Die Bomben von Hiroshima und Nagasaki
Die Diskussion über den Abwurf der Atombombe auf Hiroshima ist komplex und vielschichtig, wobei beide Seiten gewichtige Argumente vorbringen. Die Bewertung dieses historischen Ereignisses hängt stark von den moralischen, strategischen und historischen Perspektiven der jeweiligen Betrachter ab. Lest den folgenden Text und bildet euch anschließend in geeigneter Form eine eigene Meinung, ob der Abwurf zweier Atombomben zu rechtfertigen war.
Hintergrund
Als Pazifikkrieg werden die 1937 begonnenen Kampfhandlungen zwischen dem Japanischen Kaiserreich und der Republik China, später zusätzlich den Vereinigten Staaten und deren Alliierten in Ostasien und im pazifischen Raum bezeichnet. Japan spielte im Zweiten Weltkrieg eine aggressive Rolle als Mitglied der Achsenmächte, zu denen auch Deutschland und Italien gehörten. Es verfolgte eine Reihe von strategischen und geopolitischen Zielen, die tief in seiner imperialistischen und militaristischen Ideologie verwurzelt waren. Eines der Hauptziele Japans war die Etablierung eines „Großostasiatischen Raums“, das unter japanischer Führung und Kontrolle stehen sollte. Dieses Konzept wurde als Befreiung der asiatischen Länder von den westlichen Kolonialmächten dargestellt, bedeutete aber tatsächlich die Errichtung eines japanischen Imperiums, das die wirtschaftlichen und strategischen Ressourcen der Region für sich nutzen wollte.
Ein weiteres zentrales Ziel war die Sicherung von Rohstoffen und die wirtschaftliche Unabhängigkeit. Japan war arm an natürlichen Ressourcen, die für die industrielle Entwicklung und die Kriegsführung entscheidend waren, wie Erdöl, Gummi und Metalle. Durch die Eroberung ressourcenreicher Gebiete in Südostasien, darunter die Ölfelder in Indonesien und die Zinn- und Kautschukvorkommen in Malaya, wollte Japan seine wirtschaftliche Unabhängigkeit und militärische Stärke sichern.
Die militärische Dominanz im Pazifik war ebenfalls ein wichtiges Ziel. Durch den Aufbau einer starken Marine und die Besetzung strategisch wichtiger Inseln und Küstengebiete wollte Japan die Bewegungsfreiheit der alliierten Mächte einschränken und seine eigene militärische Präsenz in der Region festigen. Der japanische Expansionismus war zudem von einem starken Nationalismus und dem Wunsch nach internationalem Ansehen getrieben. Japan sah sich selbst als natürliche Führungsmacht in Asien und wollte den Westen herausfordern, um seine Stellung als bedeutende Weltmacht zu festigen. Der Sieg über Russland im Russisch-Japanischen Krieg von 1904-1905 hatte Japans Ambitionen genährt, als gleichwertiger Akteur in der internationalen Politik anerkannt zu werden.
In Europa war der Krieg seit dem 8. Mai 1945 zu Ende; aber im Fernen Osten forderte er weiter blutige Opfer — einerseits bei den Japanern und anderseits bei den Amerikanern, Briten und Chinesen. Truman, Churchill und Tschiang Kai-schek waren entschlossen, den Kampf auch hier bis zur bedingungslosen Kapitulation des Feindes fortzusetzen, und Stalin hatte verkündet, drei Monate nach dem Sieg in Europa Japan ebenfalls den Krieg zu erklären.
„Todesflieger"
Der machtvolle Eroberungskrieg der Japaner hatte vor drei Jahren, im Mai 1942, seinen Höhepunkt erreicht. Ein Gebiet von 6000 Kilometern Durchmesser, mit Manila, der Hauptstadt der Philippinen, als Mittelpunkt, umschloss ungefähr ihren damaligen Herrschaftsbereich. Eine östliche Ausbuchtung müsste auch die Salomonen, Neuen Hebriden, Gilbert- und Marshallinseln einbeziehen. Seitdem drangen die Amerikaner immer tiefer in diesen Ring ein, und gleichzeitig verdrängten Engländer, Inder und Chinesen den Feind in schweren Dschungelkämpfen aus Burma. Im Herbst 1944 hatten die Amerikaner auf den Philippinen Fuß gefasst, und im Februar 1945 zogen sie nach blutigen Kämpfen in Manila ein. Die Japaner hatten im Kampf um die Philippinen fast ihre gesamte Flotte verloren, kämpften jedoch verbissen weiter. Ihre Todesverachtung war grenzenlos. Ungezählte Freiwillige stürzten sich als „Todesflieger“ mit ihren beim Aufprall explodierenden Maschinen auf feindliche Schlachtschiffe, und Tausende entzogen sich der Gefangennahme durch Selbstmord mittels Handgranaten oder durch feierliches Harakiri. Lieber wählten sie den Tod, als sich zu ergeben. Wie erbittert würden diese fanatischen Krieger erst um ihre Heimat kämpfen!
