Elisabeth Platzer
Sprüche im Hexameter
Alkmene
Zeus sah Alkmene, er sah sie und konnte die Blicke nicht wenden,
schön war sie, wie er noch selten ein Weib unter Menschen gesehn.
Diese nun wählt' der Kronide zur Mutter des herrlichsten Helden:
Herakles ward er genannt, der durch Hera, die Göttin, berühmte,
Sandte doch diese, vor Eifersucht glühend, zwei riesige Schlangen,
an seine Wiege, den Spross ihres Gatten sogleich zu vernichten.
Herakles aber, begnadet als Kind schon mit göttlichen Kräften,
schleuderte von sich die Schlangen zur großen Verwunderung aller.
Eumaios
Endlich den Boden der Heimat betretend nach leidvollen Jahren
traf auf Eumaios, den treuesten Hirten, der Dulder Odysseus.
Nicht erkannte den lange vermissten Gebieter der Hirte,
lud aber dennoch den Fremden mit freundlichen Worten zum Mahle;
briet für ihn Fleisch und kredenzte den Wein ihm in hölzernem Becher.
„Wäre mein Herr wieder heimgekehrt", sprach voll Bedauern Eumaios,
„hätte er längst meine Dienste belohnt mit geziemender Wohnstatt.
Silberne Teller und goldenen Weinkrug könnt ich dir reichen,
so aber nimm als mein Gast mit den einfachen Gaben vorlieb."
Ausgiebig rühmte der Hirt seines Fürsten Güte und Klugheit!
Nachts lag auf freundlich bereitetem Lager sinnend Odysseus:
Freude erfüllte sein Herz ob der Treue des Hirten Eumaios!
Aphrodite
Nächtlich erglänzte das reichlich mit Sternen gezierte Gewölbe des Himmels:
Uranos neigte sich über die schäumende See und die Erde.
Drei Tropfen Blutes entfielen den Lenden des strahlenden Gottes,
sanken ins Meer und es hob sich aus perlender Gischt eine Jungfrau,
schöner und reiner, als alle, die bisher auf Erden gewandelt -
Liebe und Schönheit zu bringen oblag Aphrodite, der Holden!
Schicksalsweg
Herakles, Zeussohn und Halbgott, den schönsten und stärksten der Griechen,
lehrte Amphitryon kunstreich und weise im Frühling der Jugend:
Rosse zu lenken, den Jagdbogen führen, im Ringkampf bestehen,
Leier zu schlagen und Singen, auch Buchstaben Lesen und Schreiben.
Vieler Talente nun mächtig traf Herakles schicksalsentscheidend
einsame Pfade bereisend zwei Frauen von hoher Gestalt;
Zeigte die eine behaglichen Weg ihm voll Lust und Vergnügen,
einfach zu wandeln durch sinnliche Freuden und seichte Genüsse.
Kräfteverzehrenden Weg jedoch, dornig und voller Gefahren,
hieß ihn die andere tapfer beschreiten zu höherem Ruhme.
Herakles wählte für sich ohne irgend zu zögern den zweiten!
Augias
Augias, mächtiger König von Elis am Ionischen Meere,
hegte im Stall einen Reichtum von dreitausend herrlichen Rindern,
niemals jedoch ward in etlichen Jahren der Koben gereinigt,
hoch lag der Mist und unmöglich zu säubern erschien das Gehege.
Eine der zahlreichen Pflichten des tapferen Herakles war es,
binnen der Frist eines einzigen Tages den Schmutz zu entfernen!
Würdig nicht war diese Aufgabe einem, der Löwen bezwungen,
Herakles aber benutzte geschickt seinen scharfen Verstand,
erbrach die Umzäunung des Stalles, oben und unten am Hange,
lenkte der unweiten Flüsse gewaltige Flut durch die Bresche,
dass sie die Ställe durchströmten und fort mit sich rissen den Unrat ...
Odysseus
Lange schon kämpften die Griechen vergeblich vor Ilions Mauern!
Kalchas, der Seher, beschied, dass die Zeit der Orakel vorüber,
fortan Verstand die Geschicke der Menschen auf Erden bestimme.
Hierauf begann noch in selbiger Stunde Odysseus zu sinnen,
wie man den lange ersehnten Triumph über Troja erlange.
Listig ersann er ein hölzernes Pferd, das, gewaltig an Größe,
viele der tapfersten Krieger im Innern verbergend, gebaut ward.
Ehrfürchtig zollten die Troer dem prächtigen Bildnisse Achtung,
bauten ihm Räder und zogen es hinter die Mauern der Festung.
