Gaius Julius Cäsar - sein Leben bildhaft erzählt
Aus "Charakterbilder aus der Geschichte und Sage" von A. W. Grube
Das römische Volk geriet immer tiefer in die Zerrüttung und innere Zwiste, so dass sich endlich jeder bessere Bürger danach sehnte, es möchte wieder einen Mann aufstehen, der mit seinem Geiste und seiner Kraft der Gesetzeslosigkeit ein Ende machte. Und es kam ein solcher hoch begabter Mann, der es verdient hätte, das einzige Oberhaupt des römischen Staates zu sein, - das war Julius Cäsar.
Cäsar hatte seinen Vater, dessen Schwester Julia des Marius Gemahlin war, schon im 16. Jahre verloren; er starb als Prätor in Makedonien. Seine Mutter Aurelia aber, eine treffliche Frau, besorgte seine Erziehung und ließ ihn von den geschicktesten Lehrern unterrichten. Besonders lernte er von ihr die Freundlichkeit im Umgang, wodurch er sich nachher so beliebt zu machen wusste, und die sanfte, einnehmende Beredsamkeit, die ihn zu den ersten Rednern Roms erhob.
Cäsar bewies bald, dass in ihm ein Wille lebte, der nicht gewohnt war, sich zu beugen. Er heiratete die Tochter eines Römers, der zu den Gegnern des damals allmächtigen Sulla gehörte. Cäsar erhielt den Befehl, sich von ihr scheiden zu lassen. Allein er floh lieber aus Rom und gab das erheiratete Gut seiner geliebten Gemahlin preis. Zum Jubel des Volkes hatte er sogar das Bild des Marius öffentlich ausgestellt. Sulla erklärte ihn in die Acht und begnadigte ihn nur nach langem Bitten vieler Freunde und der Vestalinnen, mit den Worten: "Ihr mögt ihn haben, aber er wird den Untergang vieler Patrizier herbeiführen, denn in ihm stecken viele Mariusse." Pompejus dagegen, ein Günstling des Sulla, hatte sich dem Willen des Despoten gefügt und seiner Gemahlin verstoßen.
Nicht Körperkräfte, aber eine proportionierte, angenehme, schlanke Gestalt zeichnete den jungen Cäsar aus; er hatte eine Adlernase und schwarze lebhafte Augen. Später wurde er mager und bleich und auf dem Haupte haarlos; doch trotz seiner Kränklichkeit, an der er öfters litt, hatte er sich zu jeglicher Strapaze abgehärtet und war ein guter Fechter, Reiter und Schwimmer.
Nach Sulla's Tode kehrte er wieder zurück, blieb aber nicht lange in Rom, sondern ging nach Rhodos, um unter dem berühmten Molo sich noch mehr in der Redekunst zu vervollkommnen. Unterwegs nahmen Seeräuber das Schiff, auf welchem er fuhr, gefangen. Und da sie ihn für einen vornehmen Mann hielten, forderten sie 20 Talente (über24.000 Taler) Lösegeld. "Was!", rief Cäsar, "für einen Mann, wie ich bin, verlangt ihr nicht mehr? 50 Talente sollt ihr haben!" Er schickte seine Begleiter aus, die Summe zusammenzubringen. Sechs Wochen musste er in der Gefangenschaft bleiben, doch wusste er sich bei den Seeräubern so in Achtung zu setzen, dass er ihr Herr und nicht ihr Gefangener zu sein schien. Wenn er schlafen wollte, gebot er ihnen still zu sein. Zuweilen las er ihnen auch Gedichte und Aufsätze vor, die er gemacht hatte, und wenn sie diese nicht lobten, so drohte er ihnen, sie alle kreuzigen zu lassen, sobald er frei wäre. Endlich brachten seine Leute die 50 Talente Lösegeld. Und kaum war er frei, so verschaffte er sich einige stark bemannte Schiffe, holte die Seeräuber ein, eroberte ihr Schiff, ließ sich sein Geld wiedergeben und führte die Räuber nach der Küste Kleinasiens, wo sie alle gekreuzigt wurden.
2.
