Weit davon entfernt, die Wahrheit zu erfahren

Aus einem Brief der Frau von Sevigne:

„Ich muss Ihnen eine kleine Geschichte erzählen, die man mir zugetragen hat und die wahr ist. Der König hat seit kurzem angefangen, Verse zu machen. Neulich verfasste er ein kleines Madrigal, das er selbst nicht allzu schön fand.

Eines Morgens sagte er zum Marschall von Grammont: „Lesen Sie bitte dieses kleine Madrigal, und sagen Sie mir, ob Sie jemals ein so lächerliches Gedicht gesehen haben. Da man weiß, dass ich seit kurzer Zeit die Verse liebe, bringt man mir die unglaub­lichsten."

Nachdem der Marschall die Verse gelesen hatte, sagte er zum König: „Euer Majestät urteilt ausgezeichnet über alle Dinge. Es ist wahr, dass dies das dümmste und lächer­lichste Madrigal ist, das ich je gelesen habe."

Der König fing an zu lachen und sagte zu ihm: „Ist es wahr, dass derjenige, welcher es gemacht hat, ein Narr ist?" „Majestät, man muss ihm diesen Namen geben!" „Gut", sagte der König. „Ich habe es gemacht."

„Ah, Majestät, welcher Verrat! Geben Euer Majestät es mir wieder; ich habe es zu schnell gelesen."

„Nein, Herr Marschall, die ersten Gefühle sind immer die natürlichsten." Der König hat über diese Geschichte sehr gelacht, und jedermann findet, dass es der grausamste Streich ist, den man einem alten Höfling spielen kann. Ich, die ich gerne Betrachtungen anstelle, wollte, dass auch der König darüber welche anstellte und dass er sähe, wie weit er davon entfernt ist, die Wahrheit zu erfahren..."