Hans-Martin Maier
Man glaubt es kaum:
Aus einem kleinen Körnlein wächst ein großer Baum.
Wie kann das nur sein?
Schweigend sammelt er die Himmels- und die Erdenkräfte ein.
Es vergehn der Stunden viele
bis der Wagner ist am Ziele.
Eschenholz wird zugerichtet,
raues Buchenholz geschlichtet.
Dass die Achsen Führung haben,
setzt er Eisen in die Naben.
Im Feuer glüht schon der eherne Reifen,
rasch und fest muss man ihn greifen.
Mutig und schnell nun den Hammer geschwungen!
Der Reifen passt! Das Rad ist gelungen!
Schau nur den Bienen zu,
haben gar selten Ruh,
fliegen und sammeln fein,
tragen's ins Haus hinein,
füllen die Waben auf,
setzen den Deckel drauf.
Erst in der Nacht,
wenn alles vollbracht,
schlafen sie ein
und träumen -
träumen vom Sonnenschein.
Die Stare kommen weit herum auf ihrer Winterreise,
erzählen dies, erzählen das und zwitschern manche Weise.
Der Baum, auf dem sie sitzen nun, der wurzelt tief und fest.
Er hört sich alles ruhig an und schüttelt sein Geäst.
Es darf der Mensch auch lustig wandern in die Welt hinein.
Damit er richtig wachsen kann, muss er auch schweigsam sein.
König David, der den Goliath schlug,
war einst ein Hirte, lustig und klug.
Er musizierte und dichtete viel,
er übte das Flöten- und Harfenspiel.
Die Schleuder schwang er mit Eifer und Kraft
und brachte es schließlich zur Meisterschaft.
So gewann er die Herzen und also gleich
mit seinem Mut ein Königreich.
In einem Ährenfeld, da findest du gar viel:
Es leuchten Blüten, blau und rot, durchs Halmgewühl.
Schmetterlinge gaukeln hin und her,
kleine Käfer krabbeln und beeil'n sich sehr.
Da ist ein Mäuslein, sammelt für des Winters Not,
die goldnen Ähren sind auch unser Brot.
Sanft streift der Südwind übers Land
und über uns, als Gottes liebe Segenshand.
Dem Lehrling fiel das Nähen so schwer,
da klebte er flink die Sohlen mit Teer.
Der Meister sah es und sprach sodann:
„Die Schuhe ziehst du selber an!"
Und mitten auf dem Weg in die Stadt
der Lehrling die Sohlen verloren hat.
Die Blasen waren nicht zum Lachen.
In Zukunft wird er's besser machen.
Wie schön sah doch mein Acker aus,
es wuchs und grünte, tagein, tagaus.
Doch als ich kam, das Korn zu mähen,
da waren gar viele Disteln zu sehen.
Nun will ich künftig gleich mich bücken
und fleißig Dorn und Disteln pflücken.
Am Bachesrand die Weiden, sie treiben fleißig aus.
Die langen Zweige holt der Korbflechter ins Haus.
Mit kräftiger Hand er die Gerten biegt,
dass Windung sich an Windung schmiegt.
Das schaffen wir nie, so könnten wir denken;
Erfahrung und Übung wird Könnerschaft schenken!
Die Katze ist ein stilles Tier,
sie schleicht auf weichen Sohlen.
Nun sitzt sie da und zeiget mir,
wie sie die Maus wird holen.
Sie wartet wachsam, regt sich kaum,
sie lässt sich gar nicht stören.
Gleich packt sie zu und du wirst sehn,
die Maus wird ihr gehören.
Ruhig steht der Schäfer da
und schaut auf seine Herde.
Er kümmert sich um jedes Tier,
dass keines krank ihm werde.
Einst hatte sich ein Schaf verirrt
und fand den Weg nicht mehr.
Er suchte es, bis er es fand
und trug es sorgsam her.
Große weiße Schafe ziehen übers blaue Himmelszelt,
und im Wasser eines Teiches spiegelt sich die Wolkenwelt.
Fische springen, wie aus Freude, in die helle, weiche Luft.
In den Hecken blühen Rosen, würzen sie mit holdem Duft.
Und ich stehe und bewundre die Natur in ihrer Pracht.
Alles spricht zu mir das eine:
Wie schön hat Gott die Welt gemacht!
Im Mühlenhaus der schwere Stein
mahlt die harten Körner fein.
Wozu soll dieses Pulver nütze sein?
Im Bäckerhaus wird Mehl mit Wasser angemacht,
von flinken Händen in die runde Form gebracht.
Wozu ist dieses klebrig' Ding gedacht?
Die Hitze treibt und bäckt es schließlich aus,
als knusprig-braunes Brot kommt es heraus.
Schauen wir aufs Ganze hin,
so finden wir der Dinge Sinn.
Viele gute Himmelsgaben
bracht' ich auf die Erde mit.
Will sie suchen, will sie hegen,
dass sie wachsen, Schritt für Schritt.
Ein Schifflein, das gegen den Wind will angehen,
bleibt bald mit flatternden Segeln stehen.
Lässt man aber das Steuern bleiben,
wird es der Sturm, wer weiß wohin, treiben.
Erst dann wird sich dein Können entfalten,
wenn du dich mühst, die Mitte zu halten.
Wer ein scharfes Schwert will schmieden,
gibt sich nicht sogleich zufrieden.
Fünfmal feilt er die Waffe klein,
mengt fein sorgsam Kohle hinein,
heizt und hämmert und prüft und schaut,
bis dem Stahl er endlich vertraut.
Der wird nur ein guter Schmied,
der sich zur Sorgfalt hin erzieht.
Von himmlischen Helfern sind wir umgeben,
von freundlichen Menschen begleitet durchs Leben.
Da wächst mir im Herzen ein freudiger Mut,
da schaffen die Hände, was schön ist und gut.
Sorgsam binde ich das Bäumlein an,
damit der Sturm es nicht entwurzeln kann.
Täglich wird es dann gegossen,
so kann es kräftig grünen und sprossen.
Fest wächst es in die Erde ein,
und trägt gar viele Früchte fein.
So bringt geduldiges Sorgen und Pflegen,
in allen Dingen Wachstum und Segen.
Einst sah ich im Traum ein schönes Land,
mit mächtigen Bäumen am Meeresstrand.
Da schafften die Menschen Hand in Hand,
sie setzten Steine, sie schaufelten Sand,
sie bauten Häuser, die groß und haltbar waren,
sie bauten Schiffe, um aufs Meer zu fahren.
Dabei gab es dort nur ein Gebot:
Dem andern zu helfen in jeglicher Not.
Im Felsen verborgen - ein reiner Kristall.
Es leuchtet ein Stern aus dem Weltenall.
Ich weiß von dem Stern und ich weiß von dem Stein,
und mit beiden will ich verbunden sein.
In Finsternis war ihm die Welt verwandelt,
als seine Brüder ihn so übel einst behandelt.
Doch Josephs Vertrauen auf Gottes Macht
hat ihn zu hohen Ehren gebracht.
Er sammelte Korn in fruchtbarer Zeit
und war in der Not zur Hilfe bereit.
Er ließ sich vom Hunger der Brüder bewegen
und schenkte auch ihnen des Himmels Segen.
„Ich richte das schnell!",
sagt der Küfergesell
und hobelt die Dauben im Nu!
Der Meister nickt ihm zu:
„Die Kanten passen!
Auf dich kann ich mich verlassen!"