Nachdem Cäsar wieder nach Rom zurückgekehrt war, lebte er hier mehrere Jahre lang ganz wie ein Edler, er kleidete sich schön, duftete von Salben, lebte gern unter Damen und wusste sich durch seine Freundlichkeit die Liebe aller Bürger zu gewinnen. Dabei schien er sich um die glänzenden Kriegstaten des Pompejus gar nicht zu kümmern.
Erst spät bewarb er sich um Ämter und ging als Statthalter nach dem heutigen Portugal. Er reiste gewöhnlich in einem Wagen, von zwei Schreibern begleitet, denen er zu gleicher Zeit diktierte. Die Streitigkeiten in der Provinz entschied er mit solcher Gewissenhaftigkeit und Treue, dass alle Städte Portugals mit ihm zufrieden waren. In Gades, dem jetzigen Kadir, trat er in einen Tempel, der mit den Bildnissen berühmter Helden geschmückt war. Unter diesen bot sich seinem Blicke zuerst Alexanders Statue dar, und Tränen stürzten aus den Augen. "Der hatte in meinem Alter schon die Welt erobert und ich hab noch nichts getan", sagte Cäsar zu seinen Begleitern.
Als er jetzt wieder nach Rom zurückkam, schien er ganz dem Pompejus ergeben und heiratete sogar dessen Schwester. Noch brauchte Cäsar eine Stütze und Pompejus war der angesehenste Mann im Staate. Zugleich aber verschenkte er mit unbegrenzter Freigebigkeit ungeheure Summen an das Volk. Er ließ unter anderem 320 paar Fechter zum Vergnügen der Römer auftreten, alle in silbernen Rüstungen. Und in kürzester Zeit hatte er seinen Zweck erreicht; Pompejus, der sich der erste Mann in Rom zu sein dünkte, hatte einen mächtigen Nebenbuhler bekommen. Cäsar war bereits der Liebling des Volkes. So wagte er es, sich um eine Würde zu bewerten, zu welcher sonst nur die ehrwürdigsten und verdientesten Ratsherren gelangten, um das Amts eines Oberpriesters. Seine Mutter begleitete ihn am Tage der Wahl bis vor die Tür, zweifelnd und weinend. "Mutter", rief er, "du siehst mich als Pontifex wieder oder als Verbannten!" Er ging und das Volk gewählte ihn, zum Erstaunen und Zittern aller Senatoren, die nach und nach das Große, das in Caesar's Geiste verborgen lag, ahnten und nicht minder deutlich auch seine Ehrgeiz erkannten. Einige Zeit danach sollte er als Statthalter in die Provinz Spanien gehen, aber seine Gläubiger wollten ihn nicht aus Rom fort lassen, denn er war ihnen über 12 Millionen Taler schuldig. Da wusste er durch seine Gewandtheit den Reichen Crassus zu gewinnen, dass dieser für ihn gut sagte. Er reiste ab und bald hatte er in der Provinz so viel gewonnen, dass er seine Schulden bezahlen konnte. Auf der Reise nach Spanien kam er durch einen kleines schmutziges Städtchen in den Alpen. Seine Begleiter warfen die Frage auf, ob denn auch wohl unter diesen armseligen Völkchen Neid und Rangstreit herrschen möchte? "Gewiss!", antwortete Cäsar. "Ich wenigstens möchte lieber an diesem Flecken der erste sein, als in Rom der zweite."
3.
Nach seiner Rückkehr aus Spanien betrug sich Cäsar schon viel herrischer und die Großen Roms sahen staunend, mit welcher Gewalt er das Volk nach seinem Willen lenkte. Pompejus erkannte bald, dass er ohne Cäsar nichts vermochte. Crassus, der Reiche, der durch seine Bürgschaft den Cäsar gerettet, der durch sein ausgeliehenes Geld fast alle Bürger sich verpflichtet hatte, sah jetzt den Cäsar als Herrn gebieten. Cäsar vereinte sich insgeheim mit ihnen zu einem Triumvirat, d.h. die drei Männer verbanden sich, für einen zu stehen. So traten in diesen drei Männern drei große Gewalten in einen engen Bund: Klugheit und Tapferkeit (Cäsar), Glück und Ruhm (Pompejus) und Reichtum (Crassus). ... Die nächste Folge des Triumvirats war seine Erwählung zum Konsul für das Jahr 59 und die Vermählung seiner Tochter mit Pompejus. Während seines Konsulats wusste sich Cäsar beim Volke sehr beliebt zu machen, indem er einige Ackerverteilungen durchsetzte, und als seine Amtszeit um war, setzte er es durch, dass man ihm die Provinz Gallien auf fünf Jahre zur Verwaltung übertrug. Noch nie war jemand auf so lange Zeit zum Statthalter ernannt worden.
