Friedrich Wilhelm I. - "der Soldatenkönig" (Friedrichs Vater)

Friedrich Wilhelm I., auch bekannt als der „Soldatenkönig", war von 1713 bis 1740 König von Preußen. Unter seiner Herrschaft entwickelte sich Preußen von einem geschwächten Staat zu einer militärischen Macht, was den Grundstein für den Aufstieg Preußens zur Großmacht unter seinem Sohn Friedrich II., auch bekannt als Friedrich der Große, legte.

1713 stirbt König Friedrich I. in Berlin mit 56 Jahren an einem Leberleiden. Er hinterlässt Friedrich Wilhelm I. mehr als 30.000.000 Taler Staatsschulden. Friedrich II. hingegen wird später einen Staatsschatz von mehr als 10 Millionen Talern und ein an Sparsamkeit, Arbeit und Gehorsam gewöhntes Volk erben.

Preußen glich zu jener Zeit noch einem Flickenteppich. Zersplittert in große und kleine Ländereien, die nicht miteinander verbunden waren. Die Hauptstadt Berlin und das fast in Russland gelegene Königsberg sind die einzigen nennenswerten Städte. Die meisten der 2 Millionen Untertanen sind Bauern. Dabei bringt das karge Land kaum mehr hervor als Kraut und Rüben.

 

Ein neuer, eisiger Wind

Kaum hatte Friedrich I. 1713 die Augen geschlossen, verlangte Friedrich Wilhelm I. vom Hofmarschall eine Liste der höfischen Beamten. Nach einem flüchtigen Blick strich er die Namen auf der Liste durch. Die Hofangestellten waren verstört und einer von ihnen sagte: „Unser guter Herr ist tot, und der neue König schickt uns alle zum Teufel."

Frage an die Schülerschaft: Du bist reich und besitzt eine große Villa mit Pool in München. Du hast ein Kindermädchen, einen Gärtner, eine Köchin und sogar einen Chauffeur. Vor deinem Haus stehen drei teure Autos und in die Ferien fährst du mit deiner Familie gern in eines deiner drei Ferienhäuser, die in Spanien, Italien und Schweden stehen. Nun kündigt dir dein Chef fristlos und du findest einfach keinen vergleichbaren Job. Es ist wirklich der Wurm drin. Auch kannst du den Kredit für dein Haus nicht mehr bedienen. Was würdest du in dieser Situation zunächst machen?

Ein neuer, eisiger Wind sollte durch das Schloss wehen. Er reduziert die Lohnkosten von 250.000 auf 50.000 Taler und veräußert 480 Pferde aus dem königlichen Stall. Nicht nur die Kammerherren und die Hofdiener wurden entlassen, sondern auch Prunkwagen, Möbel und Maskenkostüme wurden verkauft. Selbst das goldene und silberne Tafelgeschirr wurde eingeschmolzen, um die Schulden zu begleichen. Um Geld zu sparen, trug der König statt eines prächtigen Gewandes die einfache, dunkelblaue Uniform eines preußischen Offiziers. Er tolerierte auch bei seinen Untertanen keine Verschwendung und konnte im Zorn sogar Hofbeamten ihre teuren Perücken vom Kopf reißen und in den offenen Kamin werfen. Die großen, teuren Perücken, die bisher üblich waren, schaffte der König ab. Er band sein Haar in einen kurzen Zopf, und diese Haartracht wurde bald allgemein üblich. Auf offener Straße bedrohte er sogar Bürgerfrauen, die Seidenkleider trugen.

Er hasste nicht nur Verschwendung, sondern vor allem Faulheit. Er glaubte fest daran, dass ein armer Staat nur durch fleißige Arbeit Wohlstand erlangen könne. Daher trieb er seine Untertanen wie ein Gutsherr seine Knechte an. Wenn er mit seinem Bambusstock, dem „spanischen Rohr", auftauchte, bebten die Bauern auf den Feldern, die Soldaten beim Exerzieren sowie die Minister und Generäle. Bauarbeiter, die faul herumstanden, wurden von ihm persönlich verprügelt. Marktfrauen wurden gezwungen, Wollstrümpfe zu stricken, während sie auf ihre Kunden warteten.

 

Preußische Tugenden

Frage an die Schülerschaft: Wisst ihr, was eine Tugend ist? Man könnte sagen, dass eine Tugend eine gute, vorbildliche Eigenschaft ist. Nun kann man auch einem Volk gewisse Tugenden zuschreiben. Natürlich muss man da vorsichtig sein. Könnt ihr euch vorstellen, welche Tugenden man den Deutschen nachsagt? Habt ihr eigene Erlebnisse?

Niemand mehr als Friedrich Wilhelm I. verkörperte die „preußischen Tugenden“, die man heute noch den Deutschen zuordnet: Disziplin, Sparsamkeit, Pünktlichkeit, Sauberkeit, Fleiß und Strebsamkeit.

