Aus einer Kreuzzugspredigt

Die vor­liegende Predigt wurde von einem Abt Martin vor Klerus und Volk der Stadt Basel, in deren Bistum sein Kloster Paris (Pairis in den Vogesen) lag, im Sommer 1201 gehalten. Die Werberede, die Papst Urban II. im Jahre 1095 im Anschluss an das Konzil von Clermont gehalten hat, besitzen wir nicht im Wortlaut.

 

Vertrieben ist Christus aus seiner heiligen Stätte, aus seinem Sitz, ist verstoßen aus jener Stadt, die er selber mit seinem eigenen Blute für sich geweiht hat. Wehe!

Wo einst die fleischliche Erscheinung von Gottes Sohn durch die heiligen Propheten verkündigt wurde, wo der schon geborene als kleiner Knabe im Tempel dargebracht werden wollte, wo er persönlich predigte und lehrte und oftmals Zeichen und Wunder verrichtete, wo er beim Mahl mit seinen Jüngern das Sakrament des allerheiligsten Leibes und Blutes einsetzte, wo er litt, starb und begraben wurde und nach drei Tagen wieder auferstand und vor den Augen seiner Jünger in den Himmel aufgenom­men wurde und am zehnten Tage den heiligen Geist in feurigen Zungen über sie ausgoss : dort herrscht jetzt die Barbarei eines heidnischen Volkes!

O Unglück, o Tränen, o Abgrund von Leid! Das Heilige Land, durch das Christus seine Schritte lenkte, in dem er die Kranken heilte, Blinde sehend machte, die Aussätzigen reinigte und die Toten erweckte, dieses Land, sage ich, ist in die Hand der Ungläubigen geraten; ge­stürzt sind die Kirchen, beschmutzt ist das Heiligtum, des Reiches Sitz und Würde ist auf die Heiden gekommen!

Das ist Christi Not, die ihn selber treibt, euch heute durch meinen Mund zu bitten! Deshalb, ihr starken Krieger, kommt jetzt Christus zu Hilfe, gebt eure Namen zur christlichen Heerfahrt, lasst euch freudig in sein glückhaftes Feldlager einreihen! Euch vertraue ich heute Christi Sache an, ihn selber gebe ich euch sozusagen in die Hand, damit ihr euch müht, ihn in sein Erbe wieder einzusetzen, aus dem er grausam vertrieben ist.

Wenn ihr aber fragt, was ihr von Gott an sicherem Lohn für solche Mühen erhoffen dürft, so verspreche ich euch gewisslich: Es wird jeder, der das Zeichen des Kreuzes nimmt und reine Buße tut, jeglicher Sünde fortan ledig sein, und gleichgültig, an wel­chem Ort, zu welcher Zeit und durch welches Geschick er das gegenwärtige Leben ver­lieren mag, er wird das ewige Leben gewinnen! Ich schweige jetzt davon, dass jenes Land, das ihr aufsuchen werdet, bei weitem reicher und fruchtbarer ist als dieses hier; und es ist leicht möglich, dass viele auch unter euch dort selbst in den Dingen der Zeitlichkeit ein glücklicheres Schicksal finden, als sie nach ihrer Erinnerung hier er­fahren haben.

Nehmt also jetzt, meine Brüder, frohen Sinnes das sieghafte Zeichen des Kreuzes, damit ihr die Sache des Gekreuzigten getreulich zum Ziele führen und um eine kurze, mäßige Mühe hohen, ewigen Lohn erwerben könnt!

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