Nachts aber stiegen die Helden heraus um die Tore zu öffnen,
Einlass gewährend dem griechischen Heere zum letzten Gefecht.
Europa
Spielend und singend begab sich Europa ans Ufer des Meeres,
Freundinnen, gleichfalls am Rauschen der Wogen sich freuend, zur Seite,
als sich die Blicke des Höchsten der Götter dem Kreise der Mädchen
zuwandten, alsogleich unter den Schönen die liebreichste findend.
Ahnend den freundlichen Sinn der Erwählten begab sich die Gottheit
in der Gestalt eines goldbraunen Stieres mit tiefblauen Augen
hin zu den Jungfraun ans Ufer und beugte das Haupt vor Europa:
Zärtlich berührte die Holde das Tier und ohne Bedenken
nahm sie nun Platz auf dem Rücken des Stieres, am Horne sich haltend,
er aber trug sie davon, bis nach Kreta durchmaß er die Fluten,
schenkte ihr dort eine Heimat! Seither aber nennt man die Länder
grenzend ans felsige Kreta und weithin im Umkreis nach Europa.
Philemon und Baukis
Zeus trat, begleitet von Hermes, in Menschengestalt auf die Erde,
prüfend auf Wanderers Pfaden den redlichen Sinn der Bewohner.
Nirgends jedoch ward den Reisenden Mahlzeit und Lager geboten
überall fanden in Selbstsucht verhärtete Herzen die Götter.
Philemon aber und Baukis, in Liebe und Eintracht gealtert,
baten sogleich die Unsterblichen in ihre einfache Hütte;
Baukis bereitete liebreich den Gästen ein duftendes Mahl und
gerne genossen die Götter des freundlichen Paares Gesellschaft.
Zeus bot zum Dank ihnen einen Wunsch und sie wählten die Gnade,
beide gemeinsam dem Tod zu begegnen zu selbiger Stunde.
Hektor
Hektor, des Priamos furchtloser Sohn, ein gewaltiger Recke,
forderte mitten im jahrelang währenden Kriege um Troja
einst auf der Götter Geheiß einen Zweikampf auf Tod oder Leben.
Beiderseits legten die Völker nun Waffen und Rüstungen nieder,
lagerten rings auf dem Schlachtfeld und warfen das Los um den Gegner:
Ajas, der Große, ein mächtiger Held aus den Reihen der Griechen
stellte sich mutig dem kühnen Rivalen inmitten des Feldes.
Lange erklangen die mächtigen Schläge der ehernen Schwerter,
keiner ergab sich, die Tapferen wurden des Ringens nicht müde,
bis, von der nahenden Nacht gemahnet, die Waffen sie senkten,
jeder den anderen lobend für mutiges, mannhaftes Kämpfen.
Kostbar beschenkte der eine den andern - sie schieden als Freunde!
Hephaistos
Kunstreicher Sohn der erhabensten Götter, des Zeus und der Hera,
bitter musstest du büßen, dass Schutz du gewährtest der Mutter
gegen den eigenen Vater, als dieser im Streit mit ihr zürnte:
Nahm er beim Fuße dich wütend und warf dich vom hohen Olympos,
lahm blieb dein Bein, o Hephaistos, und hinkend gingst du durchs Leben!
Dennoch erwarbst Du unsterblichen Ruhm unter Göttern und Menschen,
wusstest du meisterhaft Feuer und Eisen zum Dienst dir zu zähmen,
unübertroffen das kunstreiche Werk deiner fähigen Hände!
Helena
Helena, schönste der Frauen, die Griechenland jemals gesehen,
hatte der Freier gar zahllose, bis Menelaos sie schließlich erkoren.
Paris, dem einstmals verheißen, das herrlichste Weib zu erringen,
traf mit der Schönen zusammen, als ferne der Gatte ihr weilte:
Diese, so sprach er, soll mein sein, wie einst Aphrodite versprochen,
sei sie als Gattin vermählt einem andern, gleichwohl, mir gebührt sie!
Heimzu will ich sie bringen, nach Troja, der Stadt meines Vaters.
Helena aber ging gern mit dem tapferen Königssohn Paris.
Nausikaa
Schlummernd noch lag des Alkinoos Tochter in ihrem Gemache -
leise wie Morgenwind schlich sich Athene in ihre Gedanken:
„Eile zum Fluss deine Kleider zu waschen!", so rief sie die Schöne.
Fort vom Palaste das Mädchen zu locken begehrte die Göttin
lag doch Odysseus, der Hilfe bedürftig, am Ufer des Stromes.
