Walter Rinke

Nach einer Himmelskunde - Epoche

... ernst, aber doch nicht immer so ganz ...

Sie wurden am Ende der 6. Klasse bestimmten Kindern gegeben, die ihren Geburtstag  jeweils unter dem betreffenden Tierkreiszeichen hatten. Das Schwergewicht lag deshalb aber nicht auf der Tierkreischarakteristik!

 

 

Steinbock

 

Ich trage ein Licht, das die Pfade der Welt
und die Tiefe der Seele mir strahlend erhellt.
Es erlischt, wenn ich träge und träumend  verweile
und brennt um so heller, je schneller ich eile.
Ich trage ein Licht in die leuchtenden Höhen
und lass'  in der Tiefe das Finstre vergehen.

 

 

Als Waffenschmuck das starke Horn zu tragen,
mit Mut den Kampf auf steilem Fels zu wagen,
erfüllt mit Lust des Steinbocks Herz und Brust. -
Jedoch mit Kraft die Schwere überwinden,
und aufwärts steigend sich im Licht zu finden,
in Gleichgewicht und Ruhe - das ist Lust!

 

 

Tief im dunklen Felsenschatten
steht auf saftig grünen Matten
nachts der Steinbock, um zu ruhn -
Will sich kaum die Dämm'rung zeigen,
fängt mit Lust er an zu steigen,
weiß nichts Schöneres zu tun,
als die Schwere überwinden,
hoch am Grat das Licht zu finden
und am Gipfel auszuruh'n.

 

 

Vom Wendekreis des Steinbocks an
steigt neu im Jahr der Sonne Bahn. -
Das Dunkle siegreich überwinden
heißt: wachsend reifen, Früchte finden!

 

 

Wo in schwindelnden Höhen der zögernde Blick
jedes Ängstlichen weicht vor den Klüften zurück,
wo kein Kraut mehr den Boden zum Leben findet,
da hat der Steinbock sein Reich sich begründet.
Willst du die Höhen des Steinbocks erreichen,
versuch, ihm im Streben der Seele zu gleichen!

 

 

Wassermann

 

Tausend Lebensströme um uns fließen,
wollen alle sich ins Herz ergießen.
Halt sie fest durch einen starken Willen,
bis sie ganz den Krug der Seele füllen.
Sollst sie liebevoll in dir beschließen,
um sie schenkend wieder auszugießen!

 

 

Nichts im Leben darf verrinnen;
alles musst du klar erfassen!
Mach es stark im Herzen innen,
dann erst magst du's von dir lassen!
Arbeit lässt durch Schweiß auf Erden
unser Tun zum Handeln werden!
Mühe in den kleinsten Dingen
wird dir Mut und Segen bringen!

 

 

Fische

 

Nie wird es in dunklen Gewässern geschehen,
dass Fische ihr eigenes Schattenbild sehen!
Dem Menschen hingegen, dem kann es gelingen,
sogar über den eigenen Schatten zu springen!
Das Beispiel der Fische kann eines uns zeigen:
Sie meistern die Tiefe - und können schweigen!

 

 

Man kann in den klaren, gebirgigen Höhen
munt're Forellen in Bergbächen sehen. -
Man kann auch im Tal unter schattigen Büschen
in trüben Tümpeln und Altwassern fischen...
Stets ist man es selber, der es bestimmt,
in welchen Gewässern man fischt oder schwimmt!

 

 

Es laden die schäumenden Wogen dich ein,
in den Lebensfluten ein Fischlein zu sein;
in des Dämmerscheins kühlem Gewoge zu blinken
und durstig vom Meer der Erfahrung zu trinken.
Doch halte den ruhelos eilenden Blick
in dem Lichte des klaren Gedankens zurück.
Dann lernst Du, im Leben vor dunklen Gewalten
und trüben Gewässern zurück dich zu halten!

 

 

Widder

 

Manchen Nöten und peinlichen Klemmen
gilt es, die Hörner entgegenzustemmen!
Wer Mut hat, verzagt vor dem Hindernis nicht,
bahnt notfalls mit Macht sich den Weg in das Licht!

 

 

Manchen verzwickten Nöten und Klemmen
gilt es, die Hörner entgegenzustemmen;
doch dürfen die Widder, zumal sie es lieben,
mitunter auch kurzweilig Bocksprünge üben,
weil - bildlich - das Lamm in reiferen Jahren,
bereit ist, die Lasten der andern zu tragen!