Nur eine kostspielige Leidenschaft hatte der „Soldatenkönig": das preußische Militär. Sein Lieblingsregiment, mit dem er täglich stundenlang exerzierte, waren die „Langen Kerls". Der König, selbst ist nur 1,60 Meter groß, daher hat er wohl eine Vorliebe für Riesen: für einen Iren von 6 Fuß, 11 Zoll Länge zahlt er 9.000 Taler, das war das dreifache Jahresgehalt eines Ministers. „Das schönste Mädchen, das man mir verschaffte, wäre mir gleichgültig. Aber Soldaten, das ist meine Schwäche, damit kann man mich so weit bringen, wie man will." Trotz seiner sonstigen Sparsamkeit gab er große Summen aus, wenn er einen besonders langen Mann anwerben konnte. Das Potsdamer Leibregiment, dessen Oberst der König selbst war, bestand aus lauter Riesen.

Er baute sein „stehendes Heer" allmählich auf 83.000 Mann aus. Damit war die preußische Armee größer als die des Habsburgerreichs. Zu den Habsburgern gehörten damals aber auch Ungarn, Kroatien, Böhmen und Schlesien, insgesamt über 20 Millionen Einwohner. Preußen hingegen verfügte nur über eine Bevölkerung von 2 Millionen Einwohnern. Eine solche Heeresgröße konnte nur gelingen, weil Friedrich Wilhelm I. fast alle Steuereinnahmen in den Landesausbau, aber vor allem in die Armee steckte. Die kostete jährlich 6 Millionen Taler, ganze 80 % der Staatsfinanzen.

Diese Steuern mussten jedoch zuerst eingetrieben werden. So entsteht der berühmte und berüchtigte Beamtenstaat. Brandenburg-Preußen wird zum Land mit der höchsten Steuer Europas. Aber die Armee kostet nicht nur Geld, sondern sie schafft auch Arbeitsplätze. Damit war sie zugleich ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Eine Armee benötigte nämlich Kleidung. 5.000 Brandenburger stellen in der größten deutschen Tuchmanufaktur Uniformstoffe her. Diese werden auch ins Ausland exportiert. Oder in Potsdam und Spandau wurden in großen Werkstätten massenhaft Gewehre produzieren.

 

Die Armee

Frage an die Schülerschaft: Wisst ihr, was ein Drill ist? Wenn man z.B. einen bestimmten Bewegungsablauf immer und immer wieder übt, sodass man ihn perfekt und wie im Schlafe kann, dann kann man von einem Drill sprechen. Insbesondere wenn ein Vorgesetzter einen dazu anhält. Welcher Bewegungs-Abläufe könnte bei der Armee damals sinnvoller Weise gedrillt werden?

Ausrüstung, Waffen, Uniformen, Ausbildung und die Regeln der Armee wurden unter Friedrich Wilhelm I. standardisiert. Wenn man ein preußisches Regiment daherkommen sah, überfiel jeden Ausländer ein Grausen. Denn diese Soldaten gingen nicht wie andere Menschen daher, vielmehr setzten alle zur gleichen Zeit den linken und dann den rechten Fuß auf; diesen »Gleichschritt« hatte der preußische Feldmarschall Fürst Leopold von Anhalt-Dessau erfunden. Und nicht nur der Schritt war der gleiche, auch die Haltung jedes Mannes, jede Bewegung, ja selbst das Aussehen: jede Uniform, jede Halsbinde, jeder Stiefelknopf war der gleiche. Und sie marschierten nicht nur im Gleichschritt, sie knieten auch zeitgleich nieder, legten die Gewehre an und feuerten, feuerten sechs Schuss in der Minute, dreimal mehr als jeder andere Soldat, auch das dank einer Erfindung des Alten Dessauers, der ihnen den eisernen Ladestock beschert hatte. Die Armee wurde aufs Beste ausgestattet und bis zum Umfallen gedrillt. Verlangt wurde unbedingter Gehorsam. Wer die Regeln nicht befolgt wird hart bestraft. Mängel an Schuhen und Frisur haben Prügel zur Folge. Trunkenheit und Glücksspiele werden mit Spießrutenlaufen bestraft. Angriff gegen den Vorgesetzten oder gar Desertation werden mit Erschießen geahndet.

Preußische Werber sind im ganzen Land unterwegs, um den Personalbestand der Armee zu sichern. Das war nicht immer ein sauberes Geschäft. Jungen Männer werden betrunken gemacht, mit Geld geblendet und in die Armee gepresst. Später führt der König eine Art Wehrpflicht ein, die allzu krasse Werbemethoden mildert.

Am Ende verfügt Friedrich Wilhelm I. über die disziplinierteste und feuerschnellste Armee Europas. Dieser Machtfaktor sorgt dafür, dass Preußen von Kriegen verschont bleibt. Denn der Soldatenkönig liebt zwar das Militär, aber er liebt keine Kriege. Kriege kosten Geld und ramponieren die schöne Armee. Abschreckung lautete seine Devise. Friedrich Wilhelm I. hat in seine Regierungszeit keinen einzigen Angriffskrieg geführt. Sehr ungewöhnlich für diese Zeit.

