Markus Kemter
Anmerkung: Bei zwei Sprüchen wurde die Idee und je eine Zeile bei Claudia Kehrer entliehen.
Sieh nur, wie seine Schritte schwanken,
und ächzend beben unter ihm die Planken!
Doch fest am Steuerruder stets die Hand,
den Blick so ruhig zum Horizont gewandt,
den Wogen anvertraut sein Leben
kann allezeit er seinem Schiff die Richtung geben.
Ich selbst bin meines Schiffes Steuermann!
Doch lenkts ein Lotse auch aus Himmelshöhen,
er leuchtet hier auf Erden mir zum Ziel voran,
beschützt vor Klippen mich und Sturmesböen
in Wolken, Wind und Wetter, überm Sternenzelt:
Gott Vater, der mein Schiff in seinen Händen hält.
Am Gipfel eines Berges stand voll Kraft
einst eine schlanke junge Fichte.
Nachts zog sie aus der Erde ihren Saft
und wuchs am Tag im hellen Sonnenlichte.
Der Hagel zauste ihr das grüne Kleid,
manch wilden Tieres Kralle ritzte ihre Rinde,
und spät zur Herbst- und Winterszeit,
da peitschten sie die eisig-kalten Winde.
All diesem widerstand das Bäumlein Jahr um Jahr,
auf dass ein starker Baum es einstmals werde;
ob Sturmestosen, Wasserfluten, Eberzähne gar,
es hielt sich grad, dank fester Wurzeln in der Erde.
Dann, eines Tages, sammeln sich zu Hauf'
des Waldes Tiere ihm zu Füßen,
und bald, von nah und ferne, kommen Winde auf,
mit sanftem Flüstern sein Geäst zu grüßen.
Die hohe Fichte breitete ihr grünes Kleid
und lauschte froh der andern Wesen Kunde,
verschmerzt war nun so manches frühe Leid,
geheilt in ihrer Rinde manche Wunde.
Von ihrer starken Schönheit wisperte der Wind;
die Tiere dankten für den Schutz, den sie gewährt.
Und, dankbar selber auch, hub sie zu singen an
zum Lob des Schöpfers, der sie alle nährt.
Ein Schnecklein saß in seinem Haus
und fand‘s dort recht gemütlich,
„Heut regnet es, ich mag nicht raus.
Hier drinnen ist‘s so friedlich.
Ich träum‘ lieber vom Sonnenschein.
Und werd‘ mich hier verstecken!“
So sprach‘s, und rollt' sich wieder ein. -
Doch bald wird’s draußen wärmer sein,
dann kommt das Schnecklein aus dem Haus
und wird die Welt entdecken.
Vöglein im Nest – noch mit struppigem Flügel,
Fohlen im Stall – ohne Halfter und Zügel,
Lämmlein an Mutters wärmenden Lenden -
jedes Geschöpf ruht in göttlichen Händen!
Ich auch vertraue auf all meinen Wegen
meinem Geschick und dem himmlischen Segen.
Oben auf des Turmes Zinnen
mit gespanntem Bogen und mit wachen Sinnen
steht der Schütze, fest das Ziel im Blick.
Ruhig sein Atem, ruhiger noch die Hand,
und die Sehne bis zum Äußersten gespannt,
harrt er auf den rechten Augenblick.
Sanft, ganz sanft, in winziger Bewegung,
ohne eines weiter'n Gliedes Regung
lösen sich die Finger - und der Pfeil entflieht.
zischend fliegt er seinem Ziel entgegen,
trifft genau! Und wieder muss nur eine Hand sich regen,
die den nächsten Pfeil schon aus dem Köcher zieht.
Alles Schöne, das ich pflege,
alle Drachen, die ich zwinge,
jedes Tierlein, das ich hege,
alle Lieder die ich singe,
jedes Blümlein, das mir duftet,
alle Steine, die mich tragen,
alle Sterne, die mir leuchten,
wollen mir das eine sagen:
Dass ich Kind von dieser Welt bin,
hier geboren um zu leben,
und dass Menschen, die mich lieben,
mir stets halt und Hoffnung geben.
In mir lebt ein Teil von allem, das zur Ganzheit ich vereine.
Und dies alles ruht im Einen - und in allem lebt der Eine.
In seiner Höhle birgt ein kluger Zwerg
gar viele Schätze, die ihn selbst erfreuen:
Redlich gesammeltes und edles eignes Werk,
das er geschmiedet, ohne Müh zu scheuen.
Gar sorgsam hütet er den Schatz, und bange
hält er das Tor zur Höhle fest verschlossen.
Die Zwerge und die Wichtel mieden ihn nun lange,
das stimmt' ihn traurig und hat ihn verdrossen.