 

 

Stier

 

Sieh, wie das Rind ruhet und träumt!
Sieh, wie der Stier wütet und schäumt.
Musst mit Bedacht sinnen und schauen
und deiner Kraft mutig vertrauen.
Was wir im Tier als Notwendigkeit finden,
soll frei sich im Menschen harmonisch begründen!

 

 

Es ist der Stier in der Gestalt
ein wildes Bild der Urgewalt.
Es stößt das Horn, es stampft der Huf
und wütend gierig brüllt sein Ruf!
Daneben ist die sanfte Kuh
ein stilles Bild bequemer Ruh' !
Mit Recht ist jeder Mensch bedacht,
dass er's nicht wie die Stiere macht;
doch darf auch mal zu großen Zielen,
er Stierkraft in den Adern fühlen!

 

 

Wenn drohend der Stier seinen Nacken beugt
und blutunterlaufen nach Feinden äugt,
dann äußert in wildester Leidenschaft,
sich mächtig im Tier Überwindungskraft. -
Es mäßigt der Mensch diese Urgewalt,
und Mäßigung führt zur Gedankengestalt.
Durch feines Betrachten kann jeder es finden:
Das richtige Denken ist stets:  Überwinden!

 

 

Zwillinge

 

Mitten in den schwersten Plagen
hört man manchmal jemand sagen:
"Könnt ich spielend doch auf Höhen
unbeschwert im Lichte gehen,
Blumen pflücken, Kränze winden,
herzlich allem mich verbinden,
dann..."  - ja dann muss man erwachen
und sich an die Arbeit machen!

 

 

Mancher möcht'  beim Zeitvertreiben
ewig unverbindlich bleiben,
bummeln, tändeln, träumen, spielen,
heiter sich und kindlich fühlen ...
Mensch, erwache!  Trage Pflichten!
Sollst dein Tagwerk stark verrichten!
Mancher hat durch schweres Üben
froh gelernt, die Welt zu lieben!

 

 

Statt zaudernd und träumend die Welt zu durchbummeln,
lohnt es, mit Freunden sich munter zu tummeln,
heiter zu wechselnden Zielen zu eilen
und spät erst ermüdet im Schatten zu weilen.

 

 

Leuchten uns himmelweit-helle Gedanken,
wollen sie uns in die Höhe entführen.
Um uns beginnt der Boden zu wanken,
weil wir uns heiter ein wenig verlieren ...
Bindet das Herz sich zu fest an die Welt,
droht es im Irdischen tief zu versinken,
weil wir in allem, was sehr uns gefällt,
mit unsrer Seele ein wenig ertrinken ...
Drum sei die zwillinghaft tägliche Bitte:
"Schenke, oh Herr, uns bei allem die Mitte! "

Krebs

 

Es zieht vor dem sommerhell leuchtenden Blick
sich die Sonne im Krebs aus der Höhe zurück.
Nun lerne der Mensch, sich verwurzelnd auf Erden,
im Innern erwachend beständig zu werden.
Wer mit leuchtender Wärme sein Denken erhellt,
trägt trotz sinkender Sonne ein Licht in die Welt!

 

 

Wem Götter als Werkzeug besondere Gaben
und Kräfte schenkten als Schutz vor Gefahren,
der soll heraus aus dem Dämmerlicht streben
und nicht, wie der Krebs, im Verborgenen leben,
soll im Willen erkraftet Zukünftiges bauen
und selbstbewusst handeln aus starkem Vertrauen!

 

 

Es zieht sich der Krebs mit seinem Geschick
gern rückwärts in Klüfte und Höhlen zurück.
Der Sonne nun sinkender Jahresbahn
gleicht diese Rückwärtsbewegung sich an.
Der Mensch aber fügt sich der Krebsnatur nicht,
wenn er kühn und bestimmt seine Grenzen durchbricht;
wenn sein Tun durch die Flammen des Willens die Welt
und die dunkleren Tiefen des Lebens erhellt!

 

 

Löwe

 

Glühend brennen Sonnenflammen
auf die trockne Erde nieder -
Früchte, die dem Licht entstammen
neigen sich zur Erde wieder ...
Mitten in dem wilden Glühen
kühl das Eigensein ergreifen,
heißt: im Seelenlicht erblühen
und im Geistesfeuer reifen!