Seit langem schon wurden die japanischen Inseln bombardiert. In den großen Industriestädten waren ausgedehnte Gebiete bereits verwüstet. Japan hat jedoch noch immer eine Armee von fünf Millionen Mann unter Waffen hat. Allein fünftausend Selbstmordflieger stehen bereit, sich mitsamt ihren sprengstoffgeladenen Maschinen auf amerikanische Schiffe zu stürzen. Die Landung der Alliierten stand kurz bevor, und nach bisherigen Erfahrungen mussten man mit monatelangen Kämpfen, riesigem Materialverlust und ungeheuren Opfern rechnen.
Die Atombombe
Amerika hat um diese Zeit zwei Atombomben zum Einsatz bereit. Diese neuartigen Zerstörungsmittel sind unter ungeheurem Aufwand von Arbeit, Material und Geist von amerikanischen und europäischen Wissenschaftlern entwickelt und gebaut worden. Amerika hat für dieses Unternehmen eine Anzahl streng geheimer Plätze eingerichtet: in Wüsten, Gebirgen und in abgesperrten Tälern. Die bedeutendsten „Väter der Atombombe“ waren Juden, die Hitler durch seine Rassenverfolgung aus Europa verjagt hatte: Einstein und Oppenheimer kamen aus Deutschland, Lise Meitner aus Österreich, Teller aus Ungarn und Fermi aus Italien. Jetzt -1945 - schlägt ein Komitee dem Präsidenten Truman vor, die Bomben ohne vorherige Warnung auf Japan abzuwerfen und damit den Krieg zu beenden. Dieser Meinung schließt sich Kriegsminister Stimson an.
Der Abwurf
Der Flugplatz von Tinian füllt sich mit immer mehr Staffeln viermotoriger Flugzeuge. Der schrecklichste Einsatz des Zweiten Weltkrieges beginnt. Tagelang hat man die Aufmerksamkeit der Japaner eingeschläfert. Jeden Morgen gegen 9 Uhr kreisen ein oder zwei Flugzeuge über den Städten, ohne Bomben abzuwerfen. Die Japaner nehmen diese „Erkundungsflüge“ nicht mehr ernst. Und doch wird diesmal in einer dieser Maschinen der Atomtod die Grenze der Nation überfliegen. Eines der Flugzeuge wird die erste Plutonium-Bombe tragen. Auf den Abrollbahnen stehen Bomber in dichten Reihen. Es ist gleich 3 Uhr nachts an diesem 6. August 1945. In der Mitte des B-29-Bomber-Pulks steht die Enola Gay.
Oberst Tibetts hat den Kopfhörer aufgesetzt. Captain Parson und Captain Lewis melden, dass die Maschinen startklar sind. Die Kommandantur gibt das Zeichen zum Start. Die Motoren brüllen auf, ein Zittern läuft durch die Riesenvögel. Ohrenbetäubender Lärm verschlingt jedes Wort. Sie heben langsam ab und verschwinden in der Nacht.
Die Geschwader haben den Kurs gewechselt. Sie fliegen weiter nördlich einen Ablenkungsangriff. Gleich wird die Küstenlinie Japans auftauchen. Es ist Tag geworden, und lockere Wolkenfetzen treiben an den Fenstern vorbei. Die Wetterstation funkt: „Klares Wetter über Hiroshima ... klares Wetter über Hiroshima …“ Das ist die Entscheidung. Hiroshima wird das Ziel sein, nicht Nagasaki oder eines der anderen Ausweichziele. Damit ist das Todesurteil über die Kinder gesprochen, die eben jetzt aus den Betten aufstehen, über die Frauen, die ihren Werkstätten zustreben, und die mageren, kleinen Arbeiter, die von den Nachtschichten nach Hause eilen. Die Enola Gay fliegt mit fünfhundert Stundenkilometern nach Nordwesten.
Zwei Begleitmaschinen tauchen auf. Sie huschen etwas tiefer dahin, um die Aufmerksamkeit der Japaner auf sich zu ziehen. Doch die Flugabwehr scheint nicht viel von den paar Flugzeugen zu halten. „Achtung!“ meldet Parson durch die Bordverständigung. „Ich setze zum Zielflug an: Mitte Hiroshima, Oberst!“
Die Besatzung blickt gebannt hinab. Die Enola Gay kurvt ein und stößt wie ein Schatten über die Landkarte hin. In der Mitte der Großstadt ragt als auffälliges Gebäude das halbrunde Hochhaus eines Kaufhauses empor. Captain Parson visiert es an. »Bombe ab!« ruft Oberst Tibetts und krampft die Hände um den Steuerknüppel. Er ist bleich wie ein Tuch. Die Männer zählen die Herzschläge, blicken aus der Maschine nach rückwärts.