 

Kunst und Theater fallen dem Rotstift zum Opfer

Zielstrebig krempelte Friedrich Wilhelm I. den Staat mit seinen Untertanen um. Sein Programm ist einfach und überschaubar: Gefördert wird alles, was nützlich ist. Leider gehören in seinen Augen Akademien, Theater und die Kunst nicht dazu. So werden Orchester aufgelöst und Schlösser verpachtet oder verkauft.

 

Charakter

Friedrich Wilhelms I. war kein einfacher Charakter. Er war energisch, treu, unendlich fleißig, pflichtbewusst, erfüllt von der preußischen Gesinnung: die Regenten sind zur Arbeit geboren, nicht zum Genuss - sparsam, ökonomisch, hausväterlich-patriarchalisch, bürgerlich, dabei streng, hart und rau bis zum Äußersten, ja roh zuweilen - herrisch, selbstherrlich, tyrannisch, alles selbst machen, alles selbst überwachen, alles durch Zwang verwirklichen wollend; unter der derben, schroffen und groben Hülle doch treuherzig, ja liebebedürftig; protestantisch-gläubig, hausbacken, ohne irgendwelchen Sinn für höhere Bildung, ohne Sinn für menschliche Individualität, fern der Kultur und dem geistigen Leben.

 

Seine Frau - Königin Sophie Dorothea

Der spartanische Kronprinz heiratete eine Prinzessin, die sich für Musik, Kunst, Literatur und Mode interessierte. Sophie Dorothea war die Tochter des Kurfürsten von Hannover, einer der glanzvollsten Familien Europas. Die Heirat in das Haus Hohenzollern ist für sie ein Abstieg. Sie hatte als Gattin keinen Einfluss auf die Politik. Trotz ihrer Verschiedenheit pflegte sie ihren Gatten später während seiner Krankheiten mit Hingabe. Auf der anderen Seite blieb Friedrich Wilhelm seiner Frau treu, während an anderen Höfen ein Monarch ohne Mätressen schon fast Misstrauen erregt.

Sie brachte insgesamt 14 Kinder zur Welt. Friedrich, der spätere Thronfolger, war nicht der Erstgeborene. Zwei Brüder kamen schon vorher zur Welt, sie überlebten jedoch nicht ihr erstes Lebensjahr. Älter war auch noch die Schwester Wilhelmine, zu der Friedrich eine innige Beziehung aufbaute.

 

Sohn Friedrich

Zu seinem Sohn Friedrich hatte Friedrich Wilhelm I kein gutes Verhältnis. Ihre Charaktere waren völlig verschieden, weshalb der eine den anderen nicht verstand. Dazu aber mehr in dem Beitrag über Friedrich I.

 

Schulpflicht

Für alles schafft Friedrich Wilhelm neue Regeln. Hunderte von ihm erlassene Edikte regeln das Staatswesen und das Leben der Untertanen. Im Jahr 1717 verordnet er die allgemeine Schulpflicht. Den Einwänden seiner Minister, die behaupten, dass die Reform zu teuer sei, antwortet der normalerweise geizige König: „Wenn ich das Land aufbaue und verbessere, aber keine Christen erziehe, dann ist alles umsonst!" Das Hauptfach in der Schule ist Religion, und auch Schreiben und Rechnen sind erwünscht, damit die Untertanen ein gottgefälliges und nützliches Leben führen können. Sie sollen dem König nacheifern.

 

Asylpolitik

Friedrich Wilhelm beeindruckt mit noch einem Wesenszug. Er engagiert sich für religiös Verfolgte. Schon sein Großvater hatte seinerzeit die in Frankreich verfolgten Hugenotten aufgenommen. Nun nimmt Friedrich Wilhelm I.  20.000 Glaubensflüchtlinge aus Salzburg auf, die 1732 nach Preußen kommen. Ein endloser Flüchtlingszug durch Mitteleuropa. Der sonst so geizige König investiert einige Millionen Taler. Die Aktion sorgt für Aufsehen. Im von der Pest entvölkert Ostpreußen erhalten die Salzburger Ländereien, Vieh, Bauholz und Steuerprivilegien. In wenigen Jahren verwandelt sich das Land zu einer blühenden Provinz. Selbst sein Sohn Friedrich zeigt sich später davon beeindruckt, dass durch den Wink eines einzigen Mannes auf diesen eins so verödeten Quadratmeilen jetzt mehr Wohlstand und Fruchtbarkeit herrscht als irgendwo in Deutschland.

 

Waisenhaus und die Charité

1722 gründet der König das große Militärwaisenhaus in Potsdam. Hier erhalten über 2.000 Waisen eine Schulbildung verbunden mit einem Beruf. Die Zöglinge arbeiten in den angeschlossenen Manufakturen, an die sie später vermittelt werden. Die Erträge der Produktion wiederum dienen dem Erhalt des Waisenhauses.

Auch die Medizin wird von Friedrich Wilhelm I. als nützlich angesehen. 1727 entsteht die berühmte Charité in Berlin, an der Kranke behandelt und Ärzte ausgebildet werden.

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