Ein Theaterstück in einer Stunde

Svenja Schulz

Das Thema im Hauptunterricht lautete:
Caesar, der Schrecken der Piraten (siehe Text unten)

Auf der Suche nach Schreibanlässen, die den Schülern immer wieder von einer anderen Seite ermöglichen, den Geschichtsinhalt innerlich zu bearbeiten, kam mir die Idee, sie in einem Hauptunterricht ein „Theaterstück" schreiben zu lassen. Zuerst waren die Rollen festzulegen.

Die Erzählung stand zuvor plastisch im Raum. Wie konnte man beginnen? Wir trugen zusammen, sammelten Ideen, die Schüler machen sich allein, in Zweier- oder Dreiergruppen an die Arbeit. Allerdings: Jeder sollte den Text in seinem Übheft vorschreiben.

 

Hier ein Beispiel von Victor:

Personen:

Erzähler, Caesar, Piraten-Anführer, Pirat 1-5, Konsul, Junge im Ausguck.

Erzähler: Caesar war auf dem Weg zur Rhetorikschule auf Rhodos. Dort war der berühmte Lehrer Apollonis Molon, der ihn unterrichten sollte. Aber plötzlich wurde ein Piratenschiff gesichtet.

Junge im Ausguck: Hiiiilfe, Piraten! Piraten! Greift zu den Waffen! Hilfe!

Erzähler: Zur gleichen Zeit bei den Piraten.

Pirat 1 (auf dem Mast): Römisches Schiff in Sicht.

Piraten-Anführer: Alle in Position. Fertig machen zum Entern!

Erzähler: Auf dem Schiff von Caesar brach Tumult aus. Caesar blieb aber ruhig, wurde jedoch schließlich von den Piraten gefangen genommen.

Pirat 5: Was machen wir mit ihm?

Piraten-Anführer: Wir verkaufen ihn für zwanzig Talente.

Caesar: Was?! Nur zwanzig Talente, es sollen mindestens fünfzig sein. Ich bin viel mehr wert.

Erzähler: Die Piraten waren sich nun nicht sicher, ob das die Römer auch bezahlen würden, aber sie wollten für Caesar schließlich doch fünfzig Talente fordern.

Pirat 3 zu Caesar: Ab in deine Kammer!

Caesar: Wie bitte? Das hier soll mein Zimmer sein? Macht mir diesen Raum erst sauber, der ist ja voller Spinnenweben!

Pirat 4: Ja, aber ....

Caesar: Kein, Aber! Macht mir dieses Zimmer jetzt schön!

Erzähler: Erstaunlicher Weise machten die Piraten, was Caesar verlangte. Nun sah das Zimmer viel schöner als zuvor aus.

Caesar: So, und jetzt seit still, ich will nämlich schlafen!

Erzähler: In den nächsten Tagen schreib Caesar ohne gestört zu werden Gedichte und kleine Geschichten.

Caesar: Kommt. Hört mir mal zu. Ich habe in Gedicht für euch  verfasst: „Ein Mann, der unter der Sonne läuft ist niemals allein. Er hat immer seinen Schatten neben sich ...."

Pirat 5: Naja, da hast du dich aber nicht sehr angestrengt.

Caesar: Wie bitte? Du fandest mein Gedicht nicht schön? Du unverschämter kulturloser Barbar!! Du sollst dich schämen. Geh sofort aus meiner Kammer.

Erzähler: Caesar war so fordernd mit den Piraten, so dass sie gar nicht daran dachten, grob mit ihm umzugehen. Sie verblüffte das merkwürdige Benehmen Caesars. Der Pirat 5 betritt erneut das Zimmer.

Caesar: Du bist es schon wieder. Warum betrittst du ohne meine Erlaubnis meine Kammer? Wenn ich erst wieder frei bin, werde ich euch alle erhängen lassen.

Pirat 5 lacht: Du kannst gut scherzen! Für wen hältst du dich eigentlich?

Caesar: Ich bin Caesar! Verschwinde umgehend.

Erzähler: So vergingen mehrere Wochen bis Caesar tatsächlich freigekauft wurde.

