Handweben

Ein Beitrag von Franziska Konopka (Mutter der Integrativen Waldorfschule Emmendingen)

Alte Tradition trifft auf großes Interesse

Freitagmorgen, gespannt sitzen die Drittklässler im Kreis und hören Frau Martin zu. Sie ist gelernte Handweberin und hat einiges zu erzählen: Früher waren Handwebkämme in fast allen Haushalten zu finden. Junge Frauen bekamen sie häufig als Brautschatz. Die Webkämme waren dann liebevoll mit Bildern, Namen und Jahreszahlen bemalt. Heute ist jedoch meistens nur der Webrahmen bekannt.
 


Bunte und mit aufwendigen Mustern versehene Webbänder werden herumgereicht. Sie kommen aus vielen verschiedenen Ländern. Eines ist mit Perlen und Troddeln versehen: ein Bauchtanzgürtel. „Schau mal!“ ruft Lin plötzlich laut: „Meine Schuhe!“ und tatsächlich, schöne Webbänder verzieren ihre Hausschuhe. Der Blick ist geweckt. Immer mehr Webbänder entdecken wir gemeinsam. An Kleidung, Gürtel, die Trageriemen der Schulranzen und Taschen u.v.m.
 


Nun dürfen die Kinder selbst ans Werk.

  1. Die Webkämme sind bereits vorbereitet und liegen an eine Säule gebunden im Kreis auf dem Boden. Ein Schreiner fertigte sie aus Birken-Sperrholz. Die „Kettfäden“ leuchten in kräftigen, aufeinander abgestimmten Farben. Der dazu passende „Schussfaden“ ist auf das „Schiffchen“ gewickelt.
  2. Jedes Kind bekommt nun eine Schnur wie einen Gürtel um den Bauch gebunden. Diese ist an den Kettfäden befestigt. Das andere Ende der Kettfäden bleibt an der Säule befestigt. So kann das Band gespannt werden. Das ist wichtig für ein schönes geradesBand. Körpergefühl ist für ein gutes Gelingen nötig.
  3. Auf diese Weise ganz in ihr Tun „eingebunden“, entsteht ein ruhevolles Schaffen. Das Schiffchen gleitet durch die Kettfäden. „Tak, tak“ sagen die Kinder, wenn sie bei jedem „Schuss“ den Faden festdrücken.
  4. Bevor das Schiffchen zurückgeht, werden die oberen und unteren Kettfäden gewechselt, indem der Webkamm angehoben wird.“Tak, tak“ das Schiffchen geht hindurch, der Webkamm wird losgelassen, die Kettfäden wechseln zurück.
  5. Auf diese Weise entsteht ein verblüffendes Muster.„Wie von Zauberhand“ sage ich zu einem Kind. „Von meiner Hand!“ antwortet das Kind stolz und begeistert. Ganz in ihr Tun vertieft weben die Kinder ihre Bändchen.
  6. Ist das Bändchen lang genug, werden die Fäden abgeschnitten und vor dem Webkamm verknotet. Mit diesem Kamm kann nun ein anderes Kind arbeiten.
  7. Die Schnur wird vom Bauch des Kindes gelöst und um das Knie gebunden. Die losen Fäden können nun zu zwei Zöpfen geflochten und um das Handgelenk gebunden werden. Fertig!
  8. Kaum ist das geschehen, laufen die Kinder eilig los, um sich einen neuen Webkamm mit fröhlichen Farben auszusuchen. Viel zu schnell ist die Zeit um. „Wann kommst du wieder?“ rufen die Kinder Frau Martin zu. Schnell ist klar, dass einige nun eigene Webkämme bestellen möchten. Viele Ideen wollen in die Tat umgesetzt werden.
  9. Gleich am nächsten Tag machen sich die Kinder daran, einen Schlüsselanhänger für ihren kranken Lehrer zu weben.
     

 

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