Adventsgärtlein im Waldorfkindergarten Krefeld Fichtenhain

Ein Beitrag von Christiane Schneider

Zu Beginn der Adventszeit, in Vorbereitung auf Weihnachten, feiern wir in unserem Kindergarten das Adventsgärtlein. Es ist ein Fest, das uns und den Kindern Augenblicke der Stille schenkt und uns auf diese besondere Zeit einstimmt. Der Weg in die Spirale ist ein Bild für den Weg in das innere Ich. Ein Weg, der die Individualisierung des Menschen widerspiegelt und dennoch immer wieder zurück in die Gemeinschaft führt.

Die Vorbereitungen beginnen schon Tage vorher. Die Geschichte, die beim Adventsgärtlein gelesen wird, legen wir bereit. Tücher werden sorgfältig gebügelt. Mit den Kindern polieren wir die Äpfel für die Apfellichter, damit sie schön glänzen. Für unsere Eltern hängen wir einen Aushang aus zum Adventsgärtlein und einen weiteren, in dem wir um Tannengrün aus dem Garten bitten. In der Woche vor dem Fest beginnen wir im Morgenkreis mit dem Singen der Winter- und Weihnachtslieder, sodass die Kinder bereits vertraut sind mit den Liedern, die sie an diesem Nachmittag begleiten.
 


Zwei Tage vorher backen wir Plätzchen, die wir nach dem Adventsgärtlein mit den Kindern naschen. Am Tag des Festes bleibt der Kindergarten vormittags geschlossen. Diese Zeit nutzen wir, um unsere Gruppenräume umzudekorieren: Die Fensterbänke, der Jahreszeitentisch und viele kleine Ecken werden neu gestaltet, damit die Räume den Advent widerspiegeln. Die Schalen für die Krippengärtlein der Kinder werden gereinigt und bereitgestellt. Eine Erzieherin bindet im Beisein der Kinder den Adventskranz und so dürfen die Kinder miterleben, wie dieses typische Symbol der Adventszeit entsteht. Die Kinder nutzen aber auch die Tätigkeit des Erwachsenen, um selbst tätig zu werden. Mit einer Schere schneiden sie sich Zweigspitzen ab oder zupfen Nadeln ab und sind ganz versunken in ihrer eigenen, nachahmenden Tätigkeit. Zwei Tage vor dem Adventsgärtlein wird im Eurythmieraum die Spirale gelegt. Bereits beim Aufbau achten wir darauf, dass niemand über sie steigt, sondern immer wieder hinein und hinaus geht. Jede Störung dieses Weges würde die symbolische Kraft unterbrechen.

Geschmückt wird die Spirale mit Tannengrün und Moos, was für die lebentragenden Kräfte der Natur steht. In der Mitte der Spirale steht ein kleiner Baumstamm mit dem Christuslicht. Steine, Kristalle, Edelsteine und Zapfen, die entlang des Weges liegen, erinnern uns an die Mineral- und Pflanzenwelt, mit der wir verbunden sind. Die goldenen Sterne aus Pappe, auf die später die Apfellichter gestellt werden, verweisen auf den Kosmos, der uns umgibt. Der Apfel, einst Frucht vom Baum der Erkenntnis, wird im Adventsgärtlein zum Träger des Lichts. Die Kerze darin ist ein Bild für das Suchen nach Orientierung und Wärme auf dem Lebensweg und zugleich ein Zeichen dafür, das eigene Licht der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. In der Adventsspirale zeigen sich so zwei Pole des Menschseins: Der Weg nach innen ist ein Weg der Individualisierung, und das Licht in der Spirale stehen zu lassen bedeutet, sich der Gemeinschaft zuzuwenden. Gerade heute, in einer Zeit zunehmender Individualisierung, ist dieses Erleben von Zugehörigkeit und Verbundenheit von großer Bedeutung. Am Eingang der Spirale steht eine weiße Lilie, als Sinnbild der Reinheit. In der Mitte, beim Christuslicht, steht eine rote Rose, die für das Blut Christi steht. Die Spirale wird rechts herum gelegt, dem Lauf der Sonne folgend.

Wenn die Familien am Nachmittag eintreffen, beginnt unser Fest. Um 14.45 Uhr werden die Kinder von ihren Eltern gebracht. Im Gruppenraum ziehen sie ihre Hausschuhe an, während Eltern und Geschwister im Eurythmieraum Platz nehmen. Bis alle Kinder da sind, singen wir im Gruppenraum „Klingglöckchen, klingelingeling“, begleitet von Glöckchenstäben. Eine Kerze wird entzündet mit dem Spruch:

Es brennt eine Kerze, ein helles Licht. Es dunkelt der Tag und verdichtet sich. Es kommt nun die stille, heilige Zeit. Wir machen das Herz für das Kindlein bereit.

Ein kleines Fingerspiel folgt, und wenn alle Kinder eingetroffen sind, ziehen wir – zu dem Lied „Über Sterne, über Sonnen“ in den Eurythmieraum. Dort ist es still und dunkel. Wenn alle Kinder sitzen, gehe ich mit den Streichhölzern in die Spirale hinein und spreche:

In der dunklen Nacht ist ein Stern erwacht, leuchtet hell am Himmelszelt, schenkt sein Licht der ganzen Welt.

Dann entzünde ich das Christuslicht und setze mich wieder. Anschließend liest meine Kollegin eine Weihnachtsgeschichte vor. Danach gibt sie mir das erste Apfellicht. Während wir „Tief im Gärtlein“ singen, gehe ich in die Spirale, entzünde mein Apfellicht am Christuslicht und stelle es auf einen goldenen Stern aus Pappe. Wenn ich wieder draußen bin und die Strophe verklungen ist, spreche ich den Kindern folgenden Spruch zu:

Kind, nun geh auf leisen Sohlen, darfst dir jetzt ein Flämmchen holen. Oh, das nimmst du gern. Darfst es froh nach Hause tragen, in den schönen Weihnachtstagen leuchtet’s wie ein Stern.
 


Dann gehen die Kinder nacheinander in die Spirale. Das ist wunderbar mit anzusehen. Manche gehen frei und selbstbewusst ihren Weg, manche werden von mir ein Stück begleitet. Einige gehen ganz vorsichtig, andere treten forsch und neugierig hinein. War ein Kind krank, entzündet ein anderes Kind stellvertretend ein Licht. Anschließend bitte ich die Geschwisterkinder nacheinander herbei. Auch sie bekommen ein Apfellicht und laufen in die Spirale. Wenn alle Apfellichter leuchten, geht auch meine Kollegin in die Spirale. Wir singen noch einmal „Tief im Gärtlein“ und lassen die Stille und das Licht einen Moment nachklingen. Schließlich ziehen wir mit den Kindern zum Lied „Über Sterne, über Sonnen“ zurück in die Gruppe, während die Erwachsenen das Lied bis zu Ende singen. Die Eltern warten im Flur, während die Kinder noch ein Plätzchen essen. Erst, wenn die Eltern den Eurythmieraum verlassen haben, werden die Apfellichter ausgepustet und eingesammelt. Bei der Verabschiedung bekommt jedes Kind ein Apfellicht mit nach Hause.

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