Hörbuch aufnehmen (1)

Ein Beitrag von Thomas Frenzel


Ein Hörbuch schreiben

Im 5. Schuljahr ließ ich in einer Deutschepoche die Kindern eine zusammenhängende Geschichte schreiben, die sich über 6 Kapitel erstreckte. Die Kinder taten dies mit großem Einsatz. Der äußere Rahmen wurde wie ein Buch gestaltet. Es hatte einen Titel, einen Verfasser, dann erschien eine Kapitelübersicht auf der ersten Seite. Immer wieder wurde hinter oder vor den Kapiteln die Handlung illustriert und auf dem Buchrücken erschien zuletzt eine kurze Inhaltsangabe.

Vorgabe

Eine 5. Klasse braucht bei einer solchen Aufgabe Orientierungsvorgaben. Die Rahmenhandlung wurde daher von mir in einem stichpunktartigen Text vorgegeben. Um die innere Vorstellungskraft der Kinder weiter anzuregen, stellte ich zusätzliche schriftliche Fragen. Sie mussten aber nicht alle beantwortet werden. Dadurch wurden die Geschichten trotz eines gleichen Handlungsverlaufs sehr verschieden.

Die Vorgaben und die für die Aufnahme ausgewählte Geschichte finden Sie am Ende des Beitrages.

Durchführung

Ich gab den Kindern etwa 30 - 40 Minuten des Hauptunterrichtes, so dass sie mit dem Schreiben beginnen konnten. Es wurde ins Übheft vorgeschrieben. Wer nicht fertig wurde, sollte es zu Hause beenden. Wichtig war nun, dass die Eltern den Text auf Rechtschreibfehler hin durchsahen. Dies war zuvor abgesprochen. Am jeweils zweiten Tag konnte das Geschriebene in unser Buch in schöner Schrift übertragen werden. Wir schafften jeweils zwei Kapitel in einer Woche. So war am Freitag (und am Wochenende) noch ein Freiraum, um den Vielschreibern etwas mehr Zeit zu geben. Die anderen konnten ihr Buch vielseitig illustrieren.

Ich ließ jeden Tag zwei bis drei Kinder das aktuelle Kapitel in der Klasse vorlesen. So konnten wir einerseits Ideen austauschten und zweitens hatten wir die Möglichkeit zu besprechen, was gut und noch verbesserungswürdig war.

Widmung/zum Autor/ Inhaltsangabe

Am Ende verfassten wir hinten auf das Buch eine anregende Inhaltsangabe. Auf der einen Seite sollte der Text in die Handlung einführen, auf der anderen Seite sollte er noch nicht alles verraten und neugierig machen. Viele Kinder widmeten ihr Buch ganz selbstverständlich ihrer Mutter! Immerhin hatte die allerhand durchzusehen gehabt J. Der Autor konnte neben den wenigen Daten seines bisherigen Lebens noch ein kleines Bild von sich dazu kleben.

Ein Hörbuch aufnehmen

Nach drei Wochen hatten wir eine Woche Ferien. Hier hatte ich nun einiges zu tun. Die Kinder hatten im Schnitt zwischen 20 und 30 Seiten geschrieben, das galt es nun zu lesen. Obwohl dies viel Arbeit bedeutete, war es auch sehr spannend und gar nicht eintönig. Ich suchte ein Buch von den 37 Kindern aus, das sich eignete, als Hörbuch aufgenommen zu werden.

Einteilung der Leser

Für die Aufnahme hatten wir 5 Tage Zeit. Am ersten Tag lasen wir das ausgesuchte Werk. Ich hatte es zuvor abgetippt und für alle kopiert. Dann verteilten wir die Sprecherrollen, die die wörtliche Rede sprechen sollten. Der Erzähler wechselte von Abschnitt zu Abschnitt, damit möglichst viele Kinder einbezogen waren. Auch die nicht so guten Leser bekamen ein paar Zeilen.

