Feedback-Regeln / Feedback-Fehler

Ein Beitrag von Michael Harslem (Entwicklungsbegleiter von Mensch und Organisationen)

Feedback-Regeln

  • erbeten: Das steht im Gegensatz zu aufgezwungen. Feedback ist dann am wirk­samsten, wenn der Empfänger selbst die Frage formuliert hat, auf die der Feedback­geber ihm dann mit seinen Wahrnehmungen dazu antwortet.
  • konkret, auf die Frage bezogen: Das steht im Gegensatz zu allgemein. Beispiel: Wenn man jemandem sagt, er sei dominierend, so hilft ihm das vielleicht viel weniger, als wenn man sagt: „Gerade jetzt, als wir in dieser Sache zu einer Entscheidung kommen wollten, hatte ich den Eindruck, du hast nicht auf das gehört, was andere sagten, und ich hatte das Gefühl, dass du mich angreifen würdest, wenn ich deinen Argumenten nicht zustimme."
  • beschreibend: Das steht im Gegensatz zu bewertend, interpretierend oder Motive suchend. Indem man seine eigenen Wahrnehmungen und Reaktionen beschreibt, überlässt man es dem anderen, diese Information nach seinem Gutdünken zu ver­wenden oder nicht. Indem man alle Bewertungen unterlässt, vermindert man im ande­ren den Drang, sich zu verteidigen und die angebotene Information abzulehnen. Also Wahrnehmungen - keine Urteile!
  • wohlwollend, wertschätzend: Der Feedbackgeber bemüht sich um eine positive Haltung, akzeptiert innerlich sowohl die Stärken als auch die Schwächen des ande­ren, findet entsprechende Formulierungen.
  • Ich-Botschaften: Indem ich von mir und meinen Wahrnehmungen spreche, komme ich nicht in Gefahr, den anderen zu bewerten, zu beurteilen: „Du bist..., Du hast..."
  • wahrhaftig: Der Feedbackgeber bemüht sich um möglichst große Aufrichtigkeit, be­schönigt nicht, übertreibt aber auch nicht.
  • angemessen: Feedback kann zerstörend wirken, wenn wir dabei nur auf unsere ei­genen Bedürfnisse schauen und wenn dabei die Bedürfnisse des anderen Menschen, dem wir diese Information geben wollen, nicht genügend berücksichtigt werden. An­gemessenes Feedback muss daher die Bedürfnisse aller Beteiligten in rechter Weise berücksichtigen.
  • brauchbar: Es muss sich auf Verhaltensweisen beziehen, die der Empfänger zu än­dern fähig ist. Wenn jemand auf Unzulänglichkeiten aufmerksam gemacht wird, auf die er keinen wirksamen Einfluss ausüben kann, fühlt er sich nur umso mehr frustriert.
  • verständlich: Das kann man nachprüfen, indem man den Empfänger auffordert, die gegebene Information mit eigenen Worten zu wiederholen und dann seine Antwort mit der Intention des Feedbackgebers vergleicht.
  • zeitnah: Normalerweise ist Feedback umso wirksamer, je kürzer die Zeit zwischen dem betreffenden Verhalten und der Information über die Wirkung dieses Verhaltens ist.
  • vertraulich: was im Feedback gesagt wird, unterliegt dem Vertrauensschutz. Es kann nicht an anderer Stelle verwendet werden.
  • Der Feedbacknehmer kann das Feedback stoppen, wenn seine Kapazität erschöpft ist. Das muss der Feedbackgeber akzeptieren, auch wenn er noch weiterreden möch­te.
  • Das Feedback hat einen klaren Anfang und ein klares Ende. Es ist kein Gespräch. Bevor es in ein Gespräch übergeht, sollte man es bewusst abschließen.

nach Klaus Antons: Praxis der Gruppendynamik, Übungen und Techniken, Hogrefe, 1992, überarbeitet von Michael Harslem

 