Caesar: Da ich nun frei bin, will ich mir sofort eine Flotte anheuern. Ich suche die Piraten, die es gewagt haben, mich gefangen zu nehmen und ich werde sie finden. Ich bin Caesar!

Erzähler: Tatsächlich fand er die Piraten, die er gesucht hatte und enterte ihr Schiff. Viele der Piraten nahm er gefangen. Dann wandte er sofort an den Konsul.

Caesar: Ich habe hier gefangene Piraten. Ich erbitte die Erlaubnis, diese hinrichten lassen zu dürfen!

Konsul: Nein Caesar, das werde ich nicht gestatten.

Erzähler: Caesar verließ den Konsul, aber hielt sich nicht an dessen Verbot.

Caesar: Ihr kulturlosen Barbaren. Hiermit mache ich meine Worte wahr. Ich werde euch heut noch aufknüpfen lassen. Ihr habt lange genug Unfug getrieben!

Erzähler: So wurden alle Piraten, die er gefangen hatte, hingerichtet. Zuvor hatte er ihnen jedoch die 50 Talente wieder abgenommen.

 

Hintergrund:

Caesar, ein Schrecken der Seeräuber

Caesar suchte sich als Lehrer den berühmten Apollonius Molon von der Rhetorik-Schule auf Rhodos aus. Eine solche Bildungsreise war für einen jungen Römer durchaus üblich; damals hatte sich schon Cicero im Alter von achtundzwanzig Jahren auf den Weg nach Rhodos gemacht. Für Caesar verlief diese Reise jedoch mit Hindernissen: sein Schiff wurde von Piraten gekapert und er selbst als Geisel gefangengenommen.

Was nun folgt kann schon jetzt viel über den späteren Caesar verraten, über seinen Umgang mit Menschen und sein unglaublich rasches Umdenken und Handeln in brenzligen Situationen. Die Piraten forderten für Caesar zwanzig Talente Lösegeld. Er lachte aber die Piraten aus, da er ihre Forderung für seine Person als lächerlich niedrig empfand. Er bot ihnen freiwillig an, fünfzig zu zahlen.

Caesar behandelte die Piraten in den nächsten Tagen eher wie Untergebene als wie seine eigenen Kidnapper, er erteilte ihnen Befehle, sogar dass sie still zu sein hatten, wenn er schlafen wollte. Er verfasste Gedichte und Geschichten während seiner achtunddreißigtägigen Gefangenschaft, las sie ihnen vor und wenn sie ihm nicht gebührend Bewunderung zollten, beschimpfte er sie furchtlos als kulturlose Barbaren. Des Weiteren trieb er Späßchen mit ihnen und sagte ihnen, er werde sie alle hängen lassen, wenn er erst einmal wieder frei sei. Den Piraten sollte wenig später das Lachen über diesen "Scherz" vergehen.

Caesar wurde mit den Mitteln der Staatskasse tatsächlich freigekauft. Noch in der Nacht seiner Freilassung heuerte Caesar auf eigene Faust und ohne Kommando eine ganze Flotte an, suchte und fand die Piraten, die es gewagt hatten, ihn gefangen zu nehmen und nur lächerliche zwanzig Talente Lösegeld zu fordern, und machte seine im Scherz gemachten Drohungen war. Er versenkte einige Schiffe und nahm eine große Anzahl Piraten gefangen. Nur wenige konnten fliehen. Sogleich begab sich Caesar zum Konsul, um die Erlaubnis für die Hinrichtung der Piraten zu erhalten. Der Konsul versagte ihm diese Erlaubnis jedoch, denn er wollte die Piraten lieber gewinnbringend als Sklaven verkaufen. Caesar reiste zurück und ließ die Piraten auf eigene Faust kreuzigen, ersparte ihnen jedoch ein qualvolles Dahinsiechen, indem er sie zuvor erdrosseln ließ, was einige als erstes Zeichen seiner Milde ansehen. Caesar kassierte die fünfzig Talente, die für seine Auslösung aufgebracht worden waren, selbst ein, um seine mittlerweile maroden Finanzen aufzubessern.

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