Gruppenarbeit

Ich teilte die Klasse in 6 Gruppen ein, da wir insgesamt 6 Kapitel hatten. Die Aufgabe bestand nun darin zu untersuchen, an welcher Stelle man Hintergrundgeräusche hören könnte. Dies musste im Text markiert werden. Nun sollte die Gruppe überlegen, wie man die Geräusche machen kann, und wer dazu etwas mitbringen kann. Da die Leser der Abschnitte bekannt waren, konnte die Gruppe mit dem Leser besprechen, wo im Text für ein Geräusch eine kleine Pause einzulegen sei.

Probeläufe

Insgesamt hatten wir nur drei Probeläufe (einer mehr wäre nicht schlecht gewesen). Die Kinder arbeiteten mit hoher Disziplin und Kreativität. Während der Probeläufe durften wir nichts von uns hören lassen. Alles würde das Mikrofon hören. Eine große Herausforderung!

Die Aufnahme

Ich hatte mir von unserem Öffentlichkeitskreis ein gutes Aufnahmegerät besorgt (sehr empfehlenswert: Handy Recorder H2). Das stellten wir in die Mitte, die Tische der Leser im Kreis darum. Alle Geräusche waren in Reichweite postiert. Keiner durfte Wege durch den Raum machen. Nichts durfte schiefgehen - die Aufnahme würde ohne Unterbrechung durchlaufen. Die Aufnahmezeit betrug 19 Minuten. Die Kinder waren großartig!

Die CD und Cover

Anschließend wurde die Aufnahme von mir ein wenig bearbeitet und ein Vater kopierte die CD 37 Mal. Zuletzt malte jedes Kind noch sein Cover für die CD Hülle.

 

Der Inhalt des Hörbuches:

Der fliegende Teppich

Die Vorgaben: Wenn ein Kapitel geschrieben war, wurde erst das nächste ausgeteilt.

Schreibe in der Erzählvergangenheit = Präteritum

 

Inhalt für das 1. Kapitel:

Überlege dir nach dem Schreiben eine passende Überschrift.
Zwei beste Freunde(innen) treffen sich am Nachmittag, um heimlich in das Haus des gerade verstorbenen Herrn Haffner einzusteigen. Herr Haffner war ein geheimnisvoller und sehr alter Mann gewesen. Auf dem Dachboden stehen viele Sachen herum. Plötzlich finden sie einen verstaubten und schmutzigen Teppich. Auf einem winzigen Etikett steht: fliegender Teppich. Aufregung, Erstaunen. Sie tragen ihn unbemerkt zu sich nach Hause.

Du könntest mit dem folgenden Satz beginnen:
Es klingelte an der Haustür. Es war ____ . _____ öffnete ihm/ihr. Beide waren beste Freunde /Freundinnen und kannten sich.....

Lasse folgende Fragen und Punkte mit in deine Geschichte einfließen:

  • Wie heißen die Freunde/Freundinnen?
  • Was machen sie normalerweise zusammen? Woher kennen sie sich? Wie sehen sie aus?
  • Warum war Herr Haffner so geheimnisvoll?
  • Wo steht sein Haus?
  • Wie kommen sie unentdeckt hinein? Wie sieht es von innen aus?
  • Was ist auf dem Dachboden alles zu entdecken?
  • Wie machen sie ihren Fund?
  • Glauben die beiden, was auf dem Etikett steht?
  • Wie schaffen sie den Teppich unbemerkt nach Hause?

Letzter Satz:
... Alles war gut gegangen. Zum Glück war morgen Samstag und damit Wochenende. Sie würden also viel Zeit haben, um den Teppich zu säubern. Sie verabredeten sich gleich für morgen Früh um 9.00 Uhr.

 

Inhalt für das 2. Kapitel:

Die beiden beginnen am Samstagmorgen den Teppich draußen im Garten auszuschlagen und abzuschrubben. Dabei überlegen sie, ob der Teppich tatsächlich fliegen kann. Wie wird man ihn dazu bringen können? Die Mutter kann sich diese plötzliche Putzleidenschaft ihrer Tochter/Sohnes gar nicht erklären und weiß auch gar nicht, woher der Teppich stammt. Je mehr sich die beiden anstrengen, desto strahlender zeigte der Teppich seine wunderschönen Farben. Heute Nacht darf _____ bei ______ schlafen. Am Abend liegt der Teppich strahlend im Kinderzimmer. Nachdem die beiden sich bettfertig gemacht und die Zimmertür verschlossen haben, setzten sie sich probehalber auf den Teppich. Kaum spürt der das Gewicht der Kinder, so erhebt er sich lautlos.

