Zu den Berufen I.

Ein Beitrag von Sven Saar

Der Polizist      

Abends dreht er seine Runden
in den stillen dunklen Stunden,
dass sich hier kein Bösewicht
um die Häuserecken schleicht,
tut er sorgsam seine Pflicht,
fällt's ihm auch nicht immer leicht:

Denn ein Polizist braucht Mut,
meint es mit den Menschen gut,
ist mit Herz und Höflichkeit
uns zu helfen stets bereit.

 

 

Der Architekt     

Was ein jeder Bau bezweckt,
Kirche, Scheune, Bürgerhaus,
weiß und plant der Architekt,
zeichnet, rechnet vorher aus:

Steh'n die Türme gegen Stürme?
Spitz das Dach? Oder flach?
Welche Balken? Wand einkalken?
Großes Tor? Hof davor?

Vieles muss der Meister wissen,
will er gerade Wände bauen:
Seiner guten Planung müssen
Alle, die hier wohnen, trauen.

 

 

Der Fährmann      

Von dort nach hier, von hier nach dort,
vom Ufer links zum rechten Ort,
stets wart ich auf's geruf'ne Wort:
„He, Fährmann! Setz' er über!"

Breit ist der Strom, hier ist kein Steg
Und jeden Wand'rer führt sein Weg,
wo ich mich in die Riemen leg':
„He, Fährmann! Setz' er über!"

Den Menschen will ich Helfer sein -
So wart' ich hier, tagaus, tagein,
bis ich sie hör, vom Ufer schrei'n:
„He, Fährmann! Setz' er über!"

 

 

Der Zuckerbäcker       

Sahne, Mandel, Aprikosen,
Torten mach' ich, Schokoringe,
Blätterteig und Zuckerrosen
Und noch and're leck're Dinge!

Doch den Rat will ich dir geben:
Still' den Hunger nicht am Süßen!
Um gesund und gut zu leben,
musst du Herbes auch genießen.

 

 

Der Töpfer        

Schwere Klumpen, harten Lehm,
aus der roten Erde
grub ich, las die Kiesel aus,
dass er geschmeidig werde.

Surrt mein Rad, das Wasser läuft,
wächst in meiner Hand
aus feinem Ton der Becher schon,
wird bald heiß gebrannt.

Aus dem Ofen, prüf ich ihn,
werd' ihm Farbe geben;
ist er hart und wohl glasiert,
hält er ein ganzes Leben!

 

 

Der Goldschmied        

Kühles Silber, warmes Gold,
Kupferblatt, fein ausgerollt,
kombiniert mit leuchtend feinen,
strahlend bunten Edelsteinen,
mag der Mensch, dass er sich schmücke.

Und solch kunstvoll schöne Stücke,
Broschen, Bänder, Ketten, Ringe,
Kronen, Zepter, edle Dinge,
fertigt in der Werkstatt hier
mit Geschick der Juwelier.

 

 

Der Dachdecker         

Hier oben, kaum weht mir der Wind um die Nase,
da lach' ich und wünsche der Welt guten Morgen.
Wenn ich die Ziegel mit ruhiger Hand fasse,
dann geht es mir gut und ich kenn' keine Sorgen.

Noch liegt der Dachstuhl ganz offen dem Wetter,
doch müh' ich mich fleißig und hab' ihn bald zu;
Wenn ich mit sicherem Tritt steh' und kletter',
dann bringt mich kein Ding in der Welt aus der Ruh'.

 

 

Der Minnesänger   

Was ich erschaff', könnt ihr nicht seh'n,
nicht fassen, aber hören!
Habt gut acht: wie wunderschön
mag euch mein Lied betören:

Es klingt so hell wie Sonnenlicht,
wenn ich die Saiten greife;
Es singt mein Herz, ich sorg' mich nicht,
wenn ich mit Minne und Geschicht'
durch grüne Länder streife.

 

 

Der Schäfer       

Still und glücklich steh' ich wachend,
lasse meine Augen schweifen
und die guten, treuen Hunde
sorgsam um die Herde streifen.

Geht's ans Scheren, greif' ich sicher,
krieg die Schafe gut zu fassen,
und sie wissen, auf den Hirten
können sie sich stets verlassen.

 

 

Der Bauer    

Der Hahn kräht, dass die Balken zittern -
Kühe melken, Hühner füttern,
Stiefel an und in den Beeten
ernten, harken, Unkraut jäten.

Nach dem Frühstück Traktor starten,
frischgepflügte Felder warten
auf die Egge und die Saat:
Bohnen, Erbsen, Kohl, Spinat.

Gut geht's, was ein jeder weiß,
uns nur durch des Bauern Fleiß!