Feedback-Fehler

Grundsätzlich gilt:

Ein richtiges Feedback ist kein Gespräch über den Feedback-Nehmer, sondern ein mit einer Frage erbetenes Zur-Verfügung-Stellen eigener Wahrnehmungen des Feedback-Gebers am Feedback-Nehmer bzw. über Wirkungen des Feedback-Nehmers auf sich und auf Dritte. Es ist also vom Ansatz her eine ein­seitige Aktion, die vom Feedback-Nehmer jedoch so gewünscht wird. Deshalb sollte auch der Feedback-Nehmer dieses Feedback nur aufnehmen, annehmen, um es selbst zu prüfen und zu verarbeiten. Das Feedback sollte erst einmal so stehen blei­ben können. Er sollte also nicht dagegenhalten, sich nicht verteidigen etc. - auch nicht innerlich! - sondern es dankbar annehmen, auch wenn es erst einmal aus sei­ner Sicht nicht zutreffend scheint oder sich innerer Widerstand regen sollte. Es ist jedoch Grundlage für ein weiterführendes Gespräch, wenn dieses gewünscht wird.

Häufige Fehler auf der Seite des Feedback-Gebers

  • bewertet und beurteilt den anderen durch „Du-Aussagen" z.B. „Du bist..." oder „Du willst..." oder „Du meinst immer...", also bringt fertige Urteile
  • projiziert seine Gefühle, Intentionen, Wünsche, Probleme in den anderen hinein
  • redet aus Unsicherheit immer weiter, ohne die Auffassungskapazität seines Partners abzuschätzen: gibt also zu viel Feedback
  • es artet zum Gerichtsverfahren aus: anklagen, verurteilen...
  • das Gegenteil ist: seine eigenen Aussagen relativieren, lobhudeln, beschönigen, um den Brei herumreden, sich anbiedern, Gefühlsduselei..., um es „erträglicher" zu machen
  • es wird zur Abrechnung, Vorwürfen, Herumhacken, Fertig-Machen, Vergeltung, Rache nehmen - weil der andere sich ja nicht wehren darf

Häufige Fehler auf der Seite des Feedback-Nehmers

  • geht nur scheinbar auf das Feedback ein, ist aber innerlich in Abwehrhaltung, stellt sofort alle Stacheln auf, macht zu, „Schotten dicht", baut eine Wand auf
  • das Gegenteil: lässt die Aussagen zu dicht an sich heran, verliert den Abstand dazu, lässt die Aussagen nicht beim anderen, identifiziert sich zu stark mit den ihm entgegenkommenden Aussagen und Bildern, fühlt sich deshalb entweder falsch gesehen, ungerecht behandelt, persönlich angegriffen, verletzt, herabgesetzt, oder auch zu sehr bestätigt, erhoben, gelobt
  • hängt sich an Details auf und regt sich darüber auf, anstatt den ganzen Sinn und die wesentlichen Mitteilungen zu erfassen, und erfasst damit den Rest des Feedback nur noch mit dieser speziellen Brille.
  • versucht, weniger Vertrautes in seine eigenen Denkschemata einzuordnen, legt sich sofort Erklärungen zurecht
  • wehrt sich und blendet deswegen vieles aus, hört es nicht mehr, schaltet innerlich ab.

In der Regel bedarf das Feedback einer Nachbearbeitung, z.B. in einem Klärungs­gespräch oder in einem Entwicklungsgespräch. Dieses sollte - falls möglich - nicht sofort im Anschluss daran, aber zeitnah erfolgen. Eine Konfrontation mit Schwierigkeiten und Kritik, eine Auseinandersetzung über Probleme oder die Bearbeitung von Konflikten gehören nicht in ein Feedback, sondern z.B. in ein Problemgespräch, in ein Krisengespräch oder in eine Konfliktbearbeitung.

Michael Harslem

E-Mail: michael@harslem.de
Web: https://harslem.de/

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