Kleine Geschichte der Papierherstellung

Ein Beitrag von Helmut Weigand

Die Geschichte der Papierherstellung ist eine faszinierende Reise durch die Jahrtausende, die einen bemerkenswerten Weg von den Höhlenzeichnungen bis hin zu den heutigen digitalen Medien dokumentiert. Vor der Entwicklung von Papier gab es verschiedene Materialien, die als Schreibunterlagen dienten.

Stein und Ton
Die frühesten Formen der Schrift wurden auf Stein gemeißelt oder auf Ton eingeritzt, was eine dauerhafte Aufzeichnung ermöglichte, aber auch schwer und unhandlich war.

Papyrus
Dann kam der Papyrus, eine im antiken Nildelta verbreitete Pflanze. Der Stängel der etwa drei Meter hohen Pflanze wurde in Stücke von etwa 40 cm Länge geschnitten, dann wurde der Bast entfernt und das Mark in dünne Lamellen aufgespalten. Diese Streifen wurden auf einer glatten Unterlage nebeneinandergelegt und mit einer zweiten Schicht kreuzweise bedeckt. Der natürliche Pflanzensaft diente als Bindemittel. Durch das Zusammenkleben dieser Blätter entstand eine lange Papyrusrolle, die dann aufgerollt und verschnürt wurde. Papyrus war bereits in der Römerzeit äußerst kostspielig und unterlag hohen Steuern.

Pergament 
Nach dem Fall Roms verboten die Sarazenen den Papyrusexports ins Abendland, wodurch die Notwendigkeit bestand, nach Alternativen zu suchen. Das Pergament aus Tierhäuten, insbesondere von Schafen, Ziegen oder Rindern, etablierte sich als bevorzugtes Material für wichtige Schriften. Die Methode der Pergamentherstellung wurde aus der griechischen Stadt Pergamon überliefert. Pergament erwies sich als äußerst haltbar und prägte die Geschichte des Schreibens und Lesens maßgeblich. Die Herstellung von Pergament war eine aufwendige Prozedur, die das Abziehen, Trocknen und Glätten der Tierhaut umfasste. Diese Schriftunterlage war äußerst haltbar und wurde vor allem für Urkunden und andere bedeutende Dokumente verwendet.

Papier
Die Herstellung von Papier begann schließlich in China um 105 n. Chr., wobei Hanf und andere pflanzliche Materialien verwendet wurden. Diese frühen Papiere waren grob und saugten viel Flüssigkeit auf, was die Tinte ein wenig verlaufen ließ. Aber sie boten eine kostengünstigere und leichter herzustellende Alternative zu Pergament und Papyrus. Mit der Zeit wurden verschiedene Verbesserungen eingeführt, darunter die Zugabe von Stärke, um das Papier glatter und weniger saugfähig zu machen.

Lumpensammler
Nach Europa gelange das neue Schreibmaterial erst viel später. Mehr als 1.000 Jahre dauert die Reise des Wissens von China bis auf unseren Kontinent. In Europa folgte man zunächst der Tradition der arabischen Papierherstellung und verwendete Materialien wie Hanf, Flachs und sogar Nesseltuch. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert kannte man den Lumpensammler, der durch die Straßen der Städte ging und alte Stoffreste und Lumpen sammelte. In der Regel trug der Lumpensammler selbst abgenutzte, oft zerfetzte Kleidung, die er aus den von ihm gesammelten Lumpen zusammengestellt hatte. Sein Erscheinungsbild war oft von Armut gezeichnet, und er wurde manchmal als eine traurige oder düstere Figur wahrgenommen, die am Rand der Gesellschaft lebte.

Starker Gestank
Geeignet waren nur Textilien aus Pflanzenfasern, wobei der größte Teil aus Leinen bestand, das aus Flachs oder Hanf hergestellt wurde. Um den Jahresbedarf von nur einer Schöpfbütte zu decken, waren die abgetragenen Kleidungsstücke (z.B. Unterwäsche und Hemden) von 1.500 Menschen erforderlich. 

Die erste Bearbeitung fand in der Lumpenkammer statt, wo Frauen und Kinder die Lumpen zerkleinerten, sortierten und reinigten. Diese Arbeit war nicht nur durch den starken Geruch unangenehm, sondern führte auch aufgrund von Staub und Schmutz oft zu Infektionskrankheiten wie Milzbrand. In separaten Faulkellern ließ man die Lumpen dann einige Wochen lang auf einem Haufen liegen. Durch diesen Prozess erwärmten sie sich und bildeten Schimmel und Schleim. Der Haufen wurde regelmäßig gewendet. Durch den Fäulnisprozess wurden Farbstoffe und Verschmutzungen gelöst, und die Fasern wurden weich und mürbe, was ihre weitere Verarbeitung erleichterte.

Erste Papiermühle
Die erste Papiermühle in Deutschland entstand im späten 14. Jahrhundert bei Nürnberg, und wegen ihres unangenehmen Geruchs und Lärms wurden solche Produktionsstätten häufig außerhalb der Städte errichtet. In den vorindustriellen Papiermühlen war das Stampfwerk die älteste Maschine zur Herstellung von dem Faserbrei für die Papierproduktion. Angetrieben von einem Mühlrad schlugen bei vier Stampflöchern jeweils drei bis vier Hämmer pro Loch auf die Lumpenreste ein, um sie zu zerfasern, während sie mit Wasser vermischt wurden.

Herstellungsverfahren
In den Papiermühlen wurde das Papier in Handarbeit hergestellt. Der Handwerker tauchte ein Sieb mit abnehmbarem Rand in den Papierbrei. Beim Entfernen des Siebes entstand ein Faservlies. Anschließend übergab der Handwerker das Sieb an den Presser, der das frische Papierblatt auf einem Filztuch presste. Ein weiteres Filztuch wurde vom Presser für den nächsten Schritt bereitgelegt. Der fertige Stapel aus Papierbögen und Filztüchern wurde dann in einer großen Presse entwässert. Das Trocknen des handgeschöpften Papiers erforderte viel Platz. Mehrstöckige Speicher zum Aufhängen der Bögen waren üblich für Papiermühlen.  Nach dem Trocknen wurden die Bögen weiterbehandelt, oft durch Leimen, um das Verlaufen der Tinte zu verhindern. 

Neue Verbesserungen
Bis zum 19. Jahrhundert blieb Papier ein knappes und teures Gut, hergestellt aus begrenzten Rohstoffen wie Hadern und Lumpen alter Kleider. Die Entdeckung des Holzschliffs durch Friedrich Gottlob Keller im Jahr 1843 revolutionierte jedoch die Papierindustrie. Dieses einfache Verfahren, bei dem Holz unter Zugabe von Wasser abgeschliffen wurde, führte zu einer vollständigen Umstellung auf Holz als Rohstoff für die Papierherstellung, was die Produktion deutlich effizienter machte.

Die Entwicklung von Papier hat einen bedeutenden Einfluss auf die Weitergabe von Wissen und Informationen gehabt. Von den frühen Schreibtafeln und Papyri bis hin zu den gedruckten Büchern hat Papier eine unersetzliche Rolle in der menschlichen Kommunikation gespielt.

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