Stehgreifspiel: Marktstreit zum Ablasshandel im 16 Jh

Ein Beitrag von Dieter Haubner (Parzivalschule Chemnitz)

Mit einer Klasse 8 der Parzivalschule (FS) Chemnitz haben wir beigefügtes Stegreifspiel in der Monatsfeier aufgeführt. Die Schüler haben den Dialog  selbst entworfen. Dabei wurden historische Gegebenheiten einbezogen. Es hat allen Spaß gemacht und soll ermutigen, Ähnliches durchzuführen. Im Geschichtsunterricht haben wir über die Reformation gesprochen.

Der Begriff "Stegreif- Spiel" hat m.E. den historischen Hintergrund, dass der Steigbügel zum Reiten "Pate gestanden" hat.

Folgende Personen haben wir dazu eingeladen (z.T. historisch nachweisbar):

  • Den Ablasshändler Johan Tetzel,
  • seinen Kirchen-Diener D.,
  • den armen Bauern J.,
  • den Schmied T.,
  • den Bettler K,
  • den Studenten der Theologie E.- ein glühender Anhänger der Lehren Martin Luthers,
  • den Buchdrucker und Vorleser Hans Lufft, der die neue Technik von Johann Gutenberg nutzt, und
  • die reiche Bauersfrau E.

 

Stegreifspiel

Streit zum Ablasshandel im 16. Jh. -

Ort: Marktgeschehen

 

Darsteller:

Ablasshändler Johann Tetzel (AH), Kirchendiener (KD), Student der Theologie (ST), Buchdrucker und Vorleser Hans Lufft (BD), reiche Bauersfrau (BF), Magd Maria(MM), Bauer Johan (BR), Schmied (SM) und Bettler

 

Ablauf zum Marktgeschehen:

Bettler sitzt wartet, rechts steht Hans Lufft an seinem Stand, Bauer/ Bäuerin kommen, stoppen kurz beim Bettler. Reiche Bauersfrau schüttelt Kopf über Bettler - ist abweisend, geht weiter zum Hans Lufft, Magd Maria oder Bauer wirft eine Münze in den Hut. Bettler bedankt sich, Magd Maria oder Bauer folgt nach und schaut auf die Bücher.

 

Drucker Lufft:
Meine Damen und Herren, das Neueste, was ich aus meiner Buchdrucker- Werkstatt zu bieten habe. Frisch gedruckt! Mit der neuesten Technik nach Johann Gutenberg.

Nimmt das Buch, ist erstaunt.

 

Bäuerin:
„Oh" und liest stockend:       
BIBLIA das ist die ganz heilige Schrift ...
das Volk kommt hinzu und schaut neugierig (z.B. Foto Luther-Bibel)

 

Bauer Johan:
Ach! Was! Das kann ja sogar ich lesen, die Bibel ist ja in meiner Sprache. Aber, als Bauer/Magd mit drei hungrigen Mäulern zu Haus, leisten kann ich mir das nicht.

 

Bäuerin :
Das ist ja auch nicht für solche wie dich gedacht. Wir sagen dir schon, was gut und schlecht ist.

 

Drucker Lufft:
Aber ja doch, verehrtes Publikum, das ist für jedermann im deutschen Land gedacht. Deshalb hat Martin Luther die heilige Schrift erstmals ins verständliche Deutsch übersetzt, damit jeder Gottgläubige darin lesen kann und so erfährt, was Rechtens und Unrechtens ist.

 

Student der Theologie :   hat inzwischen ein Buch in der Hand:          
Oh wie herrlich ist das zu lesen. Jeder wird damit seine Lehren daraus ziehen können. Ich, als Student der Theologie, kann nun die Worte der Heiligen Schrift den Leuten schwarz auf weiß und verständlich erklären.

Blickt zum Publikum und fängt an laut zu lesen:
Wer mit dem Herzen glaubt, wird von Gott als gerecht anerkannt; und wer mit dem Mund bekennt wird im letzten Gericht gerettet. Röm. 10,9

Trommeln setzt ein, Kirchenvertreter erscheinen

 

Kirchendiener Dominique:
Hört Ihr Leute, was der Bischof unserer Region durch den Ablasshändler Tetzel mitzuteilen hat! Trommeln

Hört Ihr Leute, was der Bischof durch den Ablasshändler Tetzel unserer Region mitzuteilen hat! Trommeln

Kirchendiener öffnet die Rolle und liest den Ablassbrief laut und deutlich vor:

 

 

Ablassbrief vom Bischof

Hört, ihr Leute, was ich im Auftrag des Landesbischofs zu Sachsen zu sagen habe!

Der Kardinalbischof entbietet allen und jedem Christgläubigen den Gruß im Herren!