Pompejus wählte sich Spanien, blieb aber in beharrlicher Ruhe in Rom sitzen, Crassus ging nach Asien. Am besten hatte unstreitig Cäsar gewählt, denn Gallien war noch zum großen Teil freies Land und musste erst erobert werden. Hier konnte also der aufstrebende Mann sich Feldherrnruhm erwerben und ein treues Heer dazu.
4.
Galliens Bevölkerung zerfiel in drei Hauptgruppen von Völkerschaften: in die aquitanische zwischen den Pyrenäen und der Garonne, die eigentlich gallische von der Garonne bis zur Seine, und die schon halb germanische oder belgische bis an den Niederrhein. Einen inneren Verband hatten jedoch die Völker nicht, es war lauter Zersplitterung unter ihnen. Nach acht Jahren konnte sich Cäsar rühmen, 800 Städte erobert und 300 Völkerschaften bezwungen zu haben. Von 3 Millionen Menschen blieb eine Millionen tot, wurde die zweite Millionen gefangen und die dritte Millionen gehorchte.
Seinen ersten Kampf hatte Cäsar mit den Helvetiern zwischen Rhein und Rhone. Sie hatten ihre zwölf Städte und 400 Dörfer verbrannt und wollte nun westwärts nach Gallien auswandern in fruchtbare Gaue. Damit waren sie aber beim Cäsar schlecht willkommen, er warf sich ihnen entgegen und schlug sie in zwei Treffen. Die eine Hälfte des Volkes ging unter, die andere zwang er, wieder nach Helvetien zurückzukehren, damit nicht die Germanen das Land besetzten und Italiens Nachbarn würden.
Bald darauf brachen germanische Stämme in Gallien ein. Der Anführer jener Scharen war Ariovist, ein sehr entschlossener und tapferer Mann. Cäsar forderte ihn zu einer Zusammenkunft. Er aber meinte, wenn der Römer ihm etwas zu sagen habe, möge er zu ihm kommen. Da brach Cäsar gegen ihn auf, seine Legionen folgten ihm diesmal mit schwerem Herzen, denn von den Germanen hatten die Römer entsetzliche Furcht. Man hörte im Lager nichts als Testamente machen oder Klagen und Murren gegen den Feldherrn. Die Vornehmsten, selbst die Vertrauten des Cäsar, suchten alle nur mögliche Vorwände hervor, um sich aus dem Lager entfernen zu können, und diejenigen, die sich schämten, es zu tun, konnten ihre Furcht doch so wenig verbergen, dass man sie oft die bittersten Tränen weinen sah.
Mit seltener Überredungsgabe sprach nun Cäsar ermutigend zu den Hauptleuten und schloss damit, dass, wenn niemand ihm folgen würde, er mit der zehnten Legion allein angreifen und diese zu seiner Leibwache machen wolle. Da verschwand die Furcht, und sie folgten dem kühnen Feldherrn, der es längst erprobt hatte, dass für den keine Gefahr bestehe, der sich nicht fürchtet. Jetzt fand eine Unterredung zwischen dem germanischen und römischen Heerführer statt; aber sie war vergeblich. Als Cäsar erfuhr, dass die Germanen, durch ihre heiligen Frauen gewarnt, vor dem Neumond nicht kämpfen wollten, ließ er auf ihr Bollwerk stürmen und reizte sie so lange, bis die Feinde voller Grimm hervor brachen und die Schlacht annahmen. Sie stritten mannhaft, unsere Vorfahren, in ihrer rohen Kampfart, aber Caesars Kriegskunst und der Ausdauer erprobter Legionen erlagen sie. Sie gingen über den Rhein zurück. Cäsar folgte ihnen in ihre finsteren Wälder; aber da ward es ihm bald unheimlich und er kehrte gern wieder nach Gallien zurück. Auch nach Britannien setzte er mit seinen Legionen über. Der Adlerträger seiner zehnten Legion sprang zuerst an der fremden Küste ins Wasser, die anderen ihm nach. Doch behaupten konnten sich die Römer ebenso wenig in Britannien als in Germanien.