Jede Sekunde ist gewonnen, die sie weiter von dem zu erwartenden Explosionspilz fortträgt. Da - ein ungeheurer Schwall von Licht schlägt zum Himmel auf. Die Augen sind geblendet, fast blind. Hiroshima zerstiebt. Radioaktive Stürme rasen über das Feld, das einst die Stadt getragen hat. Aus der Mitte wächst ein Rauchpilz, der die dünnen Wolkenschleier durchstößt und sich wie eine drohende Faust zum Himmel reckt.
Von den rund 250.000 Einwohnern Hiroshimas wurden augenblicklich mehr als 100.000 getötet, Zehntausende blieben mit dem Siechtum der „Strahlenkrankheit" behaftet: das Zellgewebe ihres Körpers war zerstört. Pflanze, Tier, Wasser, Luft und Erde waren für lange durch Strahlungen verseucht. Und noch Jahrzehnte nach dieser Katastrophe aus Menschenhand siechen in den Krankenhäusern Japans unheilbare Märtyrer dahin. Selbst die ungeborenen Kinder einer fernen Zukunft hatten Schäden und Missbildungen durch die radioaktive Wirkung davongetragen.
Physikern in den USA war die Herstellung der Atombombe gelungen. Sie hatten seit 1942 daran gearbeitet, fürchtend, die Deutschen, die in der Atomforschung vorangegangen waren, möchten ihnen zuvorkommen. Sie hatten aufgeatmet, als beim deutschen Zusammenbruch festgestellt wurde, dass dies nicht zutraf; vielleicht brauchte man die Bombe jetzt doch nicht. Aber nun war sie da, und Truman wie Churchill sahen in ihr das geeignete Mittel, den Krieg abzukürzen.
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Der Abwurf der Atombombe auf Hiroshima im August 1945 bleibt eines der umstrittensten Ereignisse der modernen Geschichte. Befürworter und Gegner haben unterschiedliche Perspektiven und Argumente, die auf moralischen, strategischen und historischen Überlegungen basieren. Hier sind einige der Hauptargumente beider Seiten:
Befürworter des Abwurfs:
- Kriegsbeendigung: Die Befürworter argumentieren, dass der Abwurf der Atombombe notwendig war, um den Zweiten Weltkrieg schnell zu beenden. Sie glauben, dass die Bombardierung Japans den Widerstand des Landes brach und eine bedingungslose Kapitulation erzwang, was weitere massive Verluste auf beiden Seiten verhinderte.
- Leben gerettet: Es wird behauptet, dass die Alternative zu den Bombenabwürfen eine Invasion Japans gewesen wäre, die zu erheblich höheren Opferzahlen unter Soldaten und Zivilisten geführt hätte. Schätzungen zufolge hätten Millionen Menschen in einem langwierigen konventionellen Krieg sterben können.
- Demonstration der Macht: Einige Befürworter glauben, dass der Einsatz der Atombombe eine wichtige Demonstration der militärischen Überlegenheit der USA war, die auch eine abschreckende Wirkung auf andere Mächte, insbesondere die Sowjetunion, hatte. Dies könnte dazu beigetragen haben, den Kalten Krieg zu stabilisieren.
Gegner des Abwurfs:
- Moralische Argumente: Gegner des Abwurfs verurteilen den Einsatz der Atombombe als unmoralisch. Sie argumentieren, dass der massive Verlust an zivilen Menschenleben in Hiroshima und Nagasaki unverhältnismäßig und unnötig grausam war.
- Zivile Opfer: Kritiker betonen die hohen zivilen Opferzahlen und die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen durch Strahlung. Tausende unschuldiger Menschen starben sofort, und viele weitere litten unter den Folgen der Strahlung und Verbrennungen.
- Alternativen: Gegner argumentieren, dass es andere Möglichkeiten gegeben hätte, Japan zur Kapitulation zu zwingen, wie etwa eine Demonstration der Bombe auf einem unbewohnten Gebiet oder eine weitere Verschärfung der Blockade und konventionellen Bombardierungen.
- Geopolitische Überlegungen: Es wird auch argumentiert, dass die USA die Atombombe nicht nur zur Beendigung des Krieges, sondern auch zur Demonstration ihrer militärischen Macht gegenüber der Sowjetunion einsetzten, um nach dem Krieg eine stärkere Verhandlungsposition zu haben.
Am 2. September wurde auf dem amerikanischen Schlachtschiff Missouri in der Bucht von Tokio die japanische Kapitulation unterzeichnet. Der Zweite Weltkrieg war zu Ende.