Klaus Hennig Gosau

Auf deiner Schulter ruht die Hand
von einem, der dir ständig nah.
Der Blick ruht auf dir unverwandt
von einem, der dich ständig sah.
Die Hand ist fort, der Blick entschwunden,
Ein Hauch zieht dir den Mantel an.
Der Obhut hast du dich entwunden
und trittst die große Reise an.
Noch immer ist er dir zur Seiten
bedenke dies, vergiss es nicht,
doch selber musst du dich nun leiten
und folgen wird dir sein Gesicht.

 

Auf eines Schiffes Planken
steht sicher eines Segels Mast.
Lässt rauhe See das Boot auch schwanken,
der feste Kurs ist doch gefasst.
Ein scharfer Bug zerteilt das Wasser,
den Kurs zu halten fordert viel.
Und wenn der Horizont auch blasser:
Im Herzen lebet stets das Ziel.

 

Es sitzt im Holz so mancher Ast,
den du hast vorher nicht geseh´n.
Am Werkstück letzten Schliff verpasst,
musst du erneut zu Werke geh´n.
Das WERK will werden und nicht sein!
Die Krönung sei dein Mühen.
Am Werden magst du dich erfreu´n,
wirst seh´n, der Mensch wird blühen.

 

Jeder ist des andern Meister,
keine Schüler weit und breit.
Jeder ist des andern Schüler,
niemand Meister lehrbereit.
So im Lernen wir uns neigen
vor des andern Fragewort.
Und so gehet dann der Reigen
einer Weltentwicklung fort.

 

Auf leisen Sohlen kommt die Nacht
und hüllt dich liebend ein.
Die zarten Träume rühr´n dich sacht
mit milde gold´nem Schein.
Wenn du erwachst am Morgen,
so kommt es dir so vor,
dass abgelegt die Sorgen
und fort der Trauerflor.
Der Duft der letzten Rose
versinkt in einem Brunnen,
es klingt die letzte Note
im Aufgang aller Sonnen.

 

Zu Cäsars Zeiten ward begründet
das Römisch´ Recht, das heut noch gilt.
Vorausgesetzt man Wahrheit findet,
ist man dazu gewillt.
So mancher Richtspruch sieht das Ganze,
auch Einzelnes ist wohl zu wahren,
so dass des Urteils spitze Lanze
ein Schlussstrich ist bei dem Verfahren.
Ein milder Zweifel streicht´s Gewissen
bei derart viel von Ausgesagtem -
Im Zweifelsfalle musst du wissen,
immer für den Angeklagten.

 

Letzte fahle Nebel
flüchten aus der Nacht,
und das erste Rot des Morgens
zeiget sich ganz sacht.
Auf den ersten Klang der Sonne
wart´ ich wenige Minuten
und mit mächtigen Akkorden
seh´ ich gold´ne Flüsse fluten.
Glanzbetaute Wiesen
atmen feuchte Erde
und ein neuer Tag erhebt sich
als ein stirb und werde.

 

Woran ich stets vorüber lief -
mit einmal ist´s zu sehen.
Was bislang in dem Herzen schlief,
das fühl ich aufersteh´n.
Ein Fremdes ist mir so bekannt,
es grüßt mich weit von Ferne
und ist doch nah und anverwandt
und hüllt mich ein mit Wärme.
Des Weges Biegung wartet dann
auf meinen nächsten Schritt.
Entschlossen klar ich finden kann
die Zukunft - nimmt mich mit.

 

Zögernd greift die rechte Hand
die Klinke zur geheimen Tür.
Dahinter liegt verwunsch´nes Land,
das alle Rätsel birgt vor mir.
Die Rätsel währen lebenslang,
der erste Schritt ist jetzt getan.
Den Zugang ich mir jetzt errang
zur folgend Lebensbahn.

 

Ein schnaubend Stier kommt angestoben,
Der Zorn ihm aus den Augen sprüht.
Die Hufe in dem Staube toben,
Torreros scharfer Degen glüht -
Doch leichte Wendung, flatternd Tuch,
Der Auseinandersetzung ist genug.
Die Wucht ist just vorbeigezogen,
Der Stier um seinen Sieg betrogen.
Die Horde brüllt - Torrero lacht,
Die Wendung hat ihm Sieg gebracht!

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