Katakomben und der Fisch

Ein Text von Jara Schmitt

Die Christen in Rom beerdigten ihre Verstorbenen in Katakomben. Das waren unterirdische Gänge, die man außerhalb der damaligen Stadtgrenzen Roms in das weiche Tuffgestein schlug. Sie entstanden im 2. Jahrhundert nach Christus und wurden bis ins 5. Jahrhundert immer weiter ausgebaut. Es gab in Rom etwa 60 unabhängige Katakomben, von denen heute noch fünf öffentlich zugänglich sind. Alle Gänge zusammengezählt dürften eine Länge von über 100 km gehabt haben. Sie wurden in 2 oder auch 3 Etagen bis zu einer Tiefe von 20 Metern ins weiche Gestein geschlagen.

Die Katakomben ähnelten fast einem Labyrinth. Mehrere Reihen von rechteckigen Nischen wurden seitlich der Gänge ausgehoben, um die Verstorbenen in Leinentüchern gewickelt dort hineinzulegen. Anschließend wurden die Nischen mit Steinen oder getrocknetem Lehm verschlossen und mit dem Namen des Verstorbenen versehen. Viele tausend Gräber fanden so ihren Platz.

Abgesehen von den Bestattungsfeiern trafen sich die urchristlichen Gemeinden, wie man häufig vermutete, nicht in den Katakomben. Man darf davon ausgehen, dass die römische Stadtverwaltung die Katakomben ebenfalls kannte. Als Versteck vor der grausamen Verfolgung der Christen wären sie daher in den meisten Fällen nicht sinnvoll gewesen. Geheime Gottesdienste wurden vielmehr in Privathäusern abgehalten.

Der Fisch als Erkennungszeichen

Für Christen war es in den Zeiten ihrer größten Verfolgung lebensgefährlich, sich als Mitglied dieser Glaubensrichtung öffentlich zu erkennen zu geben. Um als Christ zu erfahren, ob der Gegenüber ebenfalls ein Christ war, bediente man sich häufig eines Symbols. Es gab mehrere geheime Erkennungszeichen – weit verbreitet war der Fisch, dessen Symbol manche Christen noch heute hinten an ihr Auto kleben.

Der „Fisch“ hatte für die Christen eine vielfältige Bedeutung. Als ein Tier, das im Wasser lebt, hat es einen Bezug zur Taufe, bei der ursprünglich der Täufling ganz unter Wasser getaucht wurde. Die frisch getauften Christen wurden als „pisciculi“ (Fischlein) bezeichnet. Auch sieben der zwölf Jünger Jesu waren von Beruf Fischer gewesen. Als Jesus Petrus und Andreas am See Gennesaret begegnete, sprach er zu ihnen: „Folgt mir nach und ich mache euch zu Menschenfischern“ (Matthäus 4:19) Auch bei dem Wunder der „Speisung der Fünftausend“ wurden fünf Brote und zwei Fische verteilt. (Mt. 14:13 –21)

Das Symbol des Fisches ist auch deshalb so wunderbar gewählt, weil es auch in der römischen Kultur auftrat und daher kein Misstrauen gegenüber der römischen Obrigkeit erregte. Uneingeweihte Nicht­Christen sahen im Fisch ein altes, mythologisches Fruchtbarkeitssymbol. Die Christen nutzten es sozusagen als Tarnung.

Ganz praktisch sah das dann folgendermaßen aus: Traf ein Christ auf einen Unbekannten, zeichnete er wie nebenbei mit dem Fuß oder einem Stock einen Bogen in den Sand. Ergänzte der Fremde diesen Bogen spiegelbildlich zum Fisch, war klar: Ich bekenne mich zu Jesus Christus und bin ein Freund. Anschließend konnte man das Symbol mit dem Fuß wieder unauffällig verwischen. Reagierte der Unbekannte darauf nicht, so wusste man, dass er nicht „eingeweiht“ war.

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