Singend und lachend begab sich Nausikaa mit ihren Mägden
nahe zum Strand, wo der Fluss mit den Fluten des Meeres sich einte.
Als nun Odysseus erwachte, da stoben die Mägde erschrocken von hinnen,
einzig Nausikaa blieb, von Athene mit Kühnheit begnadet,
schenkte ihm Kleidung und wies ihm den Weg zum Palast ihres Vaters.
Helios
Helios, glänzender Herrscher des strahlenden Tagesgestirnes,
stieg aus den purpurnen Fluten des Meeres allmorgens herauf,
lenkte den herrlichen Wagen der Sonne vom Morgen zum Abend,
zog seine goldene Spur auf der leuchtenden Bühne des Himmels,
schenkte den Göttern und Menschen das Licht und die Wärme des Tages.
Kalypso
Lange schon weilte, dem stürmischen Meere entronnen, Odysseus,
zärtlich umsorgt von der Herrin der Insel, der Nymphe Kalypso.
Schiffbrüchig war er gestrandet am Ufer der Insel Ogygia,
nahe der Heimat nach endlosen Jahren des Suchens und Irrens.
Endlich den Sohn und die Gattin zu sehen begehrte Odysseus,
halten wollte Kalypso jedoch ihren Gast auf der Insel,
ewige Jugend versprach sie ihm, lockte mit göttlicher Gabe:
„Nie zu den Schatten des Hades musst du hinab, wenn du hierbleibst!"
Nichts aber hielt ihn, mit Macht trieb die Sehnsucht den König nach Hause.
Hydra
Argolis, glückliche Landschaft, gesegnet mit Feldern und Weiden,
welche Bedrängnis erschuf dir die neunfach gehäuptete Hydra!
Herden zerriss sie, die fruchtbaren Felder verheerte ihr Pesthauch,
Schrecken verbreitete rings das den Sümpfen entstiegene Scheusal.
Keiner riskierte den Kampf mit der allesvernichtenden Schlange,
einzig der Göttersohn Herakles stellte dem Tier sich entgegen,
Lange währte das Ringen, doch endlich obsiegte der Heros,
schenkte den dankbaren Bürgern ihr Land und den Frieden zurück.
Penelope
Ströme von Tränen vergoss die so lange schon einsame Fürstin,
harrend der Heimkehr des Gatten. Fernhin nach Troja zum Kampfe
war einst gezogen der tapfre Odysseus, doch Jahre verflossen,
ohne dass jemals Penelope hörte, wo er verblieben.
Etliche Freier bedrängten die Fürstin, sich neu zu vermählen;
niemals, so sprachen sie, kehre der sehnlich Erwartete wieder!
Endlich gelobte Penelope, einen der ihren zu wählen,
wenn sie das Tuch für den greisen Laertes zu Ende gefertigt.
Tagsüber saß sie am Webstuhl und schuf an dem herrlichen Stoffe,
nachts aber trennte sie unbemerkt auf, was am Tage entstanden.
Iphigenie
Frevelnd erjagte dereinst der ruhmreiche Fürst Agamemnon
eine geheiligte Hirschkuh, der Artemis selber geweiht.
Zornig entflammte die Göttin der Jagd und verlangte als Sühne
ihr am Altare geopfert die Tochter des griechischen Königs.
Trostlosigkeit überkam Agamemnon. O, Iphigenie!
Du sollst nun unschuldig büßen die tollkühne Tat deines Vaters!
Schicksalsergeben betrat Iphigenie gleichwohl den Altarraum,
bat ihre Mutter voll Inbrunst, dem Vater nicht länger zu zürnen,
beugte dem Schwert sich, das Kalchas, der Priester, soeben erhob:
Blitzend fuhr es herab, da erbarmte die Göttin sich ihrer,
trug sie ins wilde Land Tauris, dass künftig im Tempel sie diene.
Zeus
Zeus, der Titanensohn, künftiger Herr auf dem weiten Olympos
wuchs, vor dem grausamen Kronos verborgen, auf Kreta heran,
bis er das Alter erlangt und die Kräfte, den Vater zu stürzen,
Herrscher der Welt und der Zeit, dessen eigene Frist bald vorüber!
Lange währte der Kampf, den der Sohn mit dem Vater nun ausfocht,
Riesen und finstre Kyklopen aus Tartaros dunklen Gefilden
mengten sich ein und sie schufen den drohend rollenden Donner,
schmiedeten kunstvoll den leuchtenden Blitz für den höchsten der Götter,
der mit Gewittern und Bränden und Beben den Sieg sich erwarb.
