Schüleraustausch

Ein Bericht von Paulina und Dimitri (Freie Waldorfschule am Kräherwald Stuttgart)

SCHÜLERAUSTAUSCH ROSTOCK/STUTTGART KLASSE 10A

Ein Schüleraustausch, der gegenseitige Besuch von Jugendlichen, auch über Ländergrenzen hinweg, sollte wie in den Jahrgängen vor uns auch bei uns innerhalb der russischen Gruppe der Klasse stattfinden. Die Begegnung mit Russland war schon in weiter Ferne geplant, bevor der Krieg gegen die Ukraine ausbrach. Aufgrund dieser Umstände war es nun nicht mehr möglich für uns, einen Austausch mit russischen Schülern zu organisieren. Frau Eggenweiler bemühte sich dennoch, eine Alternative für uns zu finden und suchte nach Möglichkeiten, dieses Projekt doch umzusetzen. Eines Tages im Herbst stellte sie dann den Vorschlag in den Raum, einen Austausch mit einer anderen Waldorfschule in Rostock zu machen, auf der die Schüler auch Russisch lernen. Einen Schüleraustausch mit einer anderen deutschen Schule zu machen ist natürlich etwas anderes als in ein fremdes Land zu reisen, aber eine schöne Ersatzlösung, um dieses Projekt trotz allem möglich zu machen.

Wir waren alle offen für den Vorschlag und begannen schon bald mit der Planung und Vorbereitung. Im Mittelpunkt des Austausches stand unser gemeinsames Projekt, ein russisches Theaterstück „Purpurrote Segel“, an welchem wir im Unterricht zu arbeiten begannen. Im Februar nach den Faschingsferien war es endlich soweit. Wir trafen uns morgens auf Gleis 5 am Hauptbahnhof und stiegen in den Zug nach Hamburg, wo wir umstiegen und von dort weiter nach Rostock fuhren. Nach einer neunstündigen Reise waren wir endlich angekommen und wurden von den Rostocker Schülern am Bahnhof schon erwartet. Nach einer kurzen Begrüßung gingen wir mit unseren Gastschülern nach Hause und verbrachten den Abend in den Familien.

Am nächsten Morgen fuhren wir in die Schule und wurden noch einmal ganz herzlich von den Schülern empfangen und durch die Schule geführt. Anschließend frühstückten wir alle gemeinsam an einem reich gedeckten Tisch und begannen im Anschluss mir der Arbeit an unserem Theaterstück. Nach dem Mittagessen war dann eine Stadtführung geplant. Den Rest des Tages waren wir frei, so zu verbringen, wie wir es wollten. Am Mittwochvormittag ging es dann nach der gemeinsamen Projektarbeit nach Warnemünde und dort ins Heimatmuseum, zum Leuchtturm und zum Strand. Den Abend verbrachten wir in der Schule beim gemeinsamen Essen. Am darauffolgenden Donnerstag besuchten wir das Deutsche Bernsteinmuseum in Rostock und gingen am Abend ins Theater.

Die Zeit in Rostock ging mit all den Aktivitäten schnell vorüber und schon war es Freitag, Abreisetag und wir standen alle am Gleis und verabschiedeten uns voneinander, bevor wir in den Zug stiegen und zurück nach Stuttgart fuhren.

Zwischen unserem Besuch in Rostock und dem in Stuttgart lagen zwei Wochen, die schnell vorüber gingen, und ehe wir uns versahen, waren die Rostocker Schüler schon am Hauptbahnhof angekommen und bereit, von uns in die Familien aufgenommen zu werden. Nach einem kurzen Empfang ließen wir den Abend mit unseren Austauschschülern ausklingen. Am Dienstag stand nach der Schulführung durch unsere Schule, der Projektarbeit am Theaterstück und dem Mittagessen ein Besuch im Mercedes-Benz-Museum an. Nach der eigenständigen Besichtigung der Autos im Museum machten wir uns wieder auf den Rückweg zur Schule, da dort ein gemeinsamer Abend mit den Eltern geplant war. Der Abend verlief erfolgreich mit der Präsentation einiger Szenen aus dem Theaterstück und anschließendem Buffett in der Villa. Am Mittwoch waren unsere Möglichkeiten durch den Bahn- und Busstreik eingeschränkt und es stand nur ein Besuch im Rathaus und eine Stadtführung an. Den Rest des Tages hatten wir bei sonnigem Wetter und blauem Himmel frei. Am Donnerstag ging es dann nach dem Mittagessen in die Wilhelma und anschließend zu „Ritter Sport“ in die Schokoladenfabrik. Dort konnte jeder seine eigene Schokolade ganz nach Belieben kreieren. Dann kam auch schon der Freitag und der Abschied war nun nicht mehr an ein baldiges Wiedersehen geknüpft.

