Bergkristall

Wer im Gebirge gewandert ist und das Glück hatte, in einer Felsenkluft einen klaren Bergkristall zu finden, kennt jenes Staunen, das einen überkommen kann beim Anblick dieser unwirklichen Gebilde.

Etwas von der Klarheit der Luft und von der durchsichtigen Reinheit sprudelnde Quellen scheinen sich hier verkörpert zu haben. Gleich einem Wunder liegen mitten im dichten, undurchsichtigen Gestein wie schwebend eingebettet klare, wasserhelle oder farbige Kristalle.

Man gewinnt den Eindruck, dass eine kristallbildende Kraft die reine Substanz aus der Gesteinsmasse heraus saugt und alles Unreine zurücklässt. Selbst aus dunklen, eisenreichen oder sonst wie gefärbten Gesteinen kristallisieren wasserklare, farblose Bergkristalle. Nur ganz selten an einigen wenigen Fundorten gibt es kleine Bergkristalle, die andere Stoffe umschließen und undurchsichtig gefärbt sind.

 

Krystallos - Eis

Sein Name stammt vom griechischen Krystallos, was Eis bedeutet. Die Griechen dachten, der Bergkristall sei ewiges Eis, das selbst durch die stärksten Sonnenstrahlen nicht zum Schmelzen gebracht werden konnte. Erst später, als der Begriff Kristall als Oberbegriff für verschiedene Mineralien verwendet wurde, kam der Zusatz „Berg" dazu.

Eigentlich kann man sagen, dass ein Bergkristall geboren wird. Er wächst in einer reinen Kieselsäure Lösung zu einem Kristall heran. Damit der Kristall klar bleibt, braucht er optimale Bedingungen, die sehr lange konstant bleiben müssen. Die Bergkristalle in den Alpen entstanden zum Beispiel innerhalb von 40.000 Jahren. Das Gestein kühlte insgesamt nur um 1 °C ab. Wird der Bergkristall bei seinem Wachstum gestört, bilden sich Sprünge und Risse, die wir als Wolken oder Lichtreflexe wahrnehmen. Die meisten Kristalle kommen in Kristallgruppen auf Innenwänden von Drusen vor und haben eine Länge zwischen zwei und 10 cm. Es kam jedoch auch schon vor, dass Kristalle mit einer Länge von 2 m und mehreren Tonnen Gewicht gefunden wurden.

Nur dort, wo durch Bewegung weicher elastischer Gesteinsmassen (z.B. Magma) in der Vergangenheit Spalten, Klüfte, geringe oder auch blasenartige Hohlräume entstehen konnten, war die Möglichkeit gegeben, dass in diesen Räumen sich die gelartig weiche und wasserhaltige Kieselsäure sammeln und später aus kristallisieren konnte. Das ist der Grund, warum man Quarz oft in solchen Hohlräumen findet. Generell wächst Quarz oft an Spalten im Gestein.

 

Tränen von Carrara

Aber nicht nur in solchen Hohlräumen kristallisierte sich die Kieselsäure aus, sondern auch inmitten von Kalk, Gips und Marmor. Dies ist nur verständlich, wenn man weiß, dass Kalk, Marmor und Gips vor ihrer Verfestigung ebenfalls in einem geleeartigen Zustand waren, der die gelöste Kieselsäure gleichzeitig enthielt. So konnte der Bergkristall in der weichen Masse schwebend auskristallisieren und bildete die so besonders schönen doppelendigen Kristalle. Die so genannten Doppelender zeigen den Bergkristall in seiner vollendeten Form: die sechsseitige Säule, die an beiden Enden von einer sechsseitigen Pyramide begrenzt ist. Solche doppelendigen Bergkristalle finden sich eingewachsen und auf Hohlräumen im Marmor von Carrara in Italien, aus dem Michelangelo seine berühmten Marmorplastiken schuf. Diese so genannten Tränen von Carrara gehören zu den schönsten und reinsten Bergkristallen, die man überhaupt kennt - nur ist ihre Größe meist sehr beschränkt.

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