5.
Während Cäsar in Gallien ganz mit Krieg und Eroberung beschäftigt schien, vernachlässigte er doch keineswegs die Dinge in der Hauptstadt. Er hatte in Rom seine Freunde, die ihm von allem Nachricht gaben und denen er von der Provinz aus Geld und Befehle zukommen ließ. Er lag wie ein schlauer Feind im Hinterhalt, bereit, zu jeder Zeit mit gerüsteter Macht hervorzubrechen.
Pompejus schaltete und waltete unterdessen mit aller Willkür in Rom und ließ seine Provinz Spanien durch Abgesandte verwalten. Crassus war von Syrien aus in das Land der Parther gezogen und hatte sich von dem tapferen Volke überraschen lassen, so dass er geschlagen, gefangen und getötet wurde. 30.000 Römer gingen unter. ...
Pompejus mochte wohl ahnen, welch einen Nebenbuhler er in Cäsar hatte. Er meinte aber im Vorteil zu sein, wenn er in Rom selber anwesend wäre. Darum ließ er sich, als seine Zeit um war, die Statthalterschaft von Spanien verlängern. Als Cäsar dies erfuhr, hielt er durch seine Freunde in Rom ebenfalls um Verlängerung seiner Statthalterschaft in Gallien an. Und da Pompejus ganz wider das Gesetz als Prokonsul von Spanien in Rom hohe Ämter verwaltete, verlangte auch Cäsar dergleichen. Dagegen erhob sich nun Pompejus mit Heftigkeit, brachte den Senat auf seine Seite und es kam ein Beschluss zu Stande, welcher Cäsar für einen Feind des Vaterlandes erklärte, wenn er nicht sogleich die Waffen niederlegte und in Rom erschiene. Dieser Beschluss empörte durch seine Ungerechtigkeiten und Cäsar leistete ihm keine Folge. Er rüstete sich, um mit seinen Soldaten auf Rom anzurücken, während Pompejus in stolzer Untätigkeit verharrte. Man fragte diesen, womit er denn den Cäsar aufhalten wolle? Er antwortete: "Ich brauche nur mit dem Fuß auf den Boden zu stampfen und es werden Legionen daraus hervorwachsen!" Im Grunde aber glaubte der Kurzsichtige, dass Cäsar mit seiner geringen Macht es nicht wagen würde, gegen Rom selbst zu marschieren. Cäsar aber wagte es allerdings. Als er an das Flüsschen Rubikon kam, dass seine Provinz von Italien trennte, wurde er nachdenklich, dann aber fasste er sich schnell und sprach: "Die Würfel sind gefallen!" Mit der einen Legion, die er bei sich hatte, ging er schnell auf Rom los. Der Senat hatte dem Pompejus den Oberbefehl gegeben. Fast alle Senatoren waren für Pompejus, der in Spanien noch ein großes Heer stehen hatte und sich immer noch für unbezwingbar hielt. Doch als Cäsar sich so unerwartet schnell der Hauptstadt näherte, floh Pompejus aus Rom, mit ihm 200 Senatoren und seine übrigen Freunde. Sie flohen so schnell, dass sie sogar den ganzen Staatsschatz in Rom zurückließen.
