Vom Nutzen der Arbeitsteilung (Adam Smith)

Adam Smith, „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations", 1776

Die größte Vervollkommnung der Produktivkräfte der Arbeit und die vermehrte Geschicklichkeit, Fertigkeit und Einsicht, womit die Arbeit überall geleitet oder ver­richtet wird, scheint eine Wirkung der Arbeitsteilung gewesen zu sein ...

Um ein Beispiel von einem wenig belangreichen Gewerbe zu geben, nämlich von der Stecknadelfabrikation, so könnte ein für dies Geschäft nicht angelernter Arbeiter, der mit dem Gebrauch der dazu verwendeten Maschine nicht vertraut wäre, vielleicht mit dem äußersten Fleiße täglich kaum eine, gewiß aber keine 20 Nadeln machen. In der Art aber, wie dies Geschäft jetzt 1776 betrieben wird, ist es nicht nur ein eigenes Gewerbe, sondern teilt sich in eine Zahl von Zweigen, von denen die meisten gewisser­maßen wieder eigene Gewerbe sind.

Einer zieht den Draht, ein anderer richtet ihn, ein dritter schrotet ihn ab, ein vierter spitzt ihn zu, ein fünfter schleift ihn am oberen Ende, damit der Kopf angesetzt werden kann; die Verfertigung des Kopfes erfordert zwei oder drei verschiedene Verrichtungen; das Ansetzen desselben ist ein eigenes Geschäft, das Weißglühen der Nadeln ein anderes; ja sogar das Einstecken der Nadeln in Papier bildet ein Gewerbe für sich. So ist das wichtige Geschäft der Stecknadel­fabrikation in ungefähr 18 verschiedene Verrichtungen geteilt, die in manchen Fabri­ken alle von verschiedenen Händen vollbracht werden, während in anderen ein ein­ziger Mensch zwei oder drei derselben auf sich nimmt.

Ich habe eine kleine Fabrik dieser Art gesehen, wo nur zehn Menschen beschäftigt waren und manche daher zwei oder drei verschiedene Verrichtungen zu erfüllen hatten. Obgleich nun diese Menschen sehr arm und darum nur leidlich mit den nötigen Maschinen versehen waren, so konnten sie doch, wenn sie sich tüchtig daranhielten, zusammen zwölf Pfund Stecknadeln täglich liefern. Ein Pfund enthält über 4.000 Na­deln von mittlerer Größe. Es konnten demnach diese zehn Menschen täglich über 48.000 Nadeln machen. Da jeder den zehnten Teil von 48.000 Nadeln machte, so läßt sich's so ansehen, als machte er 4.800 Nadeln an einem Tage ... Diese große Vermehrung in der Quantität des Erarbeiteten, die infolge der Arbeits­teilung die nämliche Zahl Leute herzustellen imstande ist, verdankt man dreierlei ver­schiedenen Umständen: erstens der gesteigerten Geschicklichkeit bei jedem einzelnen Arbeiter, zweitens der ersparten Zeit, welche gewöhnlich bei dem Übergange von einer Arbeit zur anderen verloren geht, und endlich der Erfindung einer Menge von Maschinen, welche die Arbeit erleichtern und abkürzen und einen einzigen Menschen instand setzen, die Arbeit vieler zu verrichten.

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