Klasse 4

Als Klassenlehrer der FWS Mainz schreibe ich seit vielen Jahren Überblicke zu den Tätigkeitsfeldern in den jeweiligen Klassenstufen (menschenkundliche Situation und zu den einzelnen "Fächern"). Diese habe ich (als ausbaufähige Skizze) immer auch an Kollegen (z.B. bei den Lehrerseminaren) oder Eltern weitergegeben. Diese Lehrplanübersicht versteht sich als Entwurf und nicht als verbindlicher Lehrplan.

Dr. Torsten Meyer-Oldenburg © (Stand August 2007)

Ergänzungen & Kritik bitte an: tmold@t-online.de

 

Orientierungsrahmen zu Unterrichtsinhalten und Tätigkeiten in der 4. Klasse

Die Kinder empfinden sich zunehmend als eigene Persönlichkeiten und wollen in stärkerem Maße auch als solche wahrgenommen werden. Sie betrachten andere Personen und Gegebenheiten nach dem Rubikon um das neunte Lebensjahr distanzierter und bewusster. Die Fähigkeiten des Zweifelns und Infragestellens - also der gedanklichen Trennung und Gliederung - werden stärker und eröffnen die Möglichkeit, unterschiedliche Betrachtungsweisen einzunehmen. So wird zum einen ein vielseitigerer Blick möglich (beispielsweise wird nach der christlichen Schöpfungsgeschichte in der 3. Klasse nun die vielgliedrige germanische Schöpfungsgeschichte betrachtet), zum Anderen müssen nun auch die Aufgaben und die eigene Arbeit immer eigenständiger und bewusster als zuvor ergriffen werden. Der eigene Wille gewinnt an Bedeutung und muss auch verstärkt geübt werden, wie z. B. beim Sprechen im Stabreim oder bei den Flechtbandmustern im Formenzeichnen.

Die Kinder lösen sich vermehrt von rein bildhaften Darstellungen (wie z. B. in Märchen und Fabeln) und suchen nun das Konkretere beispielsweise in der Natur und in der äußeren Wahrnehmung. Die Orientierung in Raum und Zeit wird präziser. Fragen wie insbesondere „woher komme ich?" und „wer bin ich?" gewinnen weiterhin an Bedeutung. Auch die Heimatkunde soll auf diese Fragen aus ihrer Perspektive Antworten geben.

Die Kinder beurteilen mit zunehmender Selbstständigkeit, jedoch anders als es Erwachsenen möglich ist, nahezu ausschließlich aus der Empfindung. Aus der großen seelischen Nähe zu Tieren einerseits und dem gewachsenen Selbstbewusstsein andererseits können nun besonders gut wichtige Besonderheiten des Menschen und zugleich Charakteristika der Tiere erfasst werden. Daher findet in der 4. Klasse nun Menschen- und Tierkunde statt.

Einige Entsprechungen im Lehrplan sind folgende:

Die Welt wird äußerlich erfassbar, darstellbar und handhabbar in Heimat - und Naturkunde, Verkehrsunterricht mit dem Fahrrad, Sprachlehre, Schreiben von Briefen.

  • Das Erleben, die Einheit verloren zu haben, dass es einen Bruch gab, findet sich äußerlich in der Einführung des Bruchrechnens sowie im Singen in der Mehrstimmigkeit wieder.
  • Zur Begründung von innerer Sicherheit ist die Tat- und Willenskraft zu stärken. Stetes Üben ist wichtig. Die nordische Mythologie, der Stabreim, das Zeichnen von Flechtbändern werden intensiv behandelt.
  • Förderungen einer bewussten Orientierung in Raum (Heimatkunde, Volkslieder & Erntetanz) und Zeit (Sprachlehre: Tempi der Verben, Notenwerte, Geschichte der Heimat & nordische Mythologie).

Mit der vierten Klasse endet dann auch die Zeit der Unterstufe in der Schule.

