Attila

Wie haben wir uns Attila vorzustellen? Er wird als relativ klein beschrieben, aber von kraftstrotzender Gesundheit und Willensstärke. Sein Auftreten war von übergroßem Selbstbewusstsein. Wen der stechende Blick aus seinen funkelnden, geschlitzten Augen traf, den durchlief ein ängstliches Zittern. Er selbst war von seiner göttlichen Bestimmung zutiefst überzeugt. Obwohl die Hunnen Nomaden waren, vermutet man heute eine Art Hauptstadt in Westdakien östlich der oberen Theiß.

 

Sein Hof

Wir wissen heute von dem Treiben an Attilas Hof ziemlich gut Bescheid, weil der griechischen Geschichtsschreibers Priskus darüber einen ausführlichen Bericht verfasste. Er hatte im Jahre 446 mit einer oströmischen Gesandtschaft den Hunnenkönig besucht. Was er sah, waren riesige Unterschiede. Die Residenz bestand aus Hütten. Sein vornehmer Hofstaat führte ein ausschweifendes, üppiges Leben. Er selbst aber blieb mäßig und bescheiden, ließ seinen Gästen die feinsten Bissen auftischen auf Gold- und Silbergeschirr, er aber begnügte sich mit Holztellern und Holzbechern. Er pflegte diplomatische Verbindungen zum ganzen Mittelmeerraum. Abgesandte aus aller Herren Ländern trafen sich an Attilas Hof, Beauftragte aus Byzanz, Wandalen aus Nordafrika, Westgoten als Sendboten des Tolosanischen Reiches und Legaten des weströmischen Statthalters Aetius.

Attila selbst war im Allgemeinen geneigter zu verhandeln als Krieg zu führen. Allerdings zögerte er keinen Augenblick mit Krieg als zweiter Wahl, seinen Willen durchzusetzen. Der Hunne versuchten später nicht mehr wie am Anfang in brausendem Reitersturm alles über den Haufen zu rennen, sondern Attila war sorgsam bestrebt, ehe er etwas unternahm, sich durch Gewinnung von Bundesgenossen den Erfolg zu sichern. Wir wissen heute nur in etwas, wo die Grenzen sein Riesenreich genau verliefen. Man wird annehmen dürfen, dass es vom Schwarzen Meer bis zur Ostsee und im Westen bis nach Süddeutschland hinein reichte. Attilas Regierungsweise war patriarchalisch und mild, die einzelnen Völker spürten keine Beschränkung ihrer Freiheit. Daher stand der König auch bei allen in höchstem Ansehen, er wurde fast abgöttisch von ihnen verehrt.

 

Erste Angriffe im Jahre 447

Die ersten Angriffe unternahm Attila gegen das byzantinische Reich. Dort machte er ungeheure Beute. Im Jahre 447 drang er in einem großen Raubzug bis zum Bosporus vor. 449 kam es zum Frieden, der für das Ostreich ziemlich demütigend ausfiel, da es hohe Summen an Attila entrichten musste.

Trotz des Erreichten brach Attila schon zwei Jahren später Richtung Westen auf. Was ihn zu einem Angriff gegen Westrom veranlasste, ist bis heute unklar. Attila pflegte zu Aetius, dem maßgeblichen Heeresführer und dreimaliger Konsul Westroms, ein gutes Verhältnis. Angeblich soll Attila die Schwester des Kaisers Valentinian III., Honoria, zur Gattin begehrt haben. Allerdings sei er abgewiesen worden.

 

Attila überschreitet 451 den Rhein

Attila überschritt 451 mit einer ungeheuren Heeresmacht den Rhein. Auch Ostgoten waren in seinem Heere. Jeder Landstrich, den sie berührten, wurde zur Wüste gemacht. Alle römischen Festungen wurden zerstört. Metz fiel trotz tapferem Widerstand und trotz seinen festen Mauern. Nur eine einzige Kapelle soll die Stelle bezeichnet haben, wo früher die Stadt gestanden. Der Vorstoß führte bis nach Orleans, einem wichtigen militärischen Stützpunkt. Nach langwieriger Belagerung wurde die Festung genommen.

