Die "süße" Pädagogik: "Mit der Torte Bruchrechnen"?

Aus dem Blog 'Gedanken zur Waldorfpädagogik' von Dieter Centmayer

Lehrer meinen immer wieder, dass sie besondere Anstrengungen unternehmen müssten, um den Kindern einen vielleicht "unschmackhaften" Stoff "schmackhaft" näherzubringen. Sie kommen dann auf die Idee , solche oder ähnliche Textaufgaben stellen: Wieviele Schokoküsse essen 7 Kinder insgesamt bei einer Geburtstagsfeier, wenn jeder drei bekommt?

Sie meinen dann, dass die Kinder dadurch die Rechenaufgabe viel lieber lösen würden. Das ist unredlich. Dabei hat man die Natur des Rechnens gründlich missverstanden. Jede Rechenaufgabe ist wie ein Rätsel. Sie drängt die menschliche Seele, sie zu lösen. Und es ist immer eine kleinere oder größere Freude, sie gelöst zu haben. Das Rechnen braucht nicht viel Drumherum, es ist aus sich selbst heraus schön!

Und wenn man schon das Rechnen mit der Lebenspraxis verbinden will, dann nehme man ein ernsthaftes Element aus einem "großen" Lebensbereich: Man rechne z.B. mit Benzin-Tankfüllungen usw. und bespreche dabei gleichzeitig eine Tankstelle, die Herkunft des Benzins usw. Die Kinder sollen in das Leben der Welt eingeführt werden. Das finden sie interessant.

Man wird nicht ihre Freude beim Feiern von Geburtstagsfesten und am Verzehren von süßen Dingen ausnützen und auch noch die Naschsucht befördern, durch die Art wie man Aufgaben stellt. Im ungünstigen Fall verdirbt man ihnen noch den Appetit auf Schokoküsse für den Rest ihres Lebens, bloß weil man meinte, sie für Rechenhausaufgaben missbrauchen zu müssen. Es soll auch schon einmal ein Lehrer eine Bruchrechenepoche damit begonnen haben, dass er eine Torte nahm und sie vor den Augen der Schüler zerschnitt und an diese verteilte. Ein Kuchen oder eine Torte ist kein Rechengegenstand! Es ist ein wertvolles Lebensmittel; sogar eines, das für festliche Zwecke gedacht ist und nicht für einen Rechenunterricht.

 

Das Ende einer Epoche

Im Blog geht es am Folgetag weiter:

In Anknüpfung an das gestern über die "Bruchrechen-Torte" Geschriebene wäre noch zu ergänzen, wie es sich mit ähnlichen Dingen in anderen Epochen verhält.

Die Torte sollte ja als feierliches Element erst zum Abschluss einer Epoche auftauchen. Entsprechend kann man auch zum Abschluss einer Geschichts- oder Erdkunde-Epoche Bilder oder Dias zeigen, die das Behandelte den Sinnen veranschaulichen. Während man in der Epoche selbst eher sehr sparsam mit solchen photographischen Visualisierungen sein sollte. Hier wird man z.B. einen griechischen Tempel erst verbal beschreiben, dann vielleicht ein Bild an der Tafel vor den Kindern entwerfen. Und dann kann es auch einmal sehr schön sein, wenn man die Kinder am Ende mit dem Bild eines echten Tempels beglückt.

Da soll dann auch nichts mehr erklärt werden, sondern die Schönheit, die das Bild wiedergibt, soll für sich selbst sprechen. Zur Not kann man im heutigen Zeitalter der "Medien-Diktatur" auch einmal eine filmische Darstellung als Epochenabschluss zulassen. Nur sollte der Film nicht zu lang sein.

 

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