 

 

Der Jäger

Frischauf in den Wald gezogen,
Keiler jag' ich, Reh und Hirsch!
Grad der Pfeil, gespannt der Bogen,
geh' ich leise auf die Pirsch:

Spitz' die Ohr'n auf grüner Flur,
scharf der Blick und weich der Fuß,
konzentriert auf's Zielen nur,
weil der Schuss gut treffen muss!


 

Der Schneider     

Es springt behänd die Nadel spitz
hinein, hinauf, entlang der Naht,
bei Sonnenlicht im Schneidersitz
durch Linnen rau und Seide glatt.

Ein Stoff ist warm, ein and'rer kühl,
ein dritter fest, ein vierter zart -
der Schneider hat es im Gefühl:
ein jeder wirkt auf seine Art.

Es prüft das Aug', es fliegt die Hand;
Am wichtigsten ist doch allein:
Ob Arbeitskluft, ob Festgewand:
Schön muss es sein!

 

 

Der Medikus       

Kommt zu mir mit Schmerzen,
Unwohlsein und Weltverdruss,
bin von ganzem Herzen
Heiler, Helfer, Medikus.

Kenn' so manches gute Kraut,
braue Balsam für die Haut,
nähe Wunden zu mit Garn,
zieh' dir auch den faulen Zahn.
Hast du dir etwas gebrochen,
Schiene ich die armen Knochen.
Kommst du bleich mit schwachen Klagen,
kriegst du Tee für deinen Magen.

Kommt zu mir von nah und fern,
Doktor bin ich, helf' euch gern!

 

 

Der Fischer       

Kühl die Gischt im Gesicht!
Davor fürcht' ich mich nicht!
Hebt und senkt sich das Schiff,
Steh' und lenk' ich zum Riff -
Dran vorbei! Denn mein Arm
Steuert sicher zum Schwarm,
und hier tauch ich mein Netz in die Flut.

Es füllt sich mit frischen,
hell-silbrigen Fischen -
für Geduld ist's mein Lohn, und für Mut!

 

 

Der Maurer             

Scharfer Kalk und Sand mit Kieseln,
kühles Wasser lass' ich rieseln,
Misch' sie gut und mach daraus
Mörtel für mein neues Haus.

Reih' um Reih' von Ziegelsteinen
gleichen sich wie Zwillingsbrüder,
und geduldig leg' ich einen
gerade auf dem andern nieder.

Saub're Arbeit, ruhige Hand:
Fest und gut steht meine Wand!

 

 

Der Gerber        

Dies und jenes braucht ein Jeder,
das gefertigt ist aus Leder -
ob glatt, ob rau, ob dunkel, hell,
anfangs war es nur ein Fell,
das getrocknet war und hart.

Heute ist es zäh und zart -
Das hat meine Kunst vollbracht:
hat das Spröde weich gemacht!

 

 

Der Schuster           

Hurtig klopft mein Hämmerlein,
spitz ist meine Nadel,
stark der Leim und dick die Sohle,
ohne jeden Tadel -

Ehrlich Handwerk mach ich dir,
sollst gut auf der Erde steh'n,
und mit schönen, festen Schuhen
aufrecht durch das Leben gehen.

 

 

Der Pflüger       

Auge wach! Zunge schnalzt!
Ochsen fest im Zug!
Starker Arm führt saub're Bahn,
gerade gräbt der Pflug.

Reih' um Reih' dreht sich die volle,
silbrigschwarze, schwere Scholle;
Feld um Feld wird gut das Land
Dank des Pflügers sich'rer Hand.

 

 

Der Glockengießer      

In die Form, aus Lehm gebrannt,
muss die Legierung fließen.
Mutig nun, mit sich'rer Hand
lasst uns die Glocke gießen.
Jetzt Geduld! Gut Ding braucht Zeit!
Das Werkstück muss gelingen,
wenn's vom Kirchturm hoch und weit
mit hellem Lied soll klingen.

 

 

Die Kräuterfrau        

Viele Menschen zu mir eilen
in das Haus der Kräuterfrau -
weiß zu raten und zu heilen,
welches Kraut hilft wo genau:

Schafgarbe kann Fieber senken,
Bauchweh lindert die Kamille,
Rosmarin will Frische schenken,
Ringelblume Wunden stille;

Bist du müde auf den Straßen,
leg dir Beifuß in die Schuhe,
und wenn Sorgen dich erfassen,
gibt der Baldrian dir Ruhe.

Weise ist sie, die Natur,
hat für alles eine Kur.

 

 

Der Schreiber

Sorgsam fährt die Tintenfeder:
Auf dem schweren Briefpapier
Formt sie Linien, Kreise, Schlaufen,
die mit Schnörkeln ich verzier.
Bin ein vielstudierter Mann,
hab mein Handwerk wohl geübt -
Weil ich freudig lesen kann,
hab ich Bücher stets geliebt.
Ruhig und gerade zieht die Hand
Feder, Farben, Bleistiftmine;
Bin als Schreiber wohlbekannt
Vielen, denen ich so diene.