Jetzt kam für Westrom unerwartete Hilfe. Inzwischen hatte nämlich Aetius, im Anblick der Gefahr, ein Bündnis zwischen Rom und dem westgotischen König Theoderich schmieden können. Dadurch war Attila zum Rückzug aus Orleans gezwungen. Der Hunne wendete sich nach Osten gegen Troyes. Aetius folgte ihm. In der Ebene von Troyes und Chalöns-sur-Marne (Catalaunum) in der Wüstung Maurica (heute Moirey) kam es im Sommer 451 zur berühmten und entscheidenden Schlacht auf den Katalaunischen Feldern.

 

Schlacht auf den Katalaunischen Feldern

Diese furchtbare Schlacht auf den Katalaunischen Feldern dauerte der Sage nach drei Tage und drei Nächte, ihm sei nach der Erzählung eines alten Schriftstellers keines aus der damaligen oder früheren Zeit gleich gewesen. Der Westgotenkönig Theoderich überlebte sie nicht, sein Sohn Thorismund wurde noch auf dem Schlachtfeld vom Heer zum Nachfolger ausgerufen. Die Römer gewannen ihren letzten Sieg, allerdings konnten sie die Früchte dessen nicht mehr ernten. Aetius nämlich lag es daran, die Hunnen nicht völlig aufzureiben. Er wollte sie als Gegengewicht gegen die immer stärker werdenden Germanen halten. Daher bewog er Thorismund unter Hinweis auf Umtriebe seiner Brüder, die ihm zu Hause die Herrschaft streitig machen wollten, zur Rückkehr. Ebenso war ihm auch ein Triumph der Westgoten nicht erwünscht, da er allzu deutlich die sinkende Macht des Imperiums geoffenbart hätte. Durch dies gewagte Taktik des Aetius blieb die Schlacht, die so viel Menschenleben gefordert hatte, eigentlich ohne Erfolg und Entscheidung. Attila konnte, ungehindert von den Römern und ihren Bundesgenossen, einen geordneten Rückzug nach Ungarn antreten. Er hatte mit der Möglichkeit einer Niederlage gerechnet und daher eine Pyramide von Pferdesätteln auftürmen lassen, um darauf verbrannt zu werden, falls die Gefahr nahte, dem Feind in die Hände zu fallen.

 

Angriff gegen Italien

Attilas hatte aus dem gallischem Feldzug gelernt. Gegen die vereinte Macht der Römer und Westgoten kam er nicht an. Daher griff er nun Italien allein an. Im Frühjahr 452 überschritt er die Julischen Alpen und legte Aquileia völlig in Schutt und Asche. Bald war die ganze Po-Gegend in seiner Gewalt, auch Pavia und Mailand. Seine Überlegungen erwies sich als zutreffend: Von einer westgotischen Hilfe war keine Rede, und Aetius selbst verhielt sich merkwürdig untätig.

 

Rom wird nicht erobert

Allerdings griff Attila Rom nicht an. Eine legendäre Überlieferung führt diesen Verzicht auf die Überredungsgabe des Papstes Leo I. zurück, der unerschrocken dem Hunnenkönig am Mincio entgegentrat. Welche Gründe in Wirklichkeit maßgebend waren, darüber lassen sich lediglich nur Vermutungen anstellen, die allerdings kaum viel von der Wahrheit abweichen werden. Der Zug nach Italien bezweckte gewiss keine dauernde Unterwerfung des Landes, dafür war er zu wenig vorbereitet; es sollte im wesentlichen nur ein Raubzug in größerer Aufmachung als bisher sein. Von einer drohenden Vernichtung des Abendlandes durch die Hunnen kann keine Rede sein. Attila verließ Italien mit dem Bewusstsein, in der Hauptsache erreicht zu haben, was er gewünscht hatte, und gab sich mit den reichen Geschenken und Tributen zufrieden. Es heißt, er soll sogar an einen zweiten Zug nach Gallien gedacht haben.

 

Tod Attilas

Dazu sollte es aber nicht mehr kommen. Im nächsten Jahr (453) will Attila die Burgunderin Hildiko heiraten. Bei der Hochzeit setzt ein Blutsturz Attilas Leben völlig überraschend ein Ende. Diese historische Tatsache liegt der Erzählung von Etzels Ermordung nach der altgermanisch-nordischen Sage zugrunde. Attilas Söhne waren der Aufgabe der Nachfolge nicht gewachsen. Sie teilten den riesigen Staat. Durch diesen Machtverlust erhoben sich die unterdrückten Völker wiederum. Bald darauf war das Reich Attilas vollkommen zerfallen. Die Mehrzahl der Hunnen kehrte in das Gebiet am Dnjestr und Dnjepr zurück.

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