Cäsar hatte in 60 Tagen ganz Italien erobert. Fast alle gefangenen Soldaten traten zu ihm über, da er sich gegen jedermann leutselig und freundlich bewies. Pompejus sammelte in Capua, wohin er geflohen war, seine Truppen; und als Cäsar ihn bis dahin verfolgte, schiffte er eiligst nach Griechenland über. Da kehrte Cäsar wieder um, denn er wollte erst Spanien, des Pompejus Provinz in Besitz nehmen. "Erst will ich eine Armee ohne Feldherrn schlagen," sprach er, "und dann den Feldherrn ohne Armee!"
Die sieben Legionen des Pompejus, welchen in Spanien standen, wehrten sich tapfer. Aber es fehlt ihnen an einem erfahrenen Feldherrn; so wurden sie endlich geschlagen und gingen größtenteils unter die Fahnen des Cäsar. Als dieser mit seinem siegreichen Heer nach Rom zurückkehrte, fürchteten viele, die es nicht von Anfang mit ihm gehalten hatten, er würde sie verbannen und wie Sulla eine große Proskriptionsliste aufsetzen. Die Anhänger des Cäsar wählten ihn zum Diktator; doch er betrug sich so schonend und milde, dass alle darüber erstaunten. Er ordnete die Angelegenheit des Staates, rief die meisten Verbannten zurück und ließ das Volk auf die gewöhnliche Art Konsuln wählen. Es wählte ihn selbst und einen seiner Freunde. Nun legte Cäsar seine Diktatur nieder und gewann sich damit die Herzen des Volkes.
6
Unterdessen hatte Pompejus in Griechenland ein ansehnliches Heer versammelt und er wartete die Landung Cäsars. Dieser schiffte mit einer geringen Macht hinüber, um nur recht bald seinem Gegner die Stirne bieten zu können. Doch das erste Zusammentreffen war unglücklich für Cäsar; er wurde zurückgeschlagen und musste sich in öde, unfruchtbare Gegenden zurückziehen, wo er einer drohenden Hungersnot entgegensah. Aber Cäsar verlor nicht den Mut. Seine Soldaten waren meist raue, abgehärtete Krieger, an die Mühsal des Feldzugs gewöhnt, auch hatte er sechs Kohorten germanischer Hilfstruppen bei sich, die noch nichts von Salben und Pomaden wussten, während die adeligen Herren in des Pompejus Heer sehr verweichlicht waren.
Pompejus ließ sich zu einem zweiten Angriff überreden und in Thessalien kam es (48 v. Chr.) zur entscheidenden Schlacht, in welcher Cäsar, besonders mithilfe der germanischen Kohorten, einen glänzenden Sieg gewann. ... In wilder Flucht lief alles auseinander und Pompejus, der sicher auf den Sieg gerechnet hatte, war so verwirrt, dass er den Rückzug nicht zu ordnen vermochte. Das ganze Lager fiel in die Hände der Sieger. Die Zelte waren mit Efeu bekränzt und wie zu einem Festschmaus eingerichtet. Alle Brief des Pompejus fielen Cäsar in die Hände; doch er verschmähte es, die Namen seiner Feinde zu erfahren. Er ließ die Briefe verbrennen. Den vornehmsten Kriegsgefangenen aber schenkte er die Freiheit.Mit wenigen Getreuen floh Pompejus an die Küste und bestieg ein Schiff. Man wusste in der Angst nicht, wohin; endlich wart beschlossen nach Ägypten zu fahren, weil Pompejus, als er in Asien Krieg führte, dem Vater des jetzt regierenden ägyptischen Königs die Herrschaft erworben hatte. Der 13 jährige König, sobald er die Ankunft des Gastes erfuhr, war bestürzt, denn er fürchtete sich vor Cäsar. Er beriet sich mit seinen Ministern, was zu tun sei, und diese rieten, man solle Pompejus ermorden, das wäre am sichersten. Als der ägyptische Kahn an das Schiff des Pompejus heranfuhr, nahm dieser noch schmerzlichen Abschied von seiner treuen Cornelia, von seinen Kindern und Freunden. Es ahnte ihm Unglück, als er die finsteren Gesichter der Mannschaft gewahrte. Als der Kahn ans Ufer stieß fielen die Ägypter über ihn hier und ermordeten ihn. Sie schnitten ihm das Haupt ab und ließen den Körper liegen, ein treuer Diener bestattete denselben. So endete der glückliche Pompejus, den man den "Großen" nannte.