Lasse folgende Fragen und Punkte mit in deine Geschichte einfließen:

  • Was sagt die Mutter, als sie den Teppich bemerkt?

  • Was antworten die beiden, woher sie den Teppich haben und was sie damit machen wollen?
  • Was für Ungewöhnlichkeiten entdecken die Kinder am Teppich während des Putzens?
  • Wie wollen die Kinder den Teppich zum Fliegen bringen?
  • In welchen Farben erstrahlt der saubere Teppich?
  • Auf welche Weise erhebt sich der Teppich?
  • Welche Gefühle haben die Kinder dabei?

Letzter Satz:

... Vorsichtig glitt der Teppich durch das Fenster. Zahllose Sterne standen am Himmel und der Teppich stieg höher und höher.

 

Inhalt für das 3. Kapitel:

Der Teppich nimmt an Fahrt und Höhe zu. Sie können ihn nicht steuern, aber er scheint zu wissen, wohin er fliegt. Plötzlich gibt es einen Knall, als wären sie in eine andere Welt eingetaucht und sie nähern sich mit hoher Geschwindigkeit einer ihnen völlig unbekannten Stadt: Paläste, Zwiebeltürme, Gärten, Blumen .... alles wunderschön. Der Teppich fliegt auf einen offenen Platz, der wie ein Teppichlandeplatz aussieht. Kaum sind sie gelandet, so kommen Menschen herbeigeeilt, die ungewöhnliche Kleider tragen. Man empfängt sie sehr höflich und aufgeregt. Dann bringt man sie in einen Palast. Hier werden sie zu einer sehr jungen Königin geführt.

Wichtig: Welche Bewandtnis es mit diesem Ort hat, erfahren die Kinder erst von der Königin (4. Kapitel)

Lasse dich von folgenden Fragen und Punkten anregen:

  • Wie erlebten sie die Fahrt auf dem Teppich? Gab es Zwischenereignisse? Was sahen und bemerkten sie?
  • Wie sah die Stadt aus, die sie anflogen? Einzelheiten ....
  • Wie sahen die Kleider der Menschen aus?
  • Was vermuteten die beiden, wo sie gelandet waren?
  • Wie begegnete man ihnen?
  • Wie sahen der Palast und die Königin aus?

Letzter Satz:

... Alle Versammelten verstummten als die Königin mit dem Kopf nickte und nun war zum ersten Mal ihre zauberhafte Stimme hörbar.

 

Inhalt für das 4. Kapitel:

Junge Königin spricht: Dies ist das magische Land der Träume. Die Menschen haben den Glauben an ihre Träume verloren. Die Träume der Menschen gelangen nicht mehr ins Traumland. Letzter, der den Weg als Kind ins Traumland noch fand, war Herr Haffner. Dann wurde er zu alt. Die Königin erbittet Hilfe: Einen Traum einfangen und ins Traumland bringen.
Die beiden wollen die Aufgabe übernehmen und starten.

Lasse folgende Fragen und Punkte mit in deine Geschichte einfließen:

  • Wieso lag der Teppich noch bei Herrn Haffner?
  • Warum kann man nur als Kind ins Traumland?
  • Was für Fragen stellen die Kinder der jungen Königin?
  • Können die Menschen aus dem Traumland sich nicht selber helfen?
  • Warum sind die Träume der Menschen für das Traumland so wichtig?
  • Sind die beiden gleich bereit zu helfen?
  • Wann starten sie?
  • Wie wollen sie die Träume zweier Menschen einfangen?

Letzter Satz:

... Mit flauem Gefühl setzten sie sich auf den fliegenden Teppich, der sogleich abhob, um sie zurück auf die Erde zu bringen.

 

Inhalt für das 5. Kapitel:

Die beiden fliegen wieder zurück zur Erde und fangen einen Traum ein. Anschließend bringen sie ihn zurück ins Traumland. Sobald sie mit dem Traum die Grenze zum Traumland überfliegen, sehen sie, wie an den Bäumen riesig leuchtende Blüten zu wachsen beginnen. Sie sind begeistert über die Wirkung. Sie werden sehr freudig im Traumland empfangen.

