Gedichte und Sprüche zur Pflanzenkunde

Zwei Tannenwurzeln

Zwei Tannenwurzeln groß und alt
unterhalten sich im Wald.

Was droben in den Wipfeln rauscht,
das wird hier unten ausgetauscht.

Ein altes Eichhorn sitzt dabei
und strickt wohl Strümpfe für die zwei.

Die eine sagt: knig. Die andre sagt: knag.
Das ist genug für einen Tag.

Christian Morgenstern 

 

Tischspruch

Es keimen die Pflanzen in der Erdennacht,
es sprossen die Kräuter durch der Luft Gewalt,
es reifen die Früchte durch der Sonne Macht,

so keimet die Seele in des Herzens Schrein,
so sprosset des Geistes Macht im Licht der Welt,
so reifet des Menschen Kraft in Gottes Schein.

 

Kinder der Sonne

Same in der Erde ruht,
trägt in sich der Sonne Glut.
Ist die Wintersruh vorbei,
kommt ein Sonnenstrahl herbei,
lockt heraus Geschwistersein,
aus dem Samenhaus so klein.

Und das Körnlein atmet aus,
erste Blätter streckt's heraus,
grünes Blatt, es dehnet sich
wohlig aus in Luft und Licht.

Blatt, es atmet wieder ein,
wird jetzt zu des Kelches Schrein:
Knopse dehnt sich aus mit Macht,
schafft der Blüte Farbenpracht.

Auch die Blüte atmet ein,
Sonnestaub zieht sie herein,
hängt sich an dem Fädchen auf,
lockt die Bienen dann zuhauf.

Und der letzte Atemschwung
macht die Pflanze wieder jung.
Frucht, sie dehnt sich mächtig aus,
lockt die Nascher an zum Schmaus

Doch in ihrem Innern jetzt
Samen reifen zu guter letzt.
Samen atmet wieder ein
alles früh're Blumensein.

Fällt dann in der Erde Schoß,
wartet auf die Sonne bloß.

Verfasser unbekannt

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