7
Pompejus war nicht mehr, aber seine Partei kämpfte noch hartnäckig fort. Cäsar musste in Afrika und Spanien noch zwei schwere Kämpfe bestehen. In Afrika hatte Cato ein großes pompejanisches Heer gesammelt, mit dem er gegen Cäsar als einen Tyrannen und Feind der Republik ziehen wollte. In Asien hatte der Sohn des Königs Mithridates sich empört, in Spanien stellten sich die Söhne des Pompejus an die Spitze der treu gebliebenen Soldaten.
Zuerst eilte Cäsar nach Asien und endigte dort die ganze Empörung mit einer einzigen Schlacht. Das ging so schnell, dass er den Bericht nur in drei Worte fasste: "Veni, vidi, vici!" - "Ich kam, sah, siegte!" Als er nun zurückkehrte, um nach Afrika überzusetzen, schien ihm doch sein Glück untreu zu werden. Es brach eine Empörung in seinem eigenen Heere aus. Die Soldaten wollten, ehe sie weiterzögen, erst das Geld in Empfang nehmen, dass ihnen Cäsar versprochen hatte. Sie wären eigentlich die Herren, so meinten sie, ihnen hätte Cäsar seine Erfolge zu verdanken. Schon waren mehrere Hauptleute, welche die Anführer zur Ruhe bringen wollten, ermordet. Da trat Cäsar furchtlos vor sie. Bisher hatte er sie immer Soldaten und "Kameraden" genannt, nun redete er sie also an: "Bürger, da ihr es so verlangt, so seid Ihr hiermit aus dem Dienst entlassen. Die versprochenen Belohnungen sollt ihr haben, aber erst, wenn ich mit anderen Truppen in Afrika gesiegt habe!" Das überraschte die Aufrührer und sie fühlten, dass sie ohne Cäsar nichts waren. "Nimm uns wieder auf," so flehten sie, "wir wollen dir folgen, wohin du willst!"
Cäsar setzte mit ihnen erst nach Sizilien, dann nach Afrika über. Dort hatten die Pompejaner sich mit dem König von Numidien verbündet und ihre Heer waren viel stärker, als das Cäsars. Dessen Truppen begannen schon zu weichen, Cäsar aber stemmte sich den fliehenden entgegen, jagte sie zurück in die Schlacht und einen Fahnenträger, der in vollem Lauf war, ergriff er drehte ihn um und rief: "Dort sind die Feinde!" Mit Mühe errang er den Sieg. Als diese Nachricht nach Utika gelangte, wo Cato mit einer Schar lagerte, wollte der edle Republikaner den Triumph des Tyrannen nicht überleben und stieß sich den Dolch ins Herz.
Auch in Spanien wurde auf Tod und Leben gestritten, auch hier begann das Heer des Cäsar zu weichen. Da sprang der tapfere Feldherr vom Pferde lief durch die Glieder und schrie: "Schämt ihr euch denn nicht, den Cäsar, euren Feldherrn, zweien Knaben in die Hände zu liefern?" Vergebens, sie neigten sich zur Flucht. Da stürzte er wie ein gemeiner Soldat mit Schwert und Schild auf die feindlichen Reihen und rief: "So sei denn dieser Tag der letzte meines Lebens!" Das brachte die Soldaten wieder zum Stehen. Sie fochten mit beispiellosen Mut, bis der blutige Sieg gewonnen war. Und Cäsar gestand, in dieser Schlacht habe er zum ersten Mal um sein Leben gefochten.