Lasse folgende Fragen und Punkte mit in deine Geschichte einfließen:

  • Wessen Traum wollen sie einfangen?
  • Wie fangen sie den Traum ein? Wie können sie ihn sehen oder erleben?
  • Erzähle den Traum möglichst lebendig.
  • An welcher Stelle des Traumes kreuzt der fliegende Teppich das Bild?
  • Lasse die wörtliche Rede immer wieder einfließen.
  • Stellen sie neben den Blüten noch andere Wirkungen des mitgebrachten Traumes fest?
  • Wie werden sie empfangen?
  • Was spüren die Sinne: Was ist zu hören, zu sehen, zu riechen, zu fühlen ...?

LetzterSatz:

... Nun begab sich die Menschenmenge zum Palast der Königin.

 

Inhalt für das 6. Kapitel:

Die beiden werden von der Königin freudig empfangen. Sie übergeben ihr den Traum, die Königin bedankt sich sehr im Namen ihres Landes, aber auch der Menschen. Sie erhalten die Erlaubnis, wann immer sie es wünschen, mit dem fliegenden Teppich und neuen Träumen zurück ins Traumland zu kommen. Der Teppich würde aber in dem Moment seine magische Kraft verlieren, wenn sie jemandem von ihm erzählten. Verabschiedung. Sie fliegen zurück.
Am nächsten Tag begegnen sie dem „Träumer". Er will ihnen unbedingt erzählen, dass er einen komischen Traum gehabt habe, in dem sie auf einem fliegenden Teppich geflogen wären ....

Lasse folgende Fragen und Punkte mit in deine Geschichte einfließen:

  • Was hat der Traum für das Traumland und die Menschheit bewirkt?
  • Was sagt die Königin, um sich zu bedanken?
  • Wie werden sie verabschiedet?
  • Wie viel Zeit ist insgesamt vergangen? Verlangt das gegenüber der Mutter nach Erklärungen?
  • Wann und wie treffen sie den „Träumer"?
  • Was erzählen sie sich?
  • Werden sie ihr Geheimnis hüten?
  • Wie soll deine Geschichte enden?

 

 

Geschrieben von Paul (5. Klasse):

Der geheimnisvolle Herr Haffner

Es klingelte an der Tür. Es war Emil. Hannes öffnet ihm. Emil und Hannes waren Freunde. Sie kannten sich schon seit dem Kindergarten und gingen in die gleiche Klasse. Sie spielten gerne zusammen Fußball und trafen sich oft zum Spielen und Übernachten. Heute wollten sie sich treffen, um in das geheimnisvolle Haus von Herrn Haffner einzusteigen. Herr Haffner war gestern verstorben. Er lebte sehr zurückgezogen in seinem riesigen Haus.

Hannes holte sein Fahrrad aus der Garage und fuhr mit Emil den Feldweg hinaus zum Anwesen von Herrn Haffner. Dort angekommen sagte Hannes zu Emile: „Es ist zu auffällig, wenn wir durch die Tür gehen. Steigen wir lieber durchs Fenster!" Die Fenster waren alle zugenagelt. Emile sprach daraufhin zu Hannes: „Hol mal dein Taschenmesser heraus." Hannes holte es heraus, klappte es aus und machte sich damit an einem Brett zu schaffen. Nach einer Weile nahm er das Brett heraus und stieg ein. Sie standen nun im Wohnzimmer. Sie gingen auf den Flur, vom Flur ins Bad, vom Bad ins Schlafzimmer und von dort aus wieder auf den Flur. Ihnen blieb noch das Arbeitszimmer. Es war sehr groß und voller Bücher. In der Ecke stand eine Wendeltreppe. Hannes und Emil gingen die Wendeltreppe hinauf. Im oberen Stockwerk waren Küche, Esszimmer und eine Abstellkammer, die auch gleichzeitig als Speisekammer diente. Da sagte Emil enttäuscht: „Schade, dass wir nichts Interessantes gefunden haben. Ich finde es aber komisch, dass es hier gar kein Gerümpel gibt." „Stimmt, einen Keller hat das Haus keinen! Aber vielleicht einen Dachboden?", erwiderte Hannes. Da rief Emil: „Ja! Ist dir vorher nicht die Luke aufgefallen?" Er zeigte auf eine Luke an der Decke. „Ich hol die Leiter aus dem Abstellraum." Als Hannes zurückkam, hatte Emil schon mir einem Stock die Luke geöffnet. Hannes stellte die Leiter hin und sie kletterten hoch. Es roch modrig und überall hingen Spinnweben. Hannes sagte: „Ich finde es ganz schön unheimlich." Emil stimmte ihm zu. Da rief Emil plötzlich: „Guck mal da. Die Truhe sieht aus, wie eine Schatzkiste!" Da sagte Hannes verwundert: „Da liegt ein Zettel drauf." Es war ein Plan des Hauses.

