Der Kompass

Die Erkenntnis, dass sich Splitter von Magneteisenstein in die Nord-Süd-Richtung drehen, war in Europa seit der griechischen Antike und in China seit der Zeit der Streitenden Reiche bekannt. Die Chinesen benutzten seit dem 3. Jahrhundert eine schwimmende Kompassnadel (nasser Kompass), die Südweiser genannt wurde. Tatsächlich zeigt der chinesische Kompass nicht nach Norden, sondern nach Süden.

 

In China

Die älteste verlässliche Quelle eines Kompass' dürfte der im 4. Jahrhundert lebende Kiu-ku-tsi sein. Er erwähnt den Gebrauch des Südweisers bei Reisen in das Landesinnere und kennt auch die Anziehungskraft des Magneteisensteins auf das Eisen. In der blumenreichen chinesischen Sprache trägt der Magneteisenstein meist den Namen „Thsu-schy", was so viel wie "Liebender Stein" bedeutet. Warum er so heißt, erklärt uns eine andere überlieferte Quelle folgender­maßen: „Der Magnet zieht das Eisen an wie eine zärtliche Mutter ihre Kinder zu sich ruft, und aus diesem Grund hat er auch seinen Namen erhalten." Eine rein sachliche Er­klärung im Wörterbuch Schue-wen aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. gibt den Magnet als „Namen eines Steines" an, „mit dem man der Nadel die Richtung geben kann".

Der Kompass heißt bei den Chinesen zunächst „Sse-nan' (Südweiser), dann später einfach „Tschin", die Nadel. Auffallend ist dabei, dass hier der Süden die dominie­rende Rolle spielt, während im Abendland die Nord­richtung maßgebend ist.

 

 

In Europa

In Europa wurde der nasse Kompass erstmals vom englischen Gelehrten Alexander Neckam etwa 1187 als eine magnetisierte schwimmende Nadel erwähnt, die unter Seeleuten in Gebrauch war. Es herrschen verschiedene Ansichten darüber, wo der Ursprung des europäischen Kompasses zu suchen ist. Nach heutiger Auffassung handelt es sich beim europäischen Modell um eine unabhängige Entwicklung, die weder von den Chinesen übernommen noch von den Arabern vermittelt worden war. Bei den Arabern lässt sich der nasse Kompass sogar erst einhundert Jahre nach Alexander Neckams Erwähnung nachweisen.

Die erste schriftliche Erwähnung einer trocken auf einem Stift spielenden Magnetnadel findet sich im Epistola de magnete von 1269, geschrieben von Petrus Peregrinus de Maricourt, womit der noch heute benutzte trockene Kompass erfunden war. Als vermeintlicher Erfinder gilt ein italienischer Seefahrer aus Amalfi, wo noch heute Flavio Gioia als „Erfinder des Kompasses" mit einem Denkmal am Hafen geehrt wird. 

Um das Jahr 1400 bauten europäische Seefahrer die trockene Kompassnadel und Windrose in ein festes Gehäuse ein, um es fest auf ihren Schiffen zu stationieren. Der trockene Kompass war sehr viel genauer als die instabil schwimmende Nadel der Chinesen und ermöglichte so eine bessere Navigation. Leonardo da Vinci schlug als erster vor, den Kompasskasten in einer Kardanischen Aufhängung zu platzieren, um so die Genauigkeit weiter zu verbessern. Ab 1534 wurde seine Idee praktisch verwirklicht und setzte sich während des 16. Jahrhunderts in ganz Europa durch, wodurch europäische Segelschiffe über die fortschrittlichste und exakteste Kompasstechnik der Zeit verfügten. Nach China kam der trockene Kompass etwa um das Jahr 1600 über Japan, das ihn von Spaniern und Portugiesen übernommen hatte.

 

Aufbau und Funktionsweise von Magnetkompassen

Der Magnetkompass besteht aus einem drehbaren Zeiger aus magnetischem Material und einem Gehäuse, in dem dieser Zeiger möglichst reibungsarm gelagert ist. Als Träger der Magnetnadel werden dazu z.B. abriebsichere Edelsteine, wie Rubin oder Saphir verwendet. Am Gehäuse oder dem Zeiger ist in der Regel eine Winkelskala angebracht. Der Zeiger selbst kann die traditionelle Form einer Nadel (Kompassnadel) haben.

Kompasskapseln sind in der Regel mit einer Flüssigkeit gefüllt, um die Bewegung der Nadel zu dämpfen. Dadurch vibriert sie bei Erschütterungen weniger, was das Ablesen erleichtert und Fehler verhindert, ohne dass dadurch das rasche Einschwingen verhindert wird. Dazu wird Öl verwendet, das nicht zum Rosten der Nadel führt und auch unter extremen Bedingungen nicht gefriert.

 

Verwirrung um Nord- oder Südpol

Immer wieder führt die Frage zu Verwirrung, ob im Norden der Erde nun der magnetische Nord- oder der magnetische Südpol liege. Ein Blick in die Geschichte hilft, den Sachverhalt zu verstehen.

Als man die magnetische Eigenschaft der Magnetit-Nadel entdeckte, nannte man das Ende der Nadel, das nach Norden zeigte, naheliegenderweise den Nordpol der Nadel. Erst sehr viel später erkannte man den Grund des Effekts und dass sich bei Magneten immer gegensätzliche Pole anziehen. Da war die Bezeichnung der Polarität aber bereits definiert. Die Erde hat im geographischen Norden also einen magnetischen Südpol.

 

Deklination

Da die Verbindungslinie der magnetischen Pole gegenüber der Erdachse um ca. 11,5° geneigt ist, liegen die magnetischen Pole derzeit etwa 2000 km von den geographischen Polen entfernt. Die magnetischen Pole verändern ihre Lage im Verlauf der Zeit, weil der Erdmagnetismus auf veränderlichen Strömungen im metallischen Erdkern beruht. Zusätzlich wird der Verlauf der magnetischen Feldlinien von den örtlichen geologischen Gegebenheiten (z. B. eisenhaltiges Gestein) beeinflusst. Diese beiden Faktoren bewirken, dass die Abweichung der Kompassnadel von der geografischen Nordrichtung an jedem Ort der Erde unterschiedlich ist. Diese Abweichung nennt man Ortsmissweisung oder Deklination.