Eine Schule im Mosaikboom
Ein Beitrag Ursel Rüffert (Lehrein an der Jean-Paul-Schule Kassel)
Im Griechischen bedeutet das Wort „Mosaik" Muse und Kunst. Mosaik ist ein sehr altes künstlerisches Ausdrucksmittel; die ältesten erhaltenen Mosaike werden auf das Jahr 2500 v. Chr. datiert.
Die Römer brachten dann etliche Jahrhunderte später diese Kunst zu neuer Blüte, wovon man sich heute noch in vielen Kirchen Italiens überzeugen kann. Welche Werke wurden da mit winzigen Steinchen in noch immer völlig erhaltener Leuchtkraft geschaffen!
Über alle folgenden Jahrhunderte wurden Mosaike gearbeitet, aber es gab auch Zeiten, in denen diese Kunst nicht so gefragt war.
Mich fasziniert diese Kunstform schon lange. Vor ca. 11 Jahren habe ich begonnen, Mosaikarbeiten für die Werkgruppen, manchmal auch schon in der 7./8. Klasse, anzubieten. (Mittlerweile ist auch an anderen Schulen beinahe ein Boom ausgebrochen).
Das zu verwendende Material kann dabei sehr einfach sein: Fliesen sind geeignet, auch Spiegel, manches zerbrochene Geschirr, schön sind auch die nicht ganz so preiswerten Glasmosaiksteine oder farbige Glasscheiben.
Und was haben die Schüler nun zu tun?
Sie müssen doch nur zerschlagen, aufkleben, verfugen - fertig? Nein, so einfach ist es keineswegs. Entscheidend ist zuerst ein guter Entwurf oder auch eine Vorlage. Bei der Wahl des Materials muss man darauf achten, dass es keine großen Struktur- und Höhenunterschiede gibt, sonst hat man später Probleme beim Verfugen. Auch die Farbauswahl ist wichtig. Für das Zerschlagen der Fliesen - was viele besonders gerne machen - muss man ein Gefühl bekommen, damit die Fliese in schöne Stücke zerspringt. Auch das Zuschneiden kleiner Formen mit der Mosaikzange muss geübt werden.
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es künstlerisch eine große Neubelebung. Zum ersten Mal zeigten Mosaike nicht nur realistische Darstellungen oder Muster, sie blieben auch nicht nur auf die Innen- oder Außenwände von Häusern beschränkt. Am bekanntesten wurde der katalanische Künstler Antoni Gaudi, der Dächer, Kuppeln und lange, geschwungene Bänke in einem Park in Barcelona mit freien Kompositionen gestaltete.
Vielleicht kennt auch jemand die französische Künstlerin Niki de Saint Phalle (berühmt durch ihre dicken Nannas), die in Italien den „Tarot Garten" schuf mit riesigen bewohnbaren Skulpturen, die alle mit Mosaiken verziert wurden.
Beim Festkleben der kleinen Fliesenstücke lässt man zwischen den einzelnen Steinen Platz. Das Bild wird erst vollständig, wenn die Arbeit verfugt aber ganz entscheidend ist, dass man die Umrisslinie der Form oder Figur einhält, sonst man später das Motiv nicht erkennen. Auch die Abstufung von hellen und dunklen Farben und das Hervorheben von Licht und Schatten tragen entscheidend zu einer guten Gestaltung und einem stimmigen Gesamteindruck des Werkes bei. Sich darauf zu konzentrieren und wahrzunehmen, was nötig ist, fällt nicht allen leicht, da gehört eben Übung dazu.
Viele Schüler haben im Laufe der Jahre viele schöne Werke geschaffen, die sie mit nach Hause genommen haben und die dort hoffentlich einen guten Platz gefunden haben. Manche haben sich mit ihren Arbeiten aber auch im Schulhaus verewigt, was an allerlei Orten zu sehen ist:
Sind Ihnen schon mal die Schmetterlinge am Schulhaus aufgefallen oder das Alphabet? Kaum einer weiß, dass in unserer Kiosk-Küche alle ausgesparten Fliesen mittlerweile durch schöne Mosaike gefüllt sind, wohingegen die Arbeiten auf den Lehmbänken im Foyer nicht zu übersehen sind.
Da wird auch ein Problem des Mosaikarbeitens deutlich: Es braucht lange Zeit bis zur Fertigstellung großer Flächen. Man kann das langsame Wachsen gut finden oder auch genervt von dem immer Unvollständigen sein. Eine nachhaltige Arbeit ist dieses sehr strapazierfähige Gestaltungselement auf jeden Fall.
Viele Schüler, aber natürlich nicht alle, haben Freude an der Mosaikarbeit. Einen unserer Schüler hat es so nachhaltig beeindruckt, er ist Fliesen- und Mosaikleger geworden.