Jetzt probierten sie die Truhe zu öffnen, was ihnen allerdings nicht gelang. Da holte Hannes erneut sein Taschenmesser heraus und damit gelang es ihm. In der Truhe lag ein Teppich, ein Vogelkäfig und eine Lampe. Hannes fragte, ob in dem Vogelkäfig wohl schon einmal ein Vogel gesessen hätte. Da sagte Emil plötzlich: „Schau mal, auf dem Etikett des Teppichs steht: FLIEGENDER TEPPICH!" Hannes machte große Augen und da stimmten beide ein Gelächter an. „So ein Kinderkram!", meinte Hannes und Emil behauptete: „Da hat Herr Haffner sich aber einen Scherz erlaubt!" Als sie sich wieder beruhigt hatten, sagte Emil: „Ausprobieren können wir ihn ja." Hannes meinte: „Ich finde diesen Teppich sowieso ganz schön. Wir müssen ihn nur ein bisschen waschen." Sie nahmen den Teppich unter den Arm.

Unterwegs trafen sie einen Pfarrer. Der fragte sie: „Woher habt ihr denn den Teppich?" Damit hatten sie nicht gerechnet! Doch Hannes antwortete schnell: „Wir sind Erben des Herrn Haffner und wir wollten uns ein paar Spielsachen holen, doch es gab keine, da haben wir den Teppich mitgenommen." Alles war nochmal gut gegangen. Zum Glück war morgen Samstag und damit Wochenende. Sie würden also viel Zeit haben, um den Teppich zu säubern. Sie verabredeten sich gleich für morgen Früh um 9.00 Uhr.

 

Ein Ausflug und eine aufregende Nacht

Hannes kam um kurz nach 9.00 zu Emil. Der hatte schon ein paar Putzsachen aufgetrieben. Da sagte Emil: „Wie kommen wir denn unauffällig zum Waldsee?", dort hatten sie nämlich den Teppich versteckt. Hannes antwortete: „Ich habe eine Idee! Wir sagen, wir gehen zum Angeln!" Sie packten also Putz- und Angelsachen in eine Tüte und fuhren mit ihren Fahrrädern zum Waldsee. Dort angekommen fing Hannes an zu angeln und Emil zu putzen. Emil nahm einen Eimer Wasser und tat Putzmittel hinein. Nach einer Weile fing der Teppich an zu leuchten und zu glitzern. Da fiel eine Franse ab. Emil sagte zu Hannes: „Probier mal mit der zu angeln. Die glitzert so und wenn sie magisch ist, dann beißen vielleicht mehr Fische an." Es bissen tatsächlich viele Fische an. Sei arbeiteten beide kräftig weiter. Plötzlich fing Hannes an zu schreien: „Emil, Emil, kommt schnell!" Hannes stand schon halb im Wasser und seine Angel war zum Zerreißen gespannt. Emil kam ihm gerade noch rechtzeitig zur Hilfe. Sie zogen zusammen einen riesigen Hecht heraus. Nun waren sie beide mit ihrem Ergebnis zufrieden. Emil hatte den Teppich blitzeblank geputzt und dabei die Hälfte der Putzmittel verbraucht und Hannes hatte mit dem Teppichfransen den riesen Hecht geangelt. Nun fuhren sie wieder heim. Zuhause meinte Emil, es wäre besser den Teppich erst einmal im Hasenstall zu verstecken. Nun rief Emil seine Eltern an, ob er bei Hannes übernachten dürfe. Hannes brachte einen Flaschenzug an seinem Fenster an, dann ging Emil den Teppich holen. Er band ihn an das Seil vom Flaschenzug und Hannes fing an zu ziehen. Als der Teppich oben war, verstauten sie ihn unterm Bett und deckten ihn zu, damit man das Funkeln nicht sah. Nun ging der Tag ganz normal weiter. Den beiden ging die ganze Zeit durch den Kopf: Wird der Teppich fliegen können oder nicht?

Zum Abendessen gab es den geangelten Hecht. Nun machten sie sich bettfertig. Dann gingen sie ins Kinderzimmer und schlossen ab, packten den Teppich aus und setzten sich drauf. Da fragte Hannes Mutter vor der abgeschlossenen Tür: „Was funkelt denn da so komisch in allen Farben?" Da sagte Hannes: „Ein Lichtspiel von Emil." Das glaubte die Mutter zwar nicht, aber sie ließ es durchgehen.

Nach etlichen Versuchen abzuheben tätschelte Emil den Teppich und sagte: „Braver Teppich, fang bitte an zu fliegen." Da ruckte der Teppich nach oben wobei sich Hannes den Kopf an der Lampe anstieß. Als sie sich von dem Schrecken erholt hatten sagte Emil: „Schade dass das Fenster nicht offen ist." Da fing der Teppich an zu schaukeln, so dass sie sich festhalten mussten. Das Erstaunliche war, dass sich der Fenstergriff mitbewegte und nach einer Weile sich das Fenster öffnete. Nun glitt der Teppich durchs Fenster nach draußen. Zahllose Sterne standen am Himmel und der Teppich stieg höher und höher.

 

Das vergessene Königreich

Der Himmel wurde langsam wolkig, dann wurde es feucht und neblig: sie waren in einer Wolke. Die Zeit verging und plötzlich rissen die Wolken auf. Unter ihnen lag ein Wald. Weit, weit vor ihnen lag der Waldsee. Sie näherten sich ihm mit rasender Geschwindigkeit. Da kam Wind auf und der Teppich fing an zu schaukeln. Es wurde immer heftiger und dann kam ein so heftiger Stoß, dass sie runterfielen. Hannes schrie: „Wir stürzen in den Waldsee!" Da rief Emil: „Guck mal nach oben! Der Teppich löst sich auf!" Für ein paar Sekunden war der Teppich wie verschwunden. Da entstand unter ihnen eine Rauchwolke, die sich in Fussel verwandelte, aus denen sich wiederum der Teppich bildete. Als sie auf ihn fielen, sackte er ab. Sie befanden sich jetzt direkt über den Bäumen. Der Teppich nahm wider Fahrt auf und flog auf den höchsten Berg der Gebirgskette zu, die am Ende des Waldsees lag. Sie wurden immer schneller und schneller. Sie waren jetzt direkt vor dem Berg. Da sahen sie beide zugleich eine Höhle, auf die der Teppich zuhielt. Er flog in sie hinein. Es war eine riesige Halle, an deren hinterem Ende ein dunkelroter Strudel war. Darauf flog der Teppich zu. Als sie schon tief in ihm waren, machte es einen Knall. Sie verloren das Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kamen, flogen sie über einem dunklen Wald, der mit Nebel zugedeckt war. Da, ein Wolf heulte. Sie sahen unter sich zwei Wesen. Sie sahen aus wie Eisbären. Sie flogen eine ganze Weile, da sahen sie etwas Flackerndes. Hannes sagte: „Das sieht aus wie ein Signalfeuer." Der Teppich näherte sich dem Feuer und immer mehr Feuer wurden sichtbar. Sie standen auf riesigen Türmen einer Stadtmauer, die aussah wie ein riesiges Kastell. Der Teppich flog an ihr entlang bis drei Strudel sichtbar wurden. Sie sahen aus wie der erste, nur mit blauen Rändern. Dort flog der Teppich drauf zu und in ihn hinein. Langsam veränderte sich das Dunkelrot in ein Dunkelblau. Sie kamen plötzlich in einem großen Saal heraus, der in allen vier Himmelsrichtungen ein Tor hatte. Sie landeten, Türen gingen auf und hunderte von fröhlichen Menschen kamen herein. Die meisten hatten einfach Leinenhemden an, manche aber seidene Gewänder mit Juwelen gespickt.