Je häufiger wir die Gläubigen zu Werken der Nächstenliebe bewegen, umso mehr sind wir auch auf ihr Seelenheil bedacht.
Wir wünschen daher, dass die Kirchen der Stadt bis hin zur Kirche im fernen Rom baulich ordentlich erhalten, unterhalten und in würdiger Form ausgestattet werde.

Damit die Gläubigen bereitwillig ihre helfende Hand zur Erhaltung, Unterhaltung und Ausstattung herreichen und sie aus dem himmlischen Gnadenschatz reiche Erquickung erhalten, haben wir der Bitte des obersten Vertreters unserer Kirche entsprochen und im Vertrauen auf die Barmherzigkeit des Allmächtigen Gottes allen und jedem Christgläubigen beiderlei Geschlechts die Möglichkeit eines Ablasses in Form von klingender Münze oder in Naturalien zu gewähren, um die Sünden eines jeden durch Gottes Barmherzigkeit auszugleichen.

Zur Beglaubigung dessen haben wir diesen Brief schreiben und durch das Anhängen der Siegel bestätigen lassen.

Gegeben in Rom im Jahre 1515, im 2. Jahr des Pontifikats des in Christus Heiligen Vaters und unseres Herrn von Gottes Vorsehung Papst Leo X (des Zehnten).

Fragendes Staunen und Raunen der Zuhörer. Durch Fragen, versuchen sie den Inhalt zu verstehen.

 

 

Magd  (laut):
Was hat der Bischof damit gemeint?

 

Bettler :          
Hab‘ ich das richtig verstanden, uns einen Ablass auferlegt?

 

Schmied :      
in klingender Münze oder in Naturalien einen Ablass. Was ist denn das?

 

Bauer Johan:
Was soll das heißen, verehrter Herr Tetzel?

 

Tetzel:
Nun, Damen und Herren! Mit dieser Abgabe an die Kirche gewährt man allen Sündern, die wir alle sind, einen Ablass vor dem drohenden Fegefeuer. Ein Fegefeuer, das in der Vorhölle auf alle Sünder wartet.
Nun, der Bischof will euch damit sagen, dass euch mit ein paar Kreuzern eure Sünden erlassen werden, so wie es in der Heiligen Schrift steht. 
Und wir können unsere Kirche damit unterstützen und sie prächtiger erscheinen lassen.

 

Bettler:         
...und was ist, wenn ich das nicht bezahlen kann? Muss ich in der Hölle schmoren. Das soll in der Bibel stehen.

 

Bauer Johan:          
Geld hab‘ ich sowieso nicht, soll ich mein einziges Schwein und etwa noch Hühner dafür hergeben.

 

Schmied :      
Ich arbeite schon den ganzen Tag und trotzdem reicht es nicht. Soll ich etwa nachts noch arbeiten?

 

Magd :           
Damit werden wir ja immer ärmer, sollen meine Kinder noch mehr hungern?

 

Tetzel:
Schweigt ihr Sünder, wenn ihr eure Sünden nicht bezahlen könnt, wird euch eine göttliche Strafe gebühren, Krankheiten und Unwetter werden über euch kommen.
Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt.

 

Bäuerin :       
Wie wahr gesprochen. Also ich als Bäuerin bin froh, dass ich damit von meinen Sünden erlöst werde.

 

Bettler:  inzwischen aufgestanden, winkt ab                     
Bei der wundert's mich nicht. Das soll so in der Bibel stehen?

 

Drucker Lufft:
Ein jeder, der des Lesens kundig ist, kann es hiermit

hält die Bibelübersetzung hoch und zeigt sie

rundum nachlesen, ob es so in der Heiligen Schrift steht, wie's der Bischof behauptet hat.

 

Student der Theologie:      
Da lob ich mir Luthers Worte, wie er es in der Bibel herausgefunden hat.

 

Student der Theologie: (wehrt ab)
Allein aufgrund des Glaubens nimmt Gott die Menschen an...
Er fragt dabei nicht nach Leistungen, wie dieses Gesetz sie fordert. Abgewandelt Röm. 3,28. Allein der Glaube zu Gott ist für die Barmherzigkeit entscheidend und nicht die klingende Münze.

 

Tetzel:            
Über Luther soll man schweigen. Seine Lehre wird von der Kirche verachtet.

 

Drucker Lufft:           
Ihr lieben Bürger, lasst uns das Rechte Glauben und nicht durch falsche Argumente die Mächtigen noch reicher machen.

Alle Protestierenden gehen ab. Überrascht, bleiben Ablasshändler Johann Tetzel, Kirchendiener und reiche Bauersfrau stehen und gehen nach.

 

Tetzel:
Was Recht ist, das wird sich noch zeigen! (Alle gehen ab) Trommeln.