 

 

Der Schreiner

Ganz genaues, feines Sägen,
hochpräzises Messen,
sicher in den Schraubstock legen,
Spannholz nicht vergessen.
Welch ein Baustoff ist das Holz!
Warm und weich, doch hart und stark!
Jedes Werkstück macht mich stolz,
kaum mich davon trennen mag.
Tische, Stühle, Hocker, Bänke,
Wandregale, Kleiderschränke,
Türen, Truhen, Rahmen, Spiegel -
Alles hat mein Gütesiegel!

 

Der Lotse

Aufgepasst! Hellwach geblieben!
Hast du Dienst, darfst du nicht schlafen!
Manch ein Frachter kommt getrieben,
der den Weg nicht kennt im Hafen.
Dann bist du dran, kennst dich aus:
Mit der Lotsen-Nuckelpinne
Führst du ihn aufs Meer hinaus
Oder zeigst die Einfahrtsrinne,
siehst so manchen Kapitän
oben fern am Ruder steh'n.
Tanker, Fähren und Barkassen
Können sich auf dich verlassen.

 

Die Blumenfrau

Gut drei Dutzend Blumenarten
wachsen hier in meinem Garten
und gedeih'n in meiner Pflege
artig links und rechts der Wege.

Freche Tulpen, zarte Rosen,
edle Lilien, Herbstzeitlosen -
hab' zu jeder Jahreszeit
herrliche Bouquets bereit.

Weiß die Blüten fest zu binden,
passend dazu Grün zu finden,
bring mit duftend-frischem Strauß
Fröhlichkeit in jedes Haus!

 

 

Der Wächter       

Hört, ihr Leut', und lasst euch sagen:
Ruhig und friedlich liegt die Stadt,
weil in mir ein guter Wächter
jede Nacht die Aufsicht hat.

Menschen schlummern, ich bin wach,
ziehe mit der Stablaterne
meine Runden, und am Himmel
zieht der Mond und schlummern Sterne.

 

 

Der Förster       

Der Baumstamm knackt, er kracht, er fällt
in die geplante Richtung -
allmählich wächst in grüner Welt
die neue, helle Lichtung.
Des Försters Beil muss emsig sein,
denn vieles ist aus Holz:
vom Buntstift zum Piratenbein,
ob Balken groß, ob Streichholz klein,
die Arbeit ist wichtig,
und tut er sie richtig,
empfindet er ehrlichen Stolz.

 

 

Der Maler    

Wie wunderschön ist doch die Welt,
wie herrlich Gottes Gaben!
Damit die Erde uns gefällt,
schenkte er ihr Farben.

Was der Mensch hier selbst erschafft,
bringe ich zum Strahlen:
bunt erglänzt die Farbenkraft,
fang ich an zu malen.

 

 

Der Waffenschmied          

Funken sprühen,
Hämmer klingen,
Kohlen glühen,
Eisen singen;

Von der Stirne rinnt der Schweiß,
musst ihn aus den Augen wischen
und den Stahl, rotgolden heiß,
lass' in klarem Wasser zischen.
Scharfe Klinge, edles Schwert:
Meisterstück ist Goldes wert!

 

 

Der Mönch    

Hinter dicken Klostermauern
ist es friedlich stets und still;
Im Gebet die Mönche  kauern,
jeder hier, weil er's so will.

Dies ist ein Ort voller Sanftheit und Ruhe,
ein windstilles Eiland in stürmischer Welt!
Gott will vom Mensch, dass er Gutes tue
Und sich der Missgunst entgegenstellt.

 

 

Der Schornsteinfeger

Links schwarz, rechts schwarz, vorne, hinten,
Nur ganz oben ein Punkt Licht!
In den engen Schlot zu steigen,
trau'n sich viele Helden nicht!

Sorgsam müh' ich mich nach oben,
bürstend, hustend, voller Ruß,
Jeder liebt den Schornsteinfeger!
(Und die Braut kriegt einen Kuss).

 

 

Der Koch     

Herrlich steigen aus den Töpfen
Würzig-frische Wohlgerüche!
Schneiden, rühren, waschen tu' ich,
Ordnung herrscht in meiner Küche.

Von den Märkten, schwer beladen,
komm' ich und beginne früh,
zaub're aus den guten Sachen
euch ein leckeres Menü.

 

 

Der Wagner        

Hier entsteht ein neuer Wagen:
Ladefläche, Rad und Speiche
Sind aus guter, starker Eiche,
sollen schwere Lasten tragen.

Deichsel vorn für treue Pferde,
die ihn ziehn durch enge Gassen,
über Felder, breite Straßen,
dass die Fracht geliefert werde.

Ist die Arbeit gut gelungen,
wird er viele Jahre dienen,
sauber rollen wie auf Schienen,
Kutschbock hoch und schön geschwungen.

 

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