Nur eine kleine Elfe fand den Weg in seinen Bau:
„Öffne die Tore, zeige freudig deine Schätze,
so dass ein jedes Wesen unterm Himmelsblau,
sich an dem Reichtum, den du schaffst, ergötze.“
Der Zwerg fasst sich ein Herz und folgte ihrem Rat,
und viele Seinesgleichen durften nun zu ihm eilen,
manch neue Freunde fand er in der Tat
und wollt' von Stund' an gern mit ihnen teilen.
Geh ich im Walde, zu lauschen der Stille,
murmeln dort Bächlein in all ihrer Fülle,
zwitschern die Vöglein aus freudiger Kehle,
huscht manches Tierlein zurück in die Höhle,
rauschen der mächtigen bäume Gezweige,
steht uralter Felsen, vor dem ich mich neige.
Erst wenn ich ganz still bin, beiseite geh',
die Wunder der Schöpfung ich hör' und versteh'.
Tief des Nachts, in seinem kleinen Nachen,
fest die Ruder greifend, Rücken krumm gebogen,
eilig, wie um Strecke gut zu machen,
teilt der Schiffer kalte, schwarze Wogen.
Sieh, im Mondlicht bricht sich nun die Welle,
blinkt die Boje, die er tags zuvor dort setzte,
hebt den Blick noch einmal von der dunklen Stelle
zu dem Sternenhimmel, der ihn sonst ergötzte.
Mutig, ohne auch sein Haupt nur zu entblößen
stürzt er von der Bordwand in die Tiefe.
Taucht hinab, mit harten, langen Stößen,
schnell, als ob ein Geist ihn aus dem Dunkel riefe.
Kommt zurück – ihm ist als währt‘ es Stunden.
Ringt nach Luft, und krallt sich an die Planken.
Doch am Grund des Sees hat er den Schatz gefunden,
ihn, um den seit alters sich so viele Sagen ranken...
Weil mein Engel mich berührt,
sanft mit sich'rer Hand mich führt,
darf ich auf ihn bauen;
Werd' nun mutig meinen Weg
suchen, auch auf schmalem Steg,
und mir selbst vertrauen!
Ich ehre das Feuer in Flamme und Glut,
sein Funke entfacht in mir Tatkraft und Mut.
Ich achte das Wasser in Wolken und Wellen -
die Tiefe der Meere, das Sprudeln der Quellen.
Ich liebe die Luft, die zum Atmen ich brauche.
Im Brausen des Sturms, in des Nachtwindes Hauche.
Ich danke der Erde, die täglich mich nährt.
Sie trägt mich, was immer mir auch widerfährt.
Durch Feuer und Wasser, durch Luft und durch Erde
vollzieht sich das Wunder, dass Mensch ich selbst werde.
Doch in all den vieren wirkt göttliches Handeln,
um Stoff in lebendigen Geist einst zu wandeln.
„Graben soll ich? Ach, wozu denn?“,
sprach der träge Zwerg Torinde,
„Sollen andre sich bemühen!
Mir reicht das, was ich hier finde."
Kratzte nur im seichten Sand,
fand dort nichts als leichten Tand.
Mir jedoch hat Gott zur Arbeit
Auge, Herz und Hand gegeben,
kann voll Tatkraft sie benützen
um nach reichem Schatz zu streben.
Werd' selbst keine Mühen scheuen,
darf an seinem Glanz mich freuen!
Heb ich meinen Blick zu des Himmels Höhen,
lässt Gott mich die Wunder der Schöpfung sehen:
Die Sterne nehmen des Nachts ihren Lauf,
am Morgen geht strahlend die Sonne auf.
Ihr Licht und die Luft lassen atmend mich leben;
das Erdreich ruht fest, um mir Halt zu geben.
Schau rings ich mich um, so werd' ich gewahr
der Pflanzen und Tiere lebendige Schar,
und Menschen, voll Liebe an meiner Seite
mir helfend, dass mutigen Schrittes ich schreite,
die Straße, auf die mich mein Schicksal gestellt.
So darf auch ich strahlen - als Licht in der Welt.
Ein starkes Pferd steht auf der Weide,
daneben grast ein frommes Schaf,
ein Bienchen kommt herbeigeflogen,
inmitten ruht ein Menschenkind im Schlaf.
Es träumt von der Natur, die es beschenkt
und von dem Himmel, der sein Leben lenkt.
Indessen spricht das Pferd: „Wie jeder weiß,
trag ich auf langen Wegen meinen Herrn.“
Die Biene summt: „Den Lohn für meinen Fleiß,
den süßen Honig teil ich mit dem Menschen gern.“
Gemächlich käuend fügt das Schaf hinzu:
„Ich lass ihm Jahr um Jahr mein wollig‘ Kleid.“
Das Menschenkind erwacht aus seiner Ruh,
blickt zu den Tieren auf voll Dankbarkeit:
„Was ihr mir schenkt, soll mir zum Leben nützen.
Drum lasst auch mich euch dienen, und euch schützen!“