Ein Tuareg erzählt aus seinem Leben in der Wüste
Ausschnitte aus dem Buch: "Geboren mit Sand in den Augen" von Mano Dayak
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Bis zum Alter von sechs Jahren lief ich nackt durchs Leben. Im Air schwanken die Temperaturen zwischen minus fünf und plus fünfundzwanzig Grad im Januar und zwischen fünfunddreißig und achtundvierzig Grad im Juni. Sommers wie winters müssen die Kinder diese beißende Kälte, diese stechende Hitze ertragen. Sie dürfen sich nicht beklagen. Das ist verboten. In dieser Wüste, wo alles knapp ist und das Leben hart, ist Klagen ein Zeichen von Schwäche, die den Menschen entehrt. Um der Sonne zu entgehen, halten wir uns im Schatten unserer Zelte auf. [ ...]
Schicksal und Fügung
In der Wüste ist das Leben ständig so bedroht, dass man vieles als Fügung des Schicksals hinnehmen muss: den Tod eines Menschen, eine unheilbare Krankheit, den tödlichen Unfall mit einem Kamel, das Versiegen der Brunnen und das qualvolle Austrocknen der Körper als Folge des Durstes. Diese Schicksalsgläubigkeit ist weder ein Mangel an Sensibilität, noch ist sie ein Zeichen von Resignation; sie erlaubt es, die Tragödien mit Würde zu ertragen, wenn man nichts tun kann, um sie zu verhindern. Man muss sein Leid still ertragen, mit erhobenem Kopf. [ ...]
Die Mutter - Seele der Wüste
Es gibt keinen Tuareg, der seine Mutter nicht verehrt. Sie ist die Seele und das Herz der Wüste. Sie verrichtet die härtesten Arbeiten, wenn die Männer mit der Karawane aufbrechen. Sie kümmert sich um die Tiere, stampft die Hirse, nimmt die Last des Wasserholens auf sich, tränkt die Tiere, ist verantwortlich für die Erziehung der Kinder. Sie ist stets guter Dinge. Abends singt und tanzt sie, rezitiert Gedichte, spielt auf der imsad, der einsaitigen Tuareg-Geige, und entlockt ihr Melodien, die bis spät in die Nacht hinein die Frauen und Männer besänftigen oder begeistern. [ ...]
Durst und Ehre
Wir folgen wieder der Piste. Die Sonne fällt senkrecht herab, der Horizont schwankt und verzerrt die Entfernungen. Das Kamel meines Vaters vor mir bewegt sich in einem gleißenden Lichtkranz. Ich habe Durst. Meine Lippen sind ausgetrocknet, und mein Speichel schmeckt wie Gerbsäure. Ich führe den Zügel meines Kamels an meinen Mund. Er ist spröde und salzig. Ich muss noch durchhalten, darf nicht zu trinken verlangen. Ich versuche, meine Aufmerksamkeit auf die Spuren, die sich in den Boden eingedrückt haben, zu konzentrieren, vergängliche Wegzeichen, die mir helfen sollen, die Zeit aufzulösen. Alle meine Gedanken kreisen um Wasser: um den Tau auf den Gräsern vor Sonnenaufgang, um den Regen, der über den Körper rinnt, um das Wasser, das auf den Schleifstein des Schmieds tropft, um die Quelle, die zwischen zwei Felsen entspringt. Ich habe solchen Durst, dass ich fiebere. Mir tut alles weh, meine Augen brennen. Ich schreie:
»Halten wir bald an?«
Mein Vater schweigt, und meine Mutter macht sich sein Schweigen zu eigen. Ich treibe mein Kamel an, bis ich auf ihrer Höhe bin.
»Ich möchte trinken!«
Mein Vater würdigt mich keiner Antwort. Meine Mutter senkt den Kopf. Er schämt sich, sie schämt sich für mich.
Warum bestrafen sie mich? Warum fehlt es ihnen an Mitleid? Aman Iman. Wasser ist Leben. Wozu soll mein Leben gut sein, wenn es so wenig geliebt wird?
Ich halte mein Kamel an und zerre an seinem Gebiss. Es schnaubt und legt die Ohren an. Ich drücke beide Füße in seinen Nacken, damit es sich niederlässt. Solange ich nichts zu trinken bekomme, werde ich streiken. Sollen mein Vater und meine Mutter mich doch im Stich lassen! Dann will ich eben sterben, meine Knochen werden in der Sonne vertrocknen, oder man wird ein Loch graben und große Steine auf meinen Körper legen, wie die auf dem Friedhof, an dem wir vorbeigekommen sind. »Liebe verschenkt sich nur im Leben. Zu einem Grab kann man nichts als Steine und Kies bringen.« Ich beginne zu brüllen:
»Anna, Mutter, du hast mich angelogen!«
Mein Vater hat angehalten. Er steigt vom Kamel. Wortlos löst er einen Wassersack von seinem Sattel und kommt zu mir:
»Trink!« sagt er und hält mir den Sack aus Ziegenhaut hin.
Nichts weiter, nur dieses eine Wort, schlimmer als eine Beleidigung.
Das Wasser ist frisch.
Ich fühle mich erbärmlich. [ ...]
Die Sahara überhöht Verdienste und verschlimmert Fehler
Wir gehen zu Fuß weiter, führen unsere Kamele am Zügel. Die Felsen schillern in vielfältigen Farben, und ihre flach fallenden Schatten zeichnen Bilder in den Sand, die sich immerfort verändern. Die aufgehende Sonne verwandelt die scharfen Bergspitzen des Air in Zähne aus Gold. Wir verlassen nun das Massiv und betreten eine unermessliche Ebene aus Sand, der bernsteinfarben ist wie das Innere einer Dattelhaut. Erstarrte, violette Lava bildet an den letzten Felshängen einen Fluss aus Amethyst. Der Horizont ist eine glatte Linie. Bald kupfern, bald malvenfarben schimmert der Himmel.
Wir betreten den größten aller verbotenen Gärten.
Keine Bäume, keine Sträucher mehr, und dennoch überrascht mich ein Geruch nach Minze. Ich schaue mich um. Nichts, nicht der Schatten einer Pflanze ... und noch immer dieser berauschende Duft. Mit den Augen suche ich jeden Fußbreit Boden ab. Überall nur Sand und einige weiße Steine. Ich schließe die Augen und lasse mich allein von meinem Geruchssinn leiten. Ein Schritt, zwei Schritte, zehn Schritte. Der Duft wird immer stärker. Voller Ungeduld durchwühlen meine Hände den Boden und stoßen auf eine glanzlose Blume, eine Art Knospe, nicht viel größer als ein Fingernagel. Sie verströmt den wunderbaren Geruch. In der hohlen Hand trage ich sie zu meinem Vater.
»Abba, wie kann diese Pflanze einen solchen Duft verbreiten? Schau, sie hat nicht einmal Wurzeln.«
»Die Sahara überhöht Verdienste und verschlimmert Fehler. Zu ihr reisen nur Menschen, die das Licht suchen. Diