BALLADEN als Hörbuch vertonen (Kl. 7)

Ein Beitrag von Gerd Kellermann (Dozent am Institut für Waldorfpädagogik in Witten/Annen)

Die Schüler der 7. Klasse der Freien Waldorfschule Essen haben im Deutschunterricht acht Balladen bearbeitet und daraus ein Hörbuch gestaltet.
Insgesamt wurden 9 Balladen ausgesucht. Eine wurde mit der ganzen Klasse eingeübt, die anderen 8 bekamen je vier Schüler, die als Gruppe die Aufgabe hatten, die Ballade vorzutragen und einen eigenen Text für das Hörbuch zu entwerfen. 

 

Daraus entstand folgende CD:

01. Die Brücke am Tay 4‘05
02. Ribbeck im Havelland 6‘53
03. Die Goldgräber 6‘17
04. Der Wildschütz und sein Geselle 6‘12
05. Intermezzo 0‘55
06. Die Füße im Feuer 12‘07
07. Der Knabe im Moor 7‘12
08. Ribbeck im Havelland 7‘53
09. Nis Randers 6‘12
10. Intermezzo 1‘15
11. John Maynard 7‘53
12. Der Werwolf 6‘02

 

Die Arbeit der Schüler war sehr frei. Sie hatten die Aufgabe, ihre Ballade vorzutragen und einen zusätzlichen Text zu machen, eine Umdichtung, ein Interview, eine Reportage, einen Hintergrundbericht ... - alles war erlaubt.

Am Ende stand ein Drehbuch für jede Ballade und dann die Aufnahme. Die Schüler wurden betreut von Gerd Kellermann (Dozent Witten/Annen Institut für Waldorf-Pädagogik und Klassenlehrer) und Agnes Heim (Praktikantin - 5. Studienjahr Witten/Annen). Die Aufnahmen wurden im Klassenraum gemacht.

Das Projekt erforderte mehr Zeit als eigentlich für den Unterricht vorgesehen war. Einige Schüler beteiligten sich freiwillig an der Produktion der CD (Regie, Schnitt, Geräusche, Cover, Inlay wurden erarbeitet). Aus den Klassen 4 und 5 wurden zwei Lieder beigetragen (Intermezzi), die gerade in den Klassen gesungen wurden. Die gesamte CD und auch die Materialienordner zu den einzelnen Balladen sowie die Unterrichtsplanung können bei mir bestellt werden.

Gerd Kellermann, Institut für Waldorfpädagogik, Annener Berg 15, 58454 Witten - mail: kellermann@wittenannen.net

 

 

Hier das Ergebnis einer Gruppe

Füße im Feuer Seite

1 Drehbuchentwurf
2 Auszug aus einem Tagebuch

 

3 Jana

4 Beim Aufräumen auf dem Speicher eines alten Hauses fand ich ein
5 Tagebuch. Auf der verblichenen Seite mit dem Datum 7. September
6 1561 fand ich diesen Eintrag:

7 (Lesen in einem vergilbten handgeschriebenen Tagebuch, d.h. es ist
8 nicht jedes Wort gut lesbar, muss entziffert werden)

9 Ich irrte jetzt schon mehrere Tage im Wald umher. Wo war Norden?
10 Wo Süden? Westen oder Osten? Das Brennen in meiner Kehle
11 wurde immer stärker und ich vermied das Schlucken. Ich brauchte
12 Wasser, sonst würde ich bald nicht mehr leben! Plötzlich fing es an
13 zu regnen. Ich wurde nass.

14 (Geräusch: Seitenumblättern)

15 Dann kam ein kalter stürmischer Wind auf. Ich dachte, ich würde
16 erfrieren, als ich plötzlich im leichenfahlen Licht des Mondes eine
17 Ruine sah. Aber hinter einem Fenster brannte Feuer! Ich schleppte
18 mich zur Tür. Ich klopfte und hämmerte mit meinen wunden Fingern
19 gegen das Tor!

20 Jana reflektiert (leise)

21 Unglaublich, so spannend. Ich höre plötzlich die Schritte und das
22 Klopfen.

23 (Geräusche Klopfen an der Tür, Schritte, Türöffnen)

 

24 Jetzt Übergang in Hörspiel

25 Marius
26 raue kratzige Stimme

27 „Bitte! Lassen Sie mich etwas trinken und geben Sie mir ein Zimmer
28 für diese Nacht!"

29 Jana

30 Meine Stimme klang kratzig und rau.

31 Tobias

32 „Kommen Sie rein, Sie sehen ja fürchterlich aus!
33 Einen Moment!"

34 Jana

35 Er ging weg und kam kurze Zeit später mit Wasser wieder!

36 Tobias

37 „Bitte."

38 Jana wieder als Tagebuch

39 Ich trank. Ich genoss das kühle Wasser, wie es in meinem
40 ausgetrockneten Hals herunterlief. Man hörte es in meinem Magen
41 ankommen. Ich folgte ihm in einen Saal. Er war mit roten Teppichen
42 ausgelegt. Er wurde von einem Kaminfeuer erhellt. Es roch
43 angenehm nach Tannen und warmem Essen. Ich liebe diesen Geruch
44 und sauge ihn ein. Ich gehe schnell zum Kamin und lasse mich in
45 einen der davor stehenden Sessel fallen. Ein gutes Gefühl endlich
46 mal wieder zu sitzen.. Einen Moment der Ruhe genießen...

47 Ich seufzte. Plötzlich schoss aus dem Nichts ein Gedanke durch
48 meinen Kopf.

49 Marius (beklommen)

50 Dieser Saal... Ich kenne ihn, dieses Tor und dieses Haus. Habe ich
51 es nicht gleich wiedererkannt weil ich nur die Ruine sah?

52 (hektisch)

53 Ich muss hier raus! Hier weg! Damals, vor fünf Jahren oder länger...

54 (atemlos)

55 Die Flammen greifen nach nach ihr. Ihr Körper zuckt über dem
56 Feuer... Mir wird übel. Seine Kinder werden mich erkennen. Ihm es
57 sagen! Er wird mich umbringen!

58 Jana (Tagebuch)

59 Ich stand auf, ging zur Türe, wollte gerade hinaus treten. Plötzlich
60 packte mich eine Hand von hinten! Ich drehte mich um und schaute
61 ihm in die Augen.

62 Tobias (sanft)

63 „Wollen Sie jetzt schon gehen? Ich habe das Essen bereiten lassen.
64 Kommen Sie, danach können Sie schlafen!"

65 Jana

66 Er blickte mich mit funkelnden Augen an! Ich hatte Angst und folgte
67 ihm. Wusste er es schon? Hatten seine Kinder es verraten? Mich
68 verraten? Ich geriet in Panik und wurde ganz wild...

69 Die Flammen greifen nach ihr, ihr Körper zuckt über den Flammen!
70 „Gib es mir!" Sie schüttelt den Kopf und schreit. „Los, gib es mir!"
71 Sie schüttelt den Kopf. Ihre Haare verbrennen. Ihr Körper zuckt
72 über dem Feuer. Am Tisch blicke ich in die weit aufgerissenen
73 Augen der Kinder, sie starren mich entsetzt an! Ich esse schnell.

74 „Könnten Sie mich auf mein Zimmer bringen?" Ich sprach so
75 schnell, dass ich zweifelte, ob er mich verstand.

76 Doch im selben Moment erschien eine Hausfrau und brachte mich
77 aufs Zimmer. Es ist ungemütlich innen drin, die Fenster stehen offen.

78 (normale Stimme)

79 Hier bricht das Tagebuch ab. Ich war sehr enttäuscht, nicht zu erfahren wie
80 die Geschichte weiter ging.

81 Doch dann hörte ich eines Tages das Gedicht von Conrad Ferdinand
82 Meyer.

83 Jana:

84 Wild zuckt der Blitz. In fahlem Lichte steht ein Turm.
85 Der Donner rollt. (Gewitter)

86 Ein Reiter kämpft mit seinem Ross,
87 Springt ab und pocht ans Tor (Klopfen) und lärmt. Sein Mantel saust
88 Im Wind. Er hält den scheuen Fuchs am Zügel fest.
89 Ein schmales Gitterfenster schimmert goldenhell
90 Und knarrend öffnet jetzt das Tor ein Edelmann . . .

91 Türknarren

92 Marius

93 - "Ich bin ein Knecht des Königs, als Kurier geschickt
94 Nach Nîmes. Herbergt mich! Ihr kennt des Königs Rock!"

95 Tobias

96 - "Es stürmt. Mein Gast bist du. Dein Kleid, was kümmert's mich?
97 Tritt ein und wärme dich! Ich sorge für dein Tier!"

98 Nina:

99 Der Reiter tritt in einen dunkeln Ahnensaal, (Schritte)
100 Von eines weiten Herdes Feuer schwach erhellt, (Feuerknistern)
101 Und je nach seines Flackerns launenhaftem Licht
102 Droht hier ein Hugenott im Harnisch , dort ein Weib,
103 Ein stolzes Edelweib aus braunem Ahnenbild . . .

104 Der Reiter wirft sich in den Sessel vor dem Herd
105 Und starrt in den lebend‘gen Brand. Er brütet, gafft ...
106 Leis sträubt sich ihm das Haar. Er kennt den Herd, den Saal ...
107 Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.

108 Jana

109 Den Abendtisch bestellt die greise Schaffnerin
110 Mit Linnen blendend weiß. Das Edelmägdlein hilft.
111 Ein Knabe trug den Krug mit Wein. Der Kinder Blick
112 Hangt schreckensstarr am Gast und hangt am Herd entsetzt ...
113 Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.

114 Marius

115 - "Verdammt! Dasselbe Wappen! Dieser selbe Saal!
116 Drei Jahre sind's ... Auf einer Hugenottenjagd
117 Ein fein, halsstarrig Weib . . .

118 'Wo steckt der Junker? Sprich!' Sie schweigt.
119 'Bekenn!' Sie schweigt.
120 'Gib ihn heraus!' Sie schweigt.
121 Ich werde wild. Der Stolz! Ich zerre das Geschöpf ...

122 Die nackten Füße pack ich ihr und strecke sie
123 Tief mitten in die Glut ... 'Gib ihn heraus!' ... Sie schweigt ...

124 Sie windet sich ... Sahst du das Wappen nicht am Tor?
125 Wer hieß dich hier zu Gaste gehen, dummer Narr?
126 Hat er nur einen Tropfen Bluts, erwürgt er dich."

127 Jana

128 Eintritt der Edelmann.

129 Tobias

130 "Du träumst! Zu Tische, Gast ..."

131 Nina

132 Da sitzen sie. Die drei in ihrer schwarzen Tracht
133 Und er. Doch keins der Kinder spricht das Tischgebet.
134 Ihn starren sie mit aufgerissnen Augen an -
135 Den Becher füllt und übergießt er, stürzt den Trunk,
136 Springt auf: (Umfallendes Glas)

137 Marius

138 "Herr, gebet jetzt mir meine Lagerstatt!
139 Müd bin ich wie ein Hund!"

140 Nina

141 Ein Diener leuchtet ihm,
142 Doch auf der Schwelle wirft er einen Blick zurück
143 Und sieht den Knaben flüstern in des Vaters Ohr ...
144 Dem Diener folgt er taumelnd in das Turmgemach.

145 Jana

146 Fest riegelt er die Tür.(Tür riegeln) Er prüft Pistol und Schwert.
147 Gell pfeift der Sturm. Die Diele bebt. Die Decke stöhnt.
148 Die Treppe kracht .. . Dröhnt hier ein Tritt? ... Schleicht dort ein
149 Schritt? ... (Schritte)
150 Ihn täuscht das Ohr. Vorüberwandelt Mitternacht.

151 (12 Glockenschläge)

152 Auf seinen Lidern lastet Blei, und schlummernd sinkt
153 Er auf das Lager. Draußen plätschert Regenflut. (Regengeräusch)
154 Er träumt.

155 Marius

156 "Gesteh!" Sie schweigt. "Gib ihn heraus!" Sie schweigt.
157 Er zerrt das Weib. Zwei Füße zucken in der Glut.
158 Aufsprüht und zischt ein Feuermeer, das ihn verschlingt ...

159 Tobias

160 - "Erwach! Du solltest längst von hinnen sein! Es tagt!"

161 Jana

162 Durch die Tapetentür in das Gemach gelangt,
163 Vor seinem Lager steht des Schlosses Herr - ergraut,
164 Dem gestern dunkelbraun sich noch gekraust das Haar.

165 Nina

166 Sie reiten durch den Wald. (Pferdegetrappel)
167 Kein Lüftchen regt sich heut.
168 Zersplittert liegen Ästetrümmer quer im Pfad.
169 Die frühsten Vöglein zwitschern, halb im Traume noch.

170 (Vogelzwitschern)

172 Friedsel'ge Wolken schwimmen durch die klare Luft,
173 Als kehrten Engel heim von einer nächt'gen Wacht.
174 Die dunkeln Schollen atmen kräft'gen Erdgeruch.
175 Die Ebne öffnet sich. Im Felde geht ein Pflug.
176 Der Reiter lauert aus den Augenwinkeln:

177 Marius

178 "Herr,
179 Ihr seid ein kluger Mann und voll Besonnenheit
180 Und wisst, dass ich dem größten König eigen bin.
181 Lebt wohl. Auf Nimmerwiedersehn!"

182 Nina:

183 Der andre spricht:

184 Tobias

185 "Du sagst's! Dem größten König eigen! Heute ward
186 Sein Dienst mir schwer ... Gemordet hast du teuflisch mir
187 Mein Weib! Und lebst! ... Mein ist die Rache, redet Gott."

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