 

 

Wo das Leben verdorrt in der Sonne Brand,
peitscht brüllend der Löwe den Wüstensand.
Es führt ihn sein Mut zu natürlichen Siegen,
im Tierreich muss Schwaches dem Starken erliegen.
Willst du dein Leben auf Löwenkraft gründen,
musst du verstehend in Menschen dich finden,
besorgt nach dem Leiden der anderen fragen
und dieses - als wär' es dein eigenes - tragen.
So wirst du menschliche Stärke erkennen
und kannst, wie der Löwe, König dich nennen!

 

 

Nicht jedermann muss wie ein Löwe brüllen,
denn Löwenkraft reifet durchaus auch im Stillen,
sofern mit Bedacht man die Tat erst bedenkt
und dann mutig die Kraft auf die Ziele lenkt!

 

 

Jungfrau

 

Kluger Bauer, darfst nicht träumen,
Stunden nicht und Tag versäumen!
Bald sinkt schon die Sonne wieder;
dunstig fällt der Herbst hernieder ...
Eh' die Nebel dich umhüllen,
musst du Fass und Scheune füllen!

 

 

Schaust du in die Himmelsfernen
kannst du von den Sternen lernen. -
Das bedächtig stille Kreisen
will auf ein Geheimnis weisen:
Ihr Gesetz ist die Bewegung
ohne Trieb aus inn'rer Regung!
Lass von Sternenkraft dich stärken,
fühle sie in deinen Werken.

 

 

Du findest in der Jungfrau Bild
ein Warten, das die Zeit erfüllt ...
Willst du auf künft'ge Lebenspflichten
mit aller Kraft dein Streben richten,
dann mach dich einsam in der Welt,
üb'  losgelöst, auf dich gestellt!
Lass unter Hüllen Kräfte reifen,
um ernste Ziele zu ergreifen!

 

 

Waage

 

In mir schlummern starke Gaben -
soll ich sie zu äußern wagen?
Ach, die Welt ist voller Bürden -
soll ich's sehen und sie tragen?
Mancher braucht die rechten Worte -
soll ich's fühlen und sie sagen?
Tausend Pflichten sind gefordert-
lohnt es, sich damit zu plagen?
Musst als Zünglein an der Waage -
stets doch selbst dein Herz befragen!

 

 

Immer gibt's auf allen Wegen
Ja und nein,  gibt's  hin und wider.
Wie entscheid ich mich zum Segen?
Wohin sinkt die Waage nieder?
Soll ich eigene Wege gehen?
Muss den Pfad ich selbst ergründen?
Soll ich nach den anderen sehen?
Sei entschlossen!  Wirst es finden!

 

 

Skorpion

 

Was natürlich ausgebreitet
reifend sich zur Frucht verdichtet,
wird, wenn sich der Keim bereitet
von Natur dann selbst vernichtet.
Musst die Seele rein bewahren,
mit des Denkens Kraft durchdringen;
Reifung wird sie so erfahren
und Verwandlung sich erringen.

 

 

Der Sinne starke Kraft
lässt manchen hier auf Erden
im Denken nüchtern klar
und kühl berechnend werden.
Doch soll der Seele Glut
Gedankenkraft entflammen;
soll uns zur Höhe tragen,
zum Licht, aus dem wir stammen!

 

 

Was reifend die Natur erfüllt,
was sie zur Frucht im Herbst verdichtet,
es wird, obwohl als Keim verhüllt,
durch die Natur zunächst vernichtet.
Doch alles, was zum Schein vergeht,
im nächsten Frühjahr neu ersteht.
So ist in dem, wie Menschen handeln,
Vergänglichkeit nur ein Verwandeln!

 

 

Schütze

 

Sieh den Kentaur: Lastend und schwer
bricht er durchs Dickicht und stürmt so daher.
Treibt seine Beute in hastender Eile
und schnellt von dem Bogen vernichtende Pfeile ...
Doch will er dem Lichte sich künftig verbünden,
muss selbst er im Dunkel die Ruhe erst finden.
Er muss sich entschließen zu höheren Zielen
und im Herzen verborgene Weisheit erfühlen!

 

 

Pack es am Zügel,
wenn es sich bäumt,
steig in die Bügel,
wenn es auch schäumt.
Zwingst du dein Pferd
und erziehst es beizeiten,
wird es dir wert,
in die Ferne zu reiten!

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