Fußböden
Bericht einer Bauersfrau
(Um 1910)
Ganz früher, als ich noch Kind war, da kannte man keine richtigen Fußböden. In der Küche war der Fußboden, so wie ich mich gut zu erinnern weiß, aus Kalkgrütze. Das war der Abfall von Kalk, der in der naheliegenden Kalkgrube genug zu haben war. Die Kalkgrütze war mit Lehm eingestampft. Es war ein ganz fester Boden. Jeden Morgen wurde die Küche mit dem großen Reiserbesen, von Birkenreisern gemacht ("Riserbessen"), ausgefegt. Dann wurde weißer Sand gestreut ("Köckensand"). Nicht überall war Küchensand vorhanden. Hier in Alstätte war gar kein Sand zu finden, wenn man spatentief im Boden war, so hatte man Lehm. So holten die Leute Sand von Lunten, eine gute Stunde von hier. Da war wirklich schöner weißer Sand. Man musste wohl sparsam damit umgehen, denn das Holen kostete viel Zeit und Arbeit. Es sah immer in der Küche sauber aus, wenn frischer Sand gestreut war, wenn der Sand vom langen Liegen am Haufen ausgetrocknet war, so mischte man jedesmal etwas Wasser unter. Dann ließ er sich wieder schön ausstreuen. In den Schlafstuben waren dieselben Fußböden. Oben die Decken ("Söller") waren aus Holz. Meistens war es Eichenholz. Im Herbst, wenn es dem Winter zu ging, wurde obenauf viel Stroh gepackt, damit die Kälte nicht hereinkam.
Auch Tapeten kannte man dazumal noch nicht. Die Wände wurden mit flüssigem Kalk gestrichen. In den Kalk gab man eine blaue Farbe, so bekam dann das Ganze eine himmelblaue Farbe. Man musste wohl zwei- oder dreimal überstreichen, damit der Ruß überdeckt wurde. Im Winter wurde ja viel geheizt am Herdfeuer, dass die Wände gelb von Ruß ("Roat") waren. Das Kalken geschah vielfach zu Ostern. Dann war alles mal wieder frisch.
Im Jahre 1918 haben wir ein neues Wohnhaus gebaut. Zu damaliger Zeit eine Seltenheit. Da wurde nun die Küche mit Platten ausgelegt. Es waren weiße und schwarze Platten in Größe von 15 x 15 cm. In zwei Zimmer kamen Fußböden aus Holz, was man kaufen konnte. In die anderen Zimmer kam ein Zementboden. Der Zementbaden wurde mit roter Farbe vermischt. Der Zementboden wurde ganz abgeglättet. Es waren schon immer Maurer da, die diese Sache gut verstanden. Nun konnte man ja überall schrubben. Es gab schon grobe Schrubber zu kaufen. Man gebrauchte vielfach zum Schrubben Lauge, die von der Wäsche übrig geblieben war, oder man machte sich frische Lauge von Holzasche. Mit klarem Wasser wurde aufgenommen.