Da ging eine weitere Tür auf und ein Soldatentrupp kam herein und umringte die beiden. Die Menschen von dort sprachen eine andere Sprache. Der Offizier stellte sich vor sie und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Sie gingen nach draußen. Es war schon Morgen, aber immer noch lag dichter Nebel über der Stadt. Im Mittelpunkt der Stadt stand eine Burg, die gleichzeitig als Palast diente. Dort gingen sie hinein. Sie kamen in einen Saal, in dessen Mittelpunkt vier Seile im Boden befestigt waren. Die gingen bis an die Decke. Sie gingen in die Mitte des Saales, dann sagte der Offizier irgendetwas und die Soldaten gingen zur Seite. Es fing an zu knirschen und die Bodenplatte, auf der sie standen, erhob sich. Die Decke öffnete sich und die Bodenplatte verschwand darin. Hannes und Emil trauten sich nicht, ein Wort zu sagen. Nun waren sie noch zu dritt: Hannes, Emil und der Offizier. Es wurde wieder heller und sie befanden sich jetzt anscheinend im Thronsaal, wo eine sehr junge Königin saß. Sie nickte, der Offizier trat zur Seite und es war zum ersten Mal ihre zauberhafte Stimme hörbar.

 

Das Traumland

Die Königin sagte ihnen, dass das Land in einer sehr schlimmen Lage sei, denn: „Wir, die Menschen von hier, brauchen die Träume der irdenen Menschen. Da die aber seit einiger Zeit nicht mehr an ihre Träume glauben, empfangen wir keinen mehr. Das bedeutet den Untergang unseres Landes, da wir in den Träumen leben. Ihr seid die Einzigen seit ein paar Jahrzehnten, die unser Land besuchen. Herr Hafner war der letzte, der das Traumland besucht hat und seit er erwachsen war, kam auch er nicht mehr." Nun musste Hannes aber reden: „Aber warum kam er denn nicht mehr?" Darauf antwortet die Königin: „Es gibt drei Möglichkeiten, warum Menschen nicht mehr ins Traumland kommen: Sie haben keine Freunde mehr oder sie denken nur noch an sich selbst oder sie glauben nicht mehr an ihre Träume." Da fragte Emil: „Ja, aber könnt ihr euch nicht selber helfen?" Darauf antwortete die Königin: „Das können wir nicht, denn wenn wir einen Menschen außerhalb unseres Landes berühren, zerfallen wir zu Staub." Da sagten Hannes und Emil wie aus einem Mund: „Und wir können euch helfen?" Darauf sagte die Königin: „Ja bitte! Ihr müsst uns einen Traum von der Erde ins Traumland bringen und zwar einen schönen Traum!"

„Und wie sollen wir das machen?", fragte Hannes. Die Königin zeigte ihnen eine metallene Schale, in deren Mitte eine glatte Kugel aus Bergkristall schwebte. Sie erklärte: „Diese Schale müsst ihr mit der Öffnung nach unten über einen schlafenden Menschen halten und warten bis sich der Traum in Nebel verwandelt und sich in der Kugel wiederspiegelt." Sie nahm die Schale von der marmornen Säule und überreichte sie den Jungen. Die Jungen nahmen sie freudig entgegen. Nun führte die Königin die beiden zu ihrem Teppich zurück. Aufgeregt setzten sie sich auf ihren Teppich. Die Schale stellten sie zwischen sich. Emil tätschelte den Teppich, worauf er sogleich abhob, um sie zurück zur Erde zu bringen.