Kirke
Weithin umgeben vom endlos sich wiegenden Reiche Poseidons
grünte Aiaia, die herrliche Insel der Zauberin Kirke.
Neunzehn Gefährten, gesandt von Odysseus, das Land zu erkunden,
waren von Kirke geblendet zu borstigen Schweinen verwandelt.
Heilkräuter schenkte nun Hermes dem tapferen Sohn des Laertes,
dass ihm nicht ebenfalls Tiergestalt gäben die Tränke der Kirke.
Zornig erhob sie den Stab, als der Held ihren Künsten trotzte,
er aber zwang mit dem Schwert einen heiligen Schwur sie zu leisten:
Ihn zu verschonen, den Zauber sogleich von den Freunden zu nehmen.
Kirke erlöste die treuen Gefährten und gab ihnen sühnend
reiche Gewänder, dann lud sie die Männer zu festlichem Mahle.
Theseus
Minos verlangte zur Sühne für einstmals begangenen Frevel
sieben der Jungfraun Athens und der Jünglinge ebenso viele.
Theseus, des Aigeus geliebter und einziger Sohn, nahm es auf sich,
weit übers Meer nach dem Opfer verlangenden Kreta zu segeln.
Tief dort im Berge bewohnte ein Untier die finsteren Gänge,
schrecklicher, menschenverschlingender Stier Minotauros:
Ihn zu bezwingen entschloss sich der Held und erbat für sein Streben
Hilfe der Götter, die gern Aphrodite dem Tapfren gewährte;
sandte ein Schwert ihm, von Zauberkraft kunstvoll durchdrungen,
zudem ein Knäuel von Garn aus der zierlichen Hand Ariadnes.
Mittels des einen erlegt er den Stier und mit Hilfe des Fadens
fand er den Weg aus dem Irrgarten sicher zurück zu den Seinen.
Pan
Bocksfüßig war er geboren, ein Hörnerpaar zierte die Stirne,
rau bedeckte ein Fell seinen Leib, selbst die Mutter erschrak!
Nymphen dagegen, im schattigen Hain und an sprudelnder Quelle
liebten den Gott, wenn er flötend als Hirte die Wälder durchstreifte,
Scherz trieb mit Ihnen, sie narrte und neckte mit allerlei Späßen!
Groß war die Seele des Pan, sie umfasste Dämonen und Götter,
barg alle Wesen der Oberwelt wie auch der unteren Reiche,
wenn er zur Stunde des Mittags sich ganz seinen Träumen ergab.
Die Äpfel der Hesperiden
Goldene Äpfel, von denen nur Göttern erlaubt war zu speisen,
wuchsen, gehütet von Töchtern der Nacht und des Atlas,
gleichfalls bewacht von den Augen des niemals schlummernden Drachen.
Drei dieser Äpfel zu rauben gebot nun Eurystheus dem Helden,
Herakles, der schon so viel für den fordernden König getan.
Dieser bat Atlas, den Vater der vier Hesperiden, um Hilfe,
der ihm die Bitte gewährte und dank eines kunstreichen Zaubers
listig den Zweigen des kostbaren Baumes die Früchte entwand.
Herakles zeigte dem König die goldenen Äpfel der Götter,
brachte alsdann die Geraubten zum heiligen Garten zurück.
Paris
Leichtfüßig schreiten der Göttinnen drei auf dem Idagebirge,
suchen den Paris, des Priamos Sohn, dass er fälle das Urteil,
welcher von ihnen der Titel der Schönsten vor Allen gebühre.
Dies zu entscheiden reicht Hera dem Jüngling den Apfel der Thetis:
„Gibst du ihn mir", so verspricht sie, „so wirst du zum mächtigsten Fürsten!"
„Pallas Athene bin ich", spricht die zweite, „ich schenke dir Weisheit;
ewigen Ruhm sollst du ernten durch Klugheit und männliche Tugend!"
„Paris", sagt lächelnd die dritte, „als Göttin der Liebe und Schönheit
will ich die lieblichste Frau auf der Erde zum Weibe dir geben."
Paris, ganz sorglos und heiter, erwählt Aphrodite zur Schönsten!
Pallas Athene
Pallas Athene, dem Haupte des göttlichen Vaters entstiegen,
Göttin der planvollen Weisheit genannt und des scharfen Verstandes,
Attika wurde von dir einst beschenkt auf die kostbarste Weise,
als deines Speeres goldene Spitze das Erdreich zerteilte,
brachte die Erde an nämlicher Stelle den Ölbaum hervor!
Nahrung und Wohlstand gabst du den Menschen für ewige Zeiten.