8
Sooft Cäsar nach Rom kam, empfingen ihn seine Anhänger mit den schmeichelhaftesten Lobsprüchen und Ehrbezeichnungen. Der Senat, der sich nicht genug vor dem Mächtigen Bemühen konnte, ernannte ihn zum immer währenden Diktator und Imperator, zum Konsul auf zehn Jahre, zum erblichen Pontifex Maximus und erklärte seine Person für heilig und unverletzlich. Das Volk und die Heere hingen ihm an. Er hatte die unermesslichen Geldsummen, die er in den Kriegen erbeutet, dazu angewendet, das Volk zu belustigen und es ganz von seinem Willen abhängig zu machen. Jedem Soldaten seines Heeres hatte er 1000 Taler, jedem Bürger Roms 20 Taler geschenkt. Außerdem ließ er Korn und Öl austeilen, Spiele zu Lande und zu Wasser ausrichten. Einmal fochten 1200 Menschen gegen 40 Elefanten zur großen Belustigung des Volkes. Zum Abschluss durfte das Volk auf Cäsars Kosten an 22.000 Tischen speisen.
Cäsar hatte erreicht, was er wollte. Aber die Menschen in ihrer Kriecherei waren im bald so verächtlich, dass er auch nicht mehr viel auf sie gab. Oft stand er vor dem Senat gar nicht mehr auf, während ihm doch dieser einen goldenen Sessel und den Purpur gab, sein Bild auf die Münzen schlagen, den Monat Quintilis Julius nennen, seinen Geburtstag als ein jährliches Volksfest feiern ließ. Cäsar verteilte Ämter und würden nach Willkür, behandelte auch manchen mit Verachtung, die es nicht verdiente. Der Staat befand sich aber wohl unter ihm, und nur eine kräftige Herrscherhand konnte ihn regieren. Cäsar war in der Tat wie ein König, hätte er nur nicht auch nach der Krone gestrebt und die republikanischen Formen verschont! Aber mehrere edle Römer, welche den Untergang des Freistaates nicht verschmerzen konnten, schworen dem Alleinherrscher blutige Rache. Die Verschwörung blieb geheim, nur fehlte noch der Anführer. Dazu wählten sie Brutus, einen Nachkommen jenes Brutus, der einst die Könige vertrieben hatte. Er war ein tapferer Feldherr, ein äußerst rechtschaffener Mann, beim Volk hoch im Ansehen, und sollte die verhängnisvolle Tat gewissermaßen heiligen. Doch hatte auch Cäsar in lieb, ihn mit Gunst und Ehren überhäuft, ihn behandelt wie seinen eigenen Sohn. Brutus hatte sich aber von Cäsar nicht gewinnen lassen, und war ihm so fern wie möglich geblieben; denn es schmerzte ihn, seines Vaterlandes Freiheiten so von der Willkür eines Mannes unterdrückt zu sehen.
Der Praetor Cassius war die Seele der Verschworenen. Er hasste den Herrscher, während Brutus nur die Herrschaft hasste. Cassius gehörte zu den blassen hageren Menschen, die wenig schlafen und viel brüten, und Cäsar hatte immer eine unerklärliche Furcht vor ihm. Jener unterließ nichts, um den Brutus zu gewinnen. Oft fand der Letztere auf seinem Richterstuhl einen Zettel mit den Worten: "Brutus, du schläfst!" Und an der Statur seines Ahnherrn, des alten Brutus, stand mehrere Male: "Oh, dass du jetzt lebtest!" Diese Aufforderungen machten der Unschlüssigkeit des Brutus ein Ende. Er stellte sich an die Spitze der Verschworenen und Caesars Tod ward auf den 15. März des Jahres 44 v. Chr. festgesetzt, an welchem Tag man den Diktator zum "König außerhalb Roms" ernennen wollte.
Cäsar war schon lange gewarnt. "Besser fallen, als immer fürchten!", war seine Rede. Doch am Abend vor seinem Tode wart in einer Gesellschaft des Lepidus die Frage aufgeworfen, welcher Tod wohl der wünschenswerteste sei? "Der unerwartete!", rief Cäsar schnell. Er hatte nie etwas von Vorbedeutung gehalten (Pompejus desto mehr!), aber jetzt häuften sie sich wunderbar. Die heiligen Schilde im Tempel dröhnten; das Opfertier hatte keine Leber; in der Nacht sprangen in Cäsars Schlafgemach plötzlich alle Türen und Fenster auf, und seine Gemahlin Calpurnia träumte von seiner Ermordung. Dringend beschwor sie ihren Gemahl am Morgen des 15., nur heute nicht auszugehen, und wirklich wollte Cäsar, der an seiner Calpurnia nie weiblicher Abergläubigkeit wahrgenommen hatte, durch Antonius, den Konsul, die Sitzung absagen lassen. Aber ein Vetter des Brutus, von den Verschworenen abgesendet, überredete ihn doch. Noch unterwegs warnte man ihn, aber Cäsar achtete nicht darauf, sprach sogar ganz wohlgemut zum Spurinna: "Die Iden des März sind da!" - "Aber noch nicht vorüber!", antwortete der Freund.