Schweren Herzens verabschiedeten wir uns von den Rostocker Austauschschülern und es wurden auch ein paar stille Tränen vergossen. Der Zug fuhr ab und ließ uns am Bahnsteig - zu unserer Stimmung passend - im Regen zurück. Durch die Begegnung mit dieser Klasse und das Kennenlernen neuer Leute entstanden Freundschaften und es war schön, sich gemeinsam mit dem russischen Theaterprojekt auseinanderzusetzen und gleichzeitig auch eine neue Stadt im Norden Deutschlands, nah am Meer, kennenzulernen. Mit diesem Austausch wuchsen auch wir innerhalb unserer Klasse enger zusammen und man hatte das Gefühl, dass aus zwei Klassen eine geworden war.

Paulina (S)

 

SCHÜLERAUSTAUSCH BERLIN/STUTTGART

Vor unserem Schüleraustausch konnte ich mir nicht vorstellen, was die Berliner Waldorfschule Mitte mit der russischen Sprache gemeinsam hat. Doch spätestens nachdem ich mit meinem neuen ukrainischen Drittklässler-Freund Ajosha neben einem Samowar in der Teerunde saß, merkte ich, dass ich durchs Chai trinken und plaudern unbewusst am Russischlernen war.

Doch wie kam es dazu? Eigentlich sollten wir, 2020 noch die Russischklasse 9b, nach St. Petersburg zum Austausch fahren. Doch Corona und jetzt der Krieg ließen das nicht zu. Weil Frau Eggenweiler uns nicht leer ausgehen lassen wollte, organisierte sie uns einen Austausch mit der Russischklasse 12 der Freien Waldorfschule Berlin Mitte am Prenzlauer Berg. Februar 2023 fuhren wir mit dem Zug gemeinsam los und schon im März kamen die Berliner zu uns.

Während in Berlin unser Tag mit der russischen Eurythmie begann, starteten wir in Stuttgart mit der szenischen Arbeit an dem Gedicht von Alexander Blok „die Zwölf“. Unser Eurythmie-Stück war das Gedicht „wesenije wody“ von Fedor Tjutschew, das wir selbst ausgesucht hatten. Unsere Eurythmielehrerin Sofia Wagner, ursprünglich aus Sankt Petersburg, erklärte uns wie die russische Eurythmie funktioniert, denn auf Grund des anderen Alphabets sind auch die Bewegungen ganz anders.

Danyil Turok, Puppen- und Schauspieler aus Kiew, war unser Lehrer bei der szenischen Arbeit in Stuttgart. Täglich übten wir uns an russischen Zungenbrechern und versuchten mit Hilfe von Schauspielübungen dem Gedicht Ausdruck zu geben.

Egal ob in Stuttgart oder Berlin fehlte es unserem Programm an nichts. In Stuttgart: Brezel-Workshop im Königsbäck, Mercedes-Benz-Museum und Ritter Sport. In Berlin: Spaziergang entlang der Mauer, der Neukölner Multikulti Markt und vieles mehr. Doch das Berliner Highlight war eindeutig das Konzert des ukrainisch-jüdischen Musikers Yuriy Gurzhy und seiner Crew, den jUkrainians, in der Kulturbrauerei.

Für mich persönlich war das Schönste an diesem Austausch, bei einer komplett fremden Familie zu Gast zu sein und sie und ihr Leben kennenzulernen. Genauso viel Spaß hat es gemacht, selbst der Gastgeber zu sein und jemand Unbekanntes aus einem anderen Umfeld im Alltag mitzunehmen. Das Beste an all dem war, dass wir dank Frau Eggenweiler auch unser Russisch übten.

Dimitri (S)

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