Der Schlussstein - ein praktischer Versuch
Ein Beitrag von Michael Raidel (Freie Waldorfschule Hannover-Bothfeld)
„Einstürzende Neubauten" oder Erfahrungen aus dem Torbogenbau mit der 7. Kleinklasse
Die Schüler haben im Unterricht, in der Epoche zur römischen Geschichte, die Bedeutung des Schlusssteines für die Bögen der Aquädukte kennengelernt. Nun sollten sie in zwei Doppelstunden durch den modellhaften Aufbau eines Bogens aus geformten Tonziegeln die Gesetzmäßigkeiten der Schwerkraft kennenlernen.
In der ersten Doppelstunde stellten wir zunächst das nötige Baumaterial her und formten gleichmäßig große und winkelrecht ausgeführte Tonziegel, und da uns kein mechanisches Presswerk zur Verfügung stand, mussten wir die Ziegel wohl oder übel selbst herstellen. Wir klopften uns lange Tonstreifen kantig zu und schnitten davon gleichmäßig große Stücke ab, die nun aber noch zu klaren Ziegeln ausgearbeitet werden mussten, die weder rund noch vieleckig sind und so viel Seiten wie ein Würfel haben.
Schnell entstand eine muntere Bauaktivität und im Nu waren die ersten beiden Stunden verstrichen. In der Woche darauf waren die Tonziegel schon etwas hart geworden und als Baumaterial bestens geeignet, nun konnte es losgehen. Als Mörtel verwendeten wir weichen Ton und jetzt, den Bogen vor Augen, den Schlussstein im Visier, wurde Stein auf Stein gelegt, aber, halt!
Die Bögen aufeinander zu und nicht voneinander abgewandt! Soll man da durch den Bogen durchkriechen? Soll sich der Bogen im Himmel schließen? So wurde nun eine Weile auf- und abgebaut und auf manch einer Baustelle sah es wie nach einem Erdbeben aus. Standen die Bogenpfeiler zu weit auseinander, wurden sie in der Mitte schwach und das Gewicht des Bogens drückte sie auseinander - so gab es viele Probleme zu bewältigen, Stützen mussten eingebaut werden, bis endlich der letzte Tonziegel keilförmig die aufeinander zustrebenden Bögen als Stütze miteinander verbinden konnte.
Vorsichtig wurden dann die Stützen entfernt und, siehe da, aus dem umgebenden Trümmerfeld erhob sich stolz ein freier Bogen, der nun sorgfältig mit Tonschlämme verputzt werden konnte.