Erzählstoff

  • Nordische Götter- und Heldensagen

Heimatkunde

(Anzahl: 2 Epochen)

  • Schule und Wohnorte als Ausgangspunkt
  • Heimatort und Umgebung (z. B. Stadtgeschichte, hier: Römer, Weinbau, Schiff-Fahrt ...)
  • Orientierung im Raum: Himmelsrichtungen
  • Sich in die Vogelperspektive erheben können: Abstraktion vom Bild zur Karte; Verständnis einer Landkarte erlangen

Menschen- und Tierkunde

(Anzahl: 2 Epochen)

  • 1. Epoche: Der Mensch wird aus dem äußeren Erscheinungsbild erfasst: Kopf, Rumpf und Gliedmaßen. Es werden Tiere gesucht, die jeweils ein Prinzip auf die Spitze treiben: z. B. Tintenfisch; Maus (oder Biber); Pferd (oder Reh, Antilope)

Rechnen

(Anzahl: 3 Epochen)

  • Großes Einmaleins: 15er bis zur 20er Reihe
  • Kopfrechnen in allen vier Grundrechenarten bis 1000 sowie mit Brüchen
  • Zahlenraum bis zur 1.000.000 ausdehnen
  • Üben der vier Grundrechenarten im erweiterten Zahlenraum
  • Einführung des Bruchrechnens (Brüche, Addition & Subtraktion dazu erweitern und kürzen), also von Zahlen, die kleiner als 1 (die „Einheit") sind
  • Einführung von gemischten Zahlen und evtl. der Dezimalbrüche
  • Schriftliches Rechnen:

o Addieren bzw. Subtrahieren mehrstelliger Zahlen
o Multiplizieren mehrstelliger Zahlen
o Dividieren durch mehrstellige Zahlen
o Textaufgaben

Deutsch

(Anzahl: 2 Epochen)

  • Das Sprachgefühl üben. Sprachlehre: Konjugation (als Gliederung der Zeiten) der Verben in Gegenwart (Präsens), Dauer in der Vergangenheit (Imperfekt) und Vollendung in der Gegenwart (Perfekt); evtl. Präpositionen, Vollverben und Hilfsverben
  • Unterscheidung von Haupt- und Nebensätzen aus der Sprachmelodie
  • Schreiben:

o Nacherzählen; von der Beschreibung zum Brief
o Briefe schreiben (vielleicht Brieffreundschaften zu einer Klasse an einer
   anderen Schule)
o Rechtschreibung und Diktate üben (bis ca. 100 Worte)
o Schönschreiben (und evtl. die Schrift Antiqua)

  • Lesen und schön Vorlesen üben, nacherzählen
  • Rezitation: Stabreim; Themen insbesondere zu Jahreszeiten, nordische Mythologie, evtl. landschaftsbezogene Dichtung; auch ohne Gebärden, auch Texte ohne Reim (Prosa), reine Sprechübungen

Zeichnen

(Anzahl: 2 Epochen)

  • Flechtbandformen und Ornamente, evtl. Knoten, z.T. Formelemente der Umgebung
  • Kreuzungen und Überschneidungen

Kunst

  • Aquarellfarbenmalen z. B. zur nordischen Mythologie, Tierkunde, Heimatkunde, Stimmungen von Tages- und Jahreszeiten
  • Die Motive werden gegenständlicher
  • Raumorientierung, Variationen zu Farben und Motiven, Materialvielfalt kennen lernen (Farben, Ton ...)

Musik

  • Lieder werden in Dur und Moll sowie im Kanon oder mehrstimmig gesungen und geflötet (-> Gegenübertreten von Einzelnen und Gruppe), insbes. Volksliedergut (z. B. Wanderlieder)
  • Notenwerte und Pausenzeichen einführen (vgl. Bruchrechnen, Intervalle)
  • Orchesterspiel und evtl. ein erstes Konzert; Vorspielen und Zuhören üben
  • stetiges und zielgerichtetes Üben der Musikinstrumente
  • Volkstanz (z.B. als „Projekt") zum Sommerfest

Landbau & bäuerliches Leben

  • Getreide dreschen und weiterverarbeiten
  • Erntetanz einüben und auf dem Sommerfest aufführen

Handarbeit

  • den Kreuzstich beim Sticken erlernen

Fremdsprachen

  • Schreiben von kleinen Texten
  • Rechtschreibung
  • Einführung des Alphabets und der Grammatik
  • Spiele, Rezitationen, dramatische Szenen

Eurythmie

  • zentrumsorientierte Kreisaufstellungen werden durch Raumformen mit Ausrichtung nach vorne aufgelöst
  • grammatikalische Elemente werden in Raumformen dargestellt
  • Stabübungen
  • Intervall-Hörübungen

Hausaufgaben

(circa 1 Stunde pro Tag, davon:)

  • für den Hauptunterricht circa 30 Minuten
  • Fremdsprachen normal 10 bis 15 Minuten
  • regelmäßig (d.h. 5mal in der Woche) 10 Min. flöten
  • ggf. 10 Min handarbeiten
  • zusätzlich das Üben eines individuellen Instruments
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