Vom Brotbacken in früherer Zeit

Bericht einer Bauersfrau

Um 1910-1925

Der Backofen

Der Backofen stand bei uns draußen auf dem Hof an einer geschützten Stelle, etwa 20 m vom Haus entfernt. Er hatte ein besonderes Schutzdach aus Ziegel. Wir nannten den Backofen "Brotowen". Er war aus Backsteinen und Lehm ge­baut, und war auf großen Bentheirner Steinen aufgebaut. Der Backofen sah aus wie ein kleines Haus.  Vorne hatte er eine runde Öffnung mit einer eisernen Tür zum Schließen und Aufmachen. Die Tür hatte eine Klinke zum Aufheben und Niederlassen in einen seitlich eingelassenen Haken. Der Ofenboden war auch aus Backsteinen.  Das Bauen von Backöfen konnte damals wohl jeder Maurer. 

Das Einheizen ("dat Inböten")

Das Einheizen des Backofens wurde meist von der Bäuerin gemacht. Sie konn­te dann nebenbei auch noch andere Hausarbeiten verrichten. Es war auch im­mer gut, wenn es ein und dieselbe Person machte. Drei Stunden vor dem Backen wurde der Ofen angemacht.

Das Brennmaterial

Der Backofen musste mit gutem trockenen Brennmaterial geheizt werden. Am besten eigneten sich hierfür Buchenbuschen und Eichenbuschen. Da musste ziem­lich viel dickes Holz drin sein. Man konnte mit Buschen den Ofen am besten anmachen, weil zwischen dem dicken Holz auch wohl noch etwas dünnes Holz war. Das Holz wurde auf eine Lage Stroh gelegt und angezündet, und im Nu brannte das Feuer. Man konnte immer nachlegen.

Ofenproben

Der Backofen musste so lange geheizt werden, bis er inwendig ganz weiß war. Es durfte sich nirgendwo ein schwarzer Punkt zeigen.

Das Auskehren des Ofens

Die Bäuerin kehrt Glut und Asche aus dem Ofen. Es geschieht mit einem senkrechten, oben halbkreisförmigem Brett, was auf einer langen Stange befestigt ist, "Krasser" genannt.   Glut und Asche fallen in ein Loch, das unten vor dem Backofen sich befindet  ("Aschkelok").
Nach dem Auskehren wird der Ofen ausgewischt. Es wird dieselbe Stange wie­der gebraucht. Um das Brett wird ein nasser Aufnehmer geschlagen ("Uobmschlatt"). Und nun wird gewischt, der ganze Ofen. Öfters wird der Aufneh­mer in einen bereitstehenden Eimer mit kaltem Wasser getaucht. Nun ist der Ofen fertig zum Broteinschieben.

Die Asche

Früher wurde die Asche erst gesiebt, dann gekocht. Dann gebrauchte man sie zum Wäsche-Büken, und im Ersten Weltkrieg wurde sie regelrecht zum Waschen und zum Scheuern verwendet, weil damals nichts zu haben war zum Waschen. Diese Lauge war sehr fett und reinigte gut. Am besten geeignet war Asche von Buchenholz ("Bökenholt"). Asche wurde auch als Dünger über die Weide ver­streut.

Das Bratbacken

Jede Woche wurde einmal Brot gebacken. Meistens sieben Stück, wir nannten dieses Brot  "Stuten". Es wurde zu 2/3 aus Weizenmehl und 1/3 aus gebeutel­tem Roggenmehl gebacken. Der Brotteig wurde in der Mehlkammer in einem Trog fertig gemacht.

