Wenn man den Zeiten Farben zuordnen möchte
Aus dem Blog 'Gedanken zur Waldorfpädagogik' von Dieter Centmayer
Wie die Bewusstseinsseele sich in den letzten Jahrzehnten bei unseren Kindern entwickelt hat, kann man an folgendem Beispiel sehen.
Im vierten Schuljahr werden im Deutschunterricht die Zeiten behandelt. Man spricht über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Nun verstärkt man die Empfindung der Schüler durch die Zuordnung von Farben zu den einzelnen Zeiten.
In einem ersten Durchgang mit einer Klasse zwischen 1980 und 1990 war es etwa so, dass ich den Kindern leicht verständlich machen konnte, dass wir z.B. die Vergangenheit blau empfinden können (Gewordenes), die Gegenwart rot (lebendig, aktiv), die Zukunft gelb ( noch offen, frei strahlend, ungeworden, freudig erwartet).
In einem nächsten Durchgang (ca 1990-2000) gab es darüber schon ein ausführlicheres Gespräch, welche Farben passend wären. Man konnte sich dann gut auf die drei Grundfarben einigen.
In einem weiteren Klassendurchgang - nun im Jahre 2009 - gab es ungeheuer viele individuelle Farbempfindungen der Kinder, die sie auch gerne äußern wollten. Was man als Durchschnitt nur herausfinden konnte, war, dass für die Vergangenheit eher ein dunklerer Farbton empfunden wurde für die Zukunft ein hellerer. Rot kam am häufigsten für die Gegenwart.
Für diese Kinder nun war es nur möglich eine Empfehlung zu geben, dass man gut mit blau-rot-gelb die Zeiten ausdrücken könne, dass aber es jedem Kind freigestellt sei, seine eigenen Farben zu verwenden. Mit Freude verwendeten dann einige Kinder ihre eigenen Farbvorschläge, andere folgten gern der Empfehlung.
Das ist Ausdruck der Bewusstseinsseele, wie sie heute in den Kindern lebt. Es wird alles individueller, aber die Empfindungen sind auch gesteigert.
(Ich weiß, dass es in der Waldorfliteratur (z.B. bei Tittmann) auch andere Farbzuordnungen gibt. Wichtig erscheint mir aber eher, mit den Kindern überhaupt in eine Empfindung zu gehen, als die "objektiv richtigen" Farben zu definieren.)