Der Straßenverkehr in Indien

Sich mit dem Taxi oder gar Moped durch den indischen Straßenverkehr zu quälen, zählt aus europäischer Sicht zu den Extremsportarten. Warum ist der Straßenverkehr in Indien für uns Europäer so gefährlich? Die Mischung aus Armut - eine neue Bremse kostet Geld - und Fatalismus - die Götter werden es schon richten - verführt zu gefährlichen Manövern. Das Gewimmel aus Fahrrädern, Rikschas, Ochsenkarren, Autos und Fußgängern macht uns Angst. Zudem ist das Straßennetz in erbärmlichem Zustand, und es existiert kein TÜV für Privatfahrzeuge. Jeder Verkehrsteilnehmer scheint seine eigenen Regeln zu besitzen. Sichtbare Spureinteilungen sowie Trennlinien und Übergänge für Fußgänger oder Vorfahrtschilder sind nicht erkennbar.

Fußgänger müssen beim Überqueren der Straße schnell reagieren und dürfen keine Angst vor den heranrasenden wild hupenden Fahrzeugen zeigen. Man muss sich mutig durch die Fahrzeugkolonnen hindurchschlängelt und mit geschickten Sprüngen einen Zusammenstoß vermeiden. Energische Handzeichen können dabei behilflich sein. Nach europäischem Verständnis ist es nicht vorstellbar das eigene Auto ohne Lackschäden durch diesen Verkehr zu steuern. Eigentlich müssten Unfälle die Regel sein und verletzte Verkehrsteilnehmer zu Hauf am Straßenrand liegen. Doch öfters als man vermutet geht alles seinen ungeordnet geordneten Gang. Das ganze Chaos regelt sich von selbst. Trotzdem gibt es mehr als 120.000 Verkehrstoten pro Jahr, die Hälfte davon sind Fußgänger. Indien steht damit an der Spitze der weltweiten Statistiken. Im Vergleich: In Deutschland lag die Zahl der Todesopfer bei 3606 (2012).

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Die zahlreichen Fahrradrikschas prägen das Bild, gehören aber zu den Schwächsten in der Hierarchie der Verkehrsteilnehmer. Sie besitzen leider keine Hupen, mit denen sie sich Respekt verschaffen könnten. Neben der Personenbeförderung transportieren diese Vehikel auch unglaubliche Mengen unterschiedlicher Waren. Der aufregende Straßenverkehr ist für uns nicht nachvollziehbar. Sobald man das Haus verlässt, wird man mit diesem Chaos konfrontiert. Die wichtigste Voraussetzung für motorisierte Verkehrsteilnehmer ist eine funktionierende Hupe, die laut und aggressiv bei jeder Gelegenheit eingesetzt wird. Die Regeln sind durchaus einfach: Der Größere hat recht. Alle anderen Verkehrsregeln sind bestenfalls als Handlungsvorschlag zu werten, genauso wie die irrige Annahme, jeder habe (vor allem im Dunkeln) seine eigene Fahrspur zu nutzen oder das Licht einzuschalten.

Besonders auffallend sind die mit bunten Saris gekleideten Frauen und dazwischen die bettelnden Kinder, die durch die Basarstraßen ziehen. Die Szenerie am Straßenrand ändert sich Schritt auf Schritt. Immer wieder kann man Neues entdecken. Die schwere Luft ist erfüllt von Abgasen aber auch vom Duft süßer Früchte und Blumen. Zahlreiche Transportdienste werden auch von Pferdewagen oder Ochsenkarren angeboten. Die Zugtiere haben sich an den Verkehr gewöhnt und lassen sich nicht vom Hupkonzert beunruhigen. Also nicht alle Verkehrsteilnehmer sind in der Lage, geschweige denn willens, sich an Regeln zu halten. Die heiligen Kühe belasten den chaotischen Verkehr zusätzlich, indem sie ihre Privilegien vollkommen ausnutzen.

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