Die Teigbereitung

Das tägliche Brot wurde mit Hefe zubereitet. Das Mehl zum Backen lag fertig im Trog. Nun wurde in der Mitte ein Loch gemacht von ungefähr 20 cm Durch­messer.  Hierein kommt nun die angesetzte Hefe mit warmer Milch und soviel Mehl vermischt, dass es ein flüssiger Teig ist. Nun wird alles warm zugedeckt mit warmen Decken, Säcken, alten Federkissen. Man klappt den Trog zu, und alles muss nun 1 bis 1 1/2 Stunden ruhen. Dann wird das Ganze vermengt mit warmer Milch. Jetzt kommt auch das nötige Salz hinzu. Es muss feste mit bei­den Fäusten geknetet werden, bis der Teig geschmeidig ist. Die Bäuerin macht das ganz alleine. Nun deckt man noch einmal alles warm zu und lässt das Gan­ze noch fast eine Stunde ruhen zum Aufgehen.

Das Ausformen der Laiber

Zunächst müssen Tür und Fenster gut geschlossen bleiben, dass keine Zugluft hereinkommt. Nun werden die Brote mit einem Messer in der gewünschten Größe abgestochen. Jetzt werden die Brote einzeln auf einem Tisch, der mit Mehl bestreut ist, in ovaler Form ausgerollt. In der Mitte wird mit einem scharfen Messer ein Strich gezogen.

Das Brot im Ofen

Das Brot liegt nun fertig auf dem Tisch zum Einschieben in den Ofen. Es wird warm zugedeckt und schnell zum Ofen gebracht. Es darf keine Kälte darankom­men. Nun wird jedes Brot einzeln mit dem Brotschieber, der ebenfalls gut mit Mehl bestreut wird, in den Ofen geschoben. Sie müssen so liegen, dass sie nicht beim Backen aneinander kommen, denn so kann man sie am besten wieder herausziehen. Jetzt wird die Tür vom Backofen zugemacht, und das Brot ist nach 1 1/2 Stunden gar.

Das Herausholen der Brote

Wenn das Brot gar ist, es hat meistens eine schöne braune Farbe, dann wird es wieder mit dem Brotschieber ("Brotschüwer") herausgeholt. Man sagt hier­für "Stuten ut denn Owen trecken", wenn das Brot seine bestimmte Zeit im Ofen gewesen ist und der Ofen richtig geheizt worden ist, dann kann beim Backen nichts schief gehen.  Die Brote werden an einem kühlen Ort auf eine Bank gelegt.

Feinbäckerei

An Feinbäckerei im Backofen weiß ich mich nicht zu erinnern. Nur das eine: Beim Stutenbacken wurde immer für jedes Kind ein Apfelstuten mitgebacken, so lange wie Äpfel da waren. Jeder ganze Apfel wurde mit Stutenteig umwickelt und mitgebacken. Für die damalige Zeit ein Leckerbissen.

Die Pumpernickelbäckerei

Früher wurde auf jedem Bauernhof der Pumpernickel selbst gebacken. Wir sa­gen noch bis auf den heutigen Tag "Brot" dafür, und für das weiße Brat sagt man Stuten. Ich kann mir das Backen von Pumpernickel noch haargenau vor­stellen.