Jubelnd erkoren die Bürger zur Herrin dich, strahlende Göttin,
nannten die Stadt, dir zu Ehren, von nun an bis heute: Athen!
Perseus
Sicher verwahrt in geheimem Gemach und aufs beste gehütet,
konnte die Anmut Danaes den Blicken des Höchsten der Götter
doch nicht verborgen bleiben; er sah sie und wollte ihr nahen,
fand einen Weg und als goldener Regen umfloss Zeus Danae.
Bald drauf gebar sie den künftigen Liebling der ewigen Götter,
Perseus, der Taten von beispiellos tollkühnem Heldentum wagte!
Nymphen beschenkten ihn reich mit geflügelten Schuhen und zudem
gaben sie ihm einen Tarnhelm, ihn jeglichem Auge verbergend -
so nur gelangs ihm, das Haupt der Gorgo Medusa zu rauben.
Gaia
Urmutter Gaia entstieg am Beginn allen Werdens dem Chaos:
Wohnstätte bot sie den Göttern, die gerne zur Heimat sie wählten.
In ihren Tiefen erstreckten sich endlos des Tartaros finstre Gefilde,
oben jedoch in der Helle des Tags sollten Menschen einst wohnen.
Nyx nun gebar sie, die Nacht, und auch Erebos, Herrscher des Dunkels,
ebenso Uranos, herrlich sich wölbend als nächtlicher Himmel,
Pontos, den Gott der Gewässer und tiefblauen Flüsse gebar sie,
Kronos, den Jüngsten, zuletzt, den Gebieter der Zeit und der Stunde.
Prometheus
Eines nur fehlte noch unter den lebenden Wesen der Erde,
gab es doch keines, das schicklich das Walten der Götter verehrte!
Menschen zu schaffen beschloss der erfinderisch kluge Prometheus:
Bildsamen Ton nahm er, feuchtete diesen mit lauterem Wasser,
formte Gestalten, an Größe und Wuchs gleich dem Bilde der Götter,
füllte die Brust den Geschöpfen mit jeglichen Tieres Empfindung,
Geist jedoch gab ihnen Pallas Athene aus himmlischer Schale,
goss einem jeden den göttlichen Nektar ins menschliche Haupt.
Der nemeische Löwe
König Eurystheus, der Herrscher der ruhmreichen Hauptstadt Mykene,
trachtete angstvoll, des Herakles machtvolle Kräfte zu binden,
hegte doch Furcht er im Sinn, dass der Held ihm die Herrschaft entreiße!
Also ersann er dem Halbgott die Pflicht den nemeischen Löwen,
größer, als andere Löwen und alle in Schrecken versetzend,
rasch zu erlegen, das herrliche Fell ihm, dem König, zu bringen.
Herakles rüstete Bogen und Keule und suchte das Raubtier,
stellte zum Kampfe sich wacker, doch musste er bald schon erkennen,
dass seine Pfeile das Löwenfell nicht zu durchdringen vermochten:
Da nun umschlang er mit bloßen Armen den mächtigen Gegner
Telemach
Telemach, Sohn des Odysseus, ersehnte Heimkunft des Vaters,
füllten doch freche Freier das Haus, verschwenderisch prassend,
zehrend vom Gute des Königs und täglich aufs Neue drängend,
dass sich Penelope einen der ihren zum Gatten erwähle.
Endlich zum Manne gereift und bestärkt von der Göttin Athene
rief nun der tapfere Jüngling die Freier am Marktplatz zusammen:
Fort sich zu scheren gebot er den Frevlern! Er selbst aber werde
rüsten ein stattliches Schiff, den vermissten Odysseus zu suchen!
Orpheus und Eurydike
Keiner war jemals der klangvollen Leier so mächtig wie Orpheus,
Vögel des Himmels und Tiere des Waldes, selbst Flüsse und Felsen,
kamen herbei, wenn die Stimme des göttlichen Sängers ertönte.
Weh nun!, der tödliche Biss einer Schlange die Liebste ihm raubte,
riss ihm Eurydike fort in der Unterwelt düstre Gefilde.
Orpheus zögerte nicht und stieg mutig hinab zu den Schatten,
schlug in die Saiten und rührte die Götter mit seinem Gesange,
dass sie gewährten, die Gattin zur Erde hinauf zu geleiten,
nicht jedoch sollte nach ihr er sich wenden, bevor er am Lichte,
fiel sie ansonsten für immer dem Reiche der Toten anheim.
Orpheus gelangte bis fast an das Tor, da befiel ihn die Sehnsucht,
wandte verlangend das Haupt - und sah schwindend Eurydikes Schatten.