Bälle in vier Farben
Ein Beitrag von Korinna Schiemann (Freie Waldorfschule Freiburg St. Georgen)
Vorbereitende Gedanken:
Die folgende Übung dient vor allem der Konzentration und Gedächtnisbildung. Wenn die Regeln gut eingehalten werden, finden die Schüler*innen dabei in ein wertvolles soziales Miteinander, sind zahlreichen Anforderungen ausgesetzt und Erkenntnisprozesse finden haufenweise statt. Die Übung sollte mehrere Tage hintereinander durchgeführt werden und benötigt mindestens 10 Minuten Zeit, wenn man bis Schritt 4 geht. Man kann aber auch gut 20 Minuten darin verweilen. Nach der Übung setze ich mich gerne mit den Schüler*innen hin und gebe Raum für einen kurzen Erfahrungsaustausch. Dadurch wird der Lerneffekt verstärkt und das Bewusstsein für die wichtigen Momente vertieft. Das hat zur Folge, dass die Schüler*innen beim nächsten Mal auf bestimmte Dinge achten und sich das Spiel stetig entwickelt.
Diese Übung macht meinen Schüler*innen sehr viel Spaß. Selten habe ich sie im Unterricht so engagiert und konzentriert erlebt, wie bei diesem Spiel. Sie sind vielfältig gefordert. Jeder weiß, dass er aktiv einsteigen muss, damit das Spiel gelingen kann und dennoch kann jeder sein Tempo wählen und muss sich nicht überfordern.
Ausgangssituation:
Die Klasse steht in einem Kreis. Die Lehrperson hat einen Vorrat an Bällen neben sich in einer Tasche oder einem Korb. Es sollten Jonglierbälle sein, die sich gut fangen lassen. Es werden fünf unterschiedliche Farben benötigt und von jeder Farbe sollten es mehrere Bälle, mindestens aber sechs Stück, sein.
1. Schritt: Erste Farbe, erster Weg
Es wird ein Ball kreuz und quer losgeschickt und bevor er zur Lehrperson zurückkehrt, muss jede/r Schüler/in ihn einmal gefangen haben.
Regeln:
- Es wird nicht gesprochen
- Es wird nur geworfen, wenn der Blickkontakt zum Empfänger aufgenommen wurde und damit der Fänger Bereitschaft zum Fangen signalisiert
- Es wird möglichst durch den Kreis geworfen, also nicht zum Nachbarn
- Es wird von unten geworfen, sodass der Ball eine schöne Flugkurve macht und nicht zu scharf ankommt
- Wer den Ball einmal bekommen und weitergeworfen hat, der nimmt die Hände hinter den Rücken, damit man sieht, wer ihn noch nicht hatte
Wenn der erste Ball eine Runde geschafft hat und zur Lehrperson zurückgekommen ist, geht der Ball den gleichen Weg von vorne los und es folgen ihm, mit etwas Abstand (etwa drei Würfe), weitere Bälle in der gleichen Farbe.
Hat sich der Weg gefestigt, nimmt die Lehrperson die Bälle nach und nach wieder aus dem Spiel.
2. Schritt: Zweite Farbe, Rückweg
Ein Ball in einer anderen Farbe geht den in Schritt 1 angelegten Weg rückwärts. Erst ein Ball, dann mehrere.
3. Schritt: Zwei Farben im Spiel, Hinweg und Rückweg gleichzeitig
4. Schritt: Dritte Farbe, neuer Weg
Ein neuer Weg wird angelegt und zwar in der gleichen Weise wie bei Schritt 1 und mit den gleichen Regeln, nur mit einer anderen Ballfarbe.
5. Schritt: Drei Farben im Spiel
Ist auch dieser Weg gefestigt, kommt die erste Farbe wieder ins Spiel und nimmt die in Schritt 1 angelegte Reihenfolge wieder auf und mit etwas Verzögerung dann die zweite Farbe, die den Rückweg der ersten Farbe hat.
6. Schritt: Vierte Farben
Nun kann mit einer vierten Farbe auch noch der Rückweg des zweiten Weges (Schritt 4) geworfen werden.
7. Schritt: Vier Farben im Spiel
Nun wird es anspruchsvoll: Alle „alten" Farben werden nach und nach wieder aufgenommen und es gibt nun bis zu vier Spielpartner, die ein jeder regelmäßig anschauen muss um den Spielfluss zu gewährleisten.
Ausbaumöglichkeiten:
Wenn weitere Farben zur Verfügung stehen, gibt es noch mehrere Möglichkeiten, weitere Aufgaben hinzuzunehmen. Die Klasse sollte gefordert, aber nicht überfordert werden.
Die 5. Farbe kann beispielsweise einfach im Uhrzeigersinn im Kreis weitergegeben werden, oder aber, eine nicht festgelegte Reihenfolge durch den Kreis nehmen. So können immer die, die gerade nicht mit den anderen Farben beschäftigt sind, sich um die 5. Farbe bemühen. Dabei entstehen auch sehr interessante soziale Prozesse, die erlebt und als Erfahrungen anschließend ausgetauscht werden können.
Ich wünsche Ihnen sehr viel Spaß mit der Klasse bei dieser wunderbaren Übung!
