Die Entdeckung der Langsamkeit
Ein Beitrag von Stefan Seifert
Der Waldorflehrerberuf stellt viele Anforderungen. Der Unterricht, die Unterrichtsvorbereitung, Begleitung und Förderungen von einzelnen Schülern auf ihrem speziellen Lernweg, Elternarbeit, Selbstverwaltung, Gremienarbeit, Konferenzen, Schulführungsaufgaben usw.
Das sind natürlich nur die schulischen Herausforderungen. Das Privatleben hält auch noch so manches bereit. Dauerstress und das Gefühl der Überforderung können zum ständigen Begleiter werden.
Nun gibt es viele Bücher, die man zur Stressbewältigung kaufen kann. Ich will aber keins dem Reigen hinzufügen, sondern nur kurz notieren, wie meine Strategie zu diesem Thema aussieht. Stress ist vor allen Dingen eine Kopfsache. Der Tag hat 24 Stunden, die meisten brauchen 7-8 Stunden Schlaf, der Rest ist gestaltbar. Sollten Sie mehr Aufgaben dort hineinpacken, als Sie überhaupt bewältigen können, dann müssen Sie etwas streichen oder abgeben. Kaum etwas ist so wichtig, dass morgen die Welt unterginge, wenn Sie es heute nicht machen. Das gehört noch nicht zu meiner Strategie, sondern ist einfach nur logisch.
Nehmen wir also den Fall, dass ein sehr großes Aufgabenpensum vor mir liegt und der Stresspegel hoch ist. Drei Dinge helfen mir in einer solchen Situation extrem.
- Ich priorisiere: die notwendigste Aufgabe zuerst, dann alles Weitere …
- Ich mache alles betont langsam! Ich gehe langsam, ich esse langsam, ich bewege mich langsam, ich arbeite langsam am Schreibtisch …
- Ich fokussiere mich auf den unmittelbar nächsten Schritt und nicht auf alle zu erledigenden Aufgaben gleichzeitig! Die versuche ich auszublenden.
Das war’s. Stress lässt mich hetzen. Ich bin nicht mehr mit der Gegenwart verbunden. Ich verliere den inneren Zusammenhang mit meiner Aufgabe. Ich gehe nicht in ihr auf. Sie wird unbefriedigend, macht keinen Spaß und wird wahrscheinlich auch nicht gut. Auch schlafe ich schlechter.
Weniger ist MEHR. Die Auswirkung der Langsamkeit ist, sobald ich darauf achte, für mich stark erlebbar. Ich werde innerlich ruhiger und entspannter, die Arbeit macht mehr Freude. Ich verbinde mich mit meiner Tätigkeit, dadurch erfüllt sie mich. Am Ende des Tages bin ich wesentlich zufriedener. Vielleicht blieb etwas unerledigt und die Vermutung liegt nahe, dass man weniger schafft, wenn man bewusst langsam an die Aufgaben herangeht. Ich habe allerdings oft die Erfahrung gemacht, dass ich mit dieser Strategie konstanter arbeiten kann und die zeitaufwendigen Totalregenerationen vermeide. Das spart viel Zeit!
Man könnte das groß und breit ausführen – ein Buch darüber schreiben – aber im Grunde muss man nur darauf achtgeben. Probieren Sie es einfach aus! Mir hilft es sehr.