 

Bodos Traum

Sie waren schon über dem Land der Dunklen Seite, da wurde es heißer, es fing an zu rauschen, die Luft zitterte. Das Rauschen war jetzt schon so laut, wie beim Starten eines Flugzuges. Funken stieben, sie befanden sich in dem Strudel, es machte einen Knall und sie waren wieder in ihrer Welt. Nun überlegten sie, wohin sie fliegen sollten, um den Traum einzufangen. Schließlich entschieden sie sich für Bodo den Bauernsohn. Er war ein groß gewachsener Klassenkamerad der beiden. Sie flogen zur großen Wiese, dort hatte Bodos Vater einen Bauernhof. Als sie dort waren, öffnete der Teppich wieder das Fenster und sie flogen hinein. Sie stiegen ab, Hannes nahm die Schale und hielt sie über Bode. Sie warteten etwa zehn Minuten, dann bildete sich schon ein leichter Nebel, der sich in eine riesige Rauchwolke verwandelte. Die Kugel sog den Rauch in sich hinein.

Im Traum war Bodo ein König und besaß eine eigene kleine Burg. Seine Mutter war seine Hausfrau und sein Vater sein Berater. Bodo sagte zu seiner Mutter: „Du musst jetzt einkaufen gehen, und vergiss mir ja nicht die Milkaschokolade! Ich geh zu Emil auf die Burg. Hannes kommt auch und der hat doch den neuen fliegenden Teppich. Wir wollen eine Runde fliegen. Du holst mich dann morgen ab, ja?" Hannes war sehr stolz darauf, dass er im Traum auch vorkam. Emil flüsterte: „Guck lieber auf den Traum als in der der Gegend herum!" Im Traum holten Hannes und Emil Bodo ab und machten dann Slalomflüge um die Türme der Burg. Nun sagte Bode: „Steig mal ein bisschen höher, um die Vögel aufzuscheuchen!" Als sie davon genug hatten, sagte Emil: „Wie wär's, wenn wir zum Waldsee fliegen und vom Teppich aus Wettspringen machen würden?" Jetzt flüsterte Emil in Wirklichkeit: „Ich glaube, das reicht." Hannes drehte die Schale mit der Kugel um und stellte sie auf den Teppich. Als sich der Rauch verzogen hatte, flogen sie wieder raus aus dem Zimmer, der Teppich machte das Fenster zu und sie flogen zurück zu dem Strudel. Als sie in ihm waren und es den Knall machte, wurden sie diesmal nicht ohnmächtig. Sie kamen auch von einer anderen Seite und unter ihnen sah es aus wie im Schlaraffenland. Als sie wieder in der Stadt gelandet waren, begrüßte sie eine jubelnde Menschenmenge. Diese geleitete sie zum Palast.

 

Abschied vom Traumland

Diesmal kamen alle mit in den Thronsaal. Es gab eine große Tafel, wo jeder sich bedienen durfte. Als sich jeder satt gegessen hatte, wurde es ganz dunkel, wie in einem Kino. Das einzige Helle war die Kugel. Sie verstrahlte ein seltsames, buntes Licht. Dieses Licht fing an zu flackern und zu blitzen. Ein verschwommenes Bild wurde sichtbar und der ganze Traum spielte sich nachmals ab. Danach gab es einen Applaus von der ganzen Menge und Hannes sagte: „Das war ja fast so wie in einem 3D Film im Kino, nur ein bisschen besser!" Als das Fest fast vorbei war, sprach die Königin einen außerordentlichen Dank an die beiden aus und warnte sie dann, dass keiner etwas vom fliegenden Teppich erfahren dürfe, weil sonst die ganze Zauberkraft verloren ginge. Dann versprachen die beiden bald mit einem Traum wieder zu kommen. Nun setzten sie sich auf den Teppich und flogen ab. Als sie zu Hause waren merkten, sie, dass die ganze Zeit, während sie im Traumland waren, die Zeit auf der Erde stehen geblieben war. Sie legten sich hin und schliefen bald ein

Als sie am Montag Bodo in der Schule trafen, sagte er zu ihnen: „Stellt euch vor, ich hatte am Samstag einen Traum. Da kamt ihr beiden auch drin vor und Hannes hatte sogar einen fliegenden Teppich!" Die beiden zwinkerten einander zu, doch dann fiel ihnen ein, dass sie nichts sagen durften und gingen pfeifend weiter. Die beiden freuten sich schon auf weitere Abenteuer mit ihrem fliegenden Teppich und verabredeten sich gleich für das nächste Wochenende.

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