astrologe, Philosoph, Musiktheorie, Geographie und Astronomie beschäftigte. Er war der Überzeugung, dass die Erde fest im Mittelpunkt des Kosmos stünde und Planeten, Mond und Sonne die Erde auf Bahnen umkreise. Diese Ansicht entspricht auch in etwa dem, was sich am Himmel beobachten lässt. Ptolemäus beschrieb seine Erkenntnisse in dem epochalen Werk „Almagest“, das so berühmt wurde, dass man dieses geozentrische Weltbild nach seinem Namen benannte. Dieses Ptolemäische Weltbild war die nächsten 1400 Jahre allgemeingültig.

Wie dachte man sich den Kosmos nach Ptolemäus? Man kannte das Phänomen der Schwerkraft: alles unbefestigte muss auf die Erde fallen. Da die Himmelskörper dies aber nicht tun, mussten sie auf irgendeine Art befestigt sein. Jedoch konnte man eine solche Befestigung nirgendwo entdecken. Also dachte man sich durchsichtige Kristallschalen, die wie Zwiebelschalen in Schichten um die Erde herum gelagert sind. Jeder Himmelskörper hat seine eigene Kristallschale, an der er mit seiner eigenen Geschwindigkeit entlangfährt, denn man sah, dass die Planeten am Himmel unterschiedliche Geschwindigkeiten hatten.

Allerdings wussten auch schon die Griechen, dass sich nicht alle Himmelsbeobachtungen mit dem Ptolemäus Weltbild erklären ließen. Warum zum Beispiel bleibt die Helligkeit eines Planeten nicht immer gleich? Bei Mars ließ sich das gut beobachten. Manchmal ist er auffällig gut zu sehen, Wochen später zeigt er sich relativ unscheinbar. Ptolemäus führte diese Helligkeitsschwankungen darauf zurück, dass der Abstand zwischen Mars und Erde nicht gleichblieb. Aber wie soll das möglich sein, wenn das göttlich- vollkommene Form des Kreises für die Kristallschalen durchgängig angenommen werden musste?

Das war eine schwieriges Problem! Aber es wurde von Ptolemäus raffiniert gelöst. Er meinte, die Planeten seien eigentlich an kleinen Hilfskreisen befestigt, die sich zusätzlich auf den Hauptkreisen drehten. Durch diese doppelte Kreisbewegung ließe sich erklären, was man am Himmel beobachten kann: Manchmal verlangsamt sich die scheinbare Bewegung eines Planeten, wird sogar für kurze Zeit rückläufig, sodass die Planetenbahn schließlich eine Schleife vollführt. Allerdings stimmten die Vorhersagen und die Wirklichkeit nicht exakt überein. 
 

Kopernikus

Claudius Kopernikus kam auf eine viel einfachere und revolutionäre Idee, die Rückläufigkeit von Planeten zu erklären: Nicht die Erde stand im Zentrum der Welt, sondern die Sonne. Genau wie die anderen Planten umkreise die Erde die Sonne. Da die Bahnen dann unterschiedlich lang sind, überholen innenlaufende Planeten die äußeren. Auf diese Art konnte Kopernikus viel genauer erklären, warum Mars, Jupiter und Saturn während ihrer Opposition scheinbar eine Schleife am Himmel vollführen. 

Sein Buch, in dem er seine Forschungsergebnisse publizierte, erschien just am Tag seines Todes. Für seine „ketzerischen“ Ideen konnte er also nicht mehr mit dem Tode bestraft werden. Etwas frech war wohl auch, dass er es dem Papst gewidmet hatte. Die Kirche setzte sein Werk erstaunlicher Weise erst 70 Jahre später auf den Index der Bücher, die nicht veröffentlicht werden durften. 

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