Er wurde aus ungebeuteltem Roggenschrot qebacken. Den Teig machte man ebenfalls im Trog fertig. Man braucht so viel Mehl, dass man Brot für 14 Tage genug hatte. Es ging so ungefähr um 100 Pfund.  Jedes Brot wog nach dem Backen 10-12 Pfund. Das Mehl wurde einen ganzen Tag vorher angesäuert. Das ging folgendermaßen. Das ganze Mehl lag ja im Trog. Hierein wurde ein großes flaches Loch gemacht, so ungefähr 50 cm Durchmesser.  Da hinein schüttete man warmes Wasser. Es durfte ruhig so heiß sein, dass man die Hand noch gut herein­halten konnte. Nun wurde rundherum im Loch das Mehl mit Wasser vermengt, bis es ein dicker Brei war. Nun wurde alles auch warm zugedeckt. Der Trog wurde zugemacht, und alles ruhte bis zum nächsten Tag. Ich möchte noch ne­benbei bemerken, dass das Backen von Pumpernickel nur Männersache war, Stutenbacken für die Bäuerin. Am nächsten Tag kurz vor Abend wurde der Brot­teig fertiggemacht. Das ganze Mehl wurde nun mit dem Sauerteig durchsetzt. Es geschah mit einem eisernen Bratspaten. Größe des Spatens 20 x 20 cm und viereckig, mit einem eisernen Stiel von 60 cm Länge, daumendick. Oben mit einem Griff zum Durchfassen. Es kam laufend kaltes Wasser hinzu. Wenn nun alles gut durchfeuchtet war, musste lange geknetet werden, und das geschah mit den Füßen. Diese wurden aber zunächst sauber gewaschen. Die Hosen wurden bis zum Knie aufgekrempelt, und nun wurde der Teig über eine halbe Stunde getreten, so lange, bis kein Teig mehr an den Füßen kleben blieb. Ab und zu kam auch noch kaltes Wasser hinzu. War nun der Teig soweit fertig, so wurde er viereckig mit dem Spaten aufgehäufelt und fest geschlagen. Der Spaten wurde öfters in kaltes Wasser getaucht. Die oberste Seite wurde ganz glatt gestrichen mit dem Spaten. Nun wurde der Teig mit Strichen eingeteilt der Länge und Breite nach, gerade soviel Brote man haben wollte. Dann wur­den die Brote mit dem Spaten ganz akkurat abgestochen und auf den Tisch ge­legt, der mit Weizenkleie bestreut war. Jedes Brot wurde auch rundherum mit Kleie bestreut. Nun war alles fertig zum Einsetzen in den Ofen. Der Backofen war auf gleiche Weise geheizt und gereinigt worden wie beim Stutenbacken. Das Brot wurde mit dem Brotschieber eingesetzt, so, dass die Brote beim Backen nicht aneinanderkamen. Jetzt wurde der Backofen zugemacht und die Tür mit Brotteig beklebt. So konnte keine Hitze verlorengehen. Das Brot blieb sitzen bis zum nächsten Morgen. Dann wurde es mit dem Brotschieber aus dem Ofen gezogen. Man nannte es "Brot uttrecken". Die Brote wogen 8-10 Pfund, sie waren 10-12 cm hoch und etwa 50 cm lang. Sie wurden an einem kühlen Ort aufbewahrt. Es war immer am schönsten, wenn der Roggen hierfür gut aus­gereift trocken heimgekommen war. Der Name Pumpernickel muss wohl aus der Franzosenzeit herrühren, so wie früher die alten Leute erzählten. Heute wird kein Brot mehr selbst gebacken.

Andere Verwendung des Backofens

Der Backofen fand auch nach andere Verwendung. Er wurde gerne gebraucht zum Trocknen von Obst, besonders Birnen. Sie wurden in Viertel geschnit­ten, das Kerngehäuse herausgemacht und kamen auf hölzerne Roste, die man auch selbst anfertigen konnte. Wenn nun das Brot aus dem Backofen kam, so wurde gleich das Obst eingeschoben. Es blieb wohl ein paar Tage darin, denn der Ofen zeigte immer noch Wärme.

Auch zum Trocknen von Flachs war der Ofen ganz besonders geeignet. Wenn das Brot ausgezogen war, kam gleich der Flachs herein, bündelweise. Der Ofen wurde ganz voll davon gestopft. Gleich am nächsten Tag ging es ans Flachsbraken. Der Flachs war nun durch und durch trocken, und das gab eine große Arbeitserleichterung.

Sogar bei Hochzeiten wurde der Backofen in Anspruch genommen. Es wurden darin große Platten mit Fleisch gebraten. Nun weiß ich nicht genau, wie stark der Ofen geheizt wurde. Das Fleisch war über Nacht im Ofen, und es war immer schön weich und knusprig gebraten.

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