Die Nah-Ehe
In der ägyptischen Kultur war die Nah-Ehe im Gegensatz zu heute von größter Bedeutung. Sie konservierte oder erhöhte die alten spirituellen Fähigkeiten. Darüber schriebt Richard Karutz im Jahre 1921 Folgendes:
"Die Sippen- und Familienverbände gestatteten die Blutsverwandtenehe, forderten sogar die Geschwisterehe als ein königliches Vorrecht in Ägypten und Peru. Selbst wenn man weiß, dass die Angehörigen jener Blutsgruppen sich als Geschwister fühlten und auch so benannten, dass es also nicht immer Kinder derselben Mutter waren, die sich als Geschwister heirateten, so bleibt die Tatsache engster Inzucht, ja des Inzestes bestehen. Was heute als schwerstes, entehrendes Verbrechen bestraft wird, war einstmals Sitte und Pflicht, war kultische Angelegenheit.
Es handelte sich nicht um Triebhaftigkeit, nicht um Erhalten des Körpers aus Familien- oder Standesdünkel, sondern um die Wahrung des Führertums. Die Besten, die Führer des Volkes, häuften die Erbmerkmale ihres Blutes auf, damit die Führerkräfte stark blieben.
Die leibliche Inzucht war im Grunde eine geistige, sie bezweckte den ungestörten Zusammenhang des Seelentums der Volksangehörigen mit dem des Volksgeistes und den gesamten Hierarchien der geistigen Welt, das ungestörte Weiterbestehen der hellsichtigen Wissenskräfte und magischen Willenskräfte, die in der inneren Kommunion mit den Ahnen und den Toten überhaupt den Seelen zuflössen.»
Auch in diesen Dingen hat man ohne Zweifel einen Nachklang von Zuständen oder Verhältnissen zu sehen, die in viel älteren Zeiten noch weit stärker und absoluter auftreten. So erwähnt Rudolf Steiner, dass bei den älteren Atlantiern die Angehörigen des einen Stammes noch eine tiefe Antipathie gegen die des anderen empfanden. Das gemeinsame Blut bewirkte die Zusammengehörigkeit, die Liebe; es galt als unsittlich, einen Angehörigen eines anderen Stammes zu heiraten.