Die Versammlung war in der Kurie des Pompejus. Vor der Kurie verflocht einer der Verschworenen den Marcus Antonius, dessen persönliche Tapferkeit man fürchtete, in ein langes Gespräch. Cäsar nahm unterdessen seinen Sitz ein. Die Verschworenen umringte ihn. Einer von ihnen trat vor, um den Cäsar zu bitten, seinen verbannten Bruder zu begnadigt in. Als Cäsar die Bitte versagte, riss der Verschworene ihm die Toga von der Schulter und ein anderer stieß mit dem Dolch auf ihn. "Verruchter, was machst du?", schrie Cäsar und durchstieß mit dem eisernen Schreibgriffel des Mörders Arm. Aber schon erfolgte Stoß auf Stoß und so hitzig, dass die Mörder sich untereinander selbst verwundeten. Einige Augenblicke verteidigte sich Cäsar herzhaft. Als er aber auch Brutus unter seinen Mördern erblickte, sprach er bloß noch die Worte: "Auch du, mein Sohn Brutus?", verhüllte sein Gesicht mit dem Mantel und sank von 23 Stichen getroffen, am Fuß einer Bildsäule des Pompejus Tod zur Erde.
9
Die Senatoren flohen auseinander, die Mörder des Cäsar aber zogen triumphierend durch die Straßen Roms mit dem Rufe: "Der Tyrann ist tot, der Staat wieder frei!" Das Volk entsetzte sich, stimmte aber nicht in den Ruf mit ein. Da flohen die Verschworenen auf das Kapitol, unschlüssig, was sie nun beginnen sollten. Der Senat sollte den Cäsar für einen Tyrannen erklären und einen Leichnam in den Tiber werfen. Aber Antonius widersetzte sich diesem Antrag, indem er der Versammlung bemerklich machte, dass dann auch alle, die von Cäsar Amt und Würden empfangen hätten, ihre Stellen aufgeben müssten. Nun war zwar den Mördern Verzeihung zugesichert, aber auch dem Cäsar ein feierliches Leichenbegräbnis bewilligt. Mit der höchsten Pracht wurde die Bare, auf welcher der Leichnam nach dem Forum getragen werden sollte, geschmückt. Senatoren und Freunde Cäsars trugen sie. Dann hielt Antonius die Leichenrede und stellte mit solcher Beredsamkeit dem Volke dar, wie Cäsar so vieles für die Römer getan, wie er ein Freund der Armen und Unterdrückten gewesen sei, dass alle zu Tränen gerührt wurden. Dann zeigte der Redner den von Dolchstichen durchbohrten Mantel, und dieser Anblick erregte die Wut des Volkes gegen die Mörder. Endlich zog Antonius noch eine Rolle hervor und rief: "Seht dar, was der, den ihr einen Tyrannen nennt, für euch getan hat. Hier ist das Testament, worin geschrieben steht, dass alle Gärten Cäsars dem Volke zu dessen Belustigung vermacht werden, und dass jeder römische Bürger ein Geldgeschenk empfangen solle!" Da wurde das Volk fast wahnsinnig vor Schmerz. Alles trug brennbare Dinge zum Scheiterhaufen herbei; vornehme Staatsbeamte warfen ihre Kleider in die Flammen, Weiber ihren Halsschmuck, Soldaten ihre Waffen. Dann nahmen sie Fackeln, um die Häupter der Mörder anzuzünden, die bereits in die Provinzen geflohen waren. Die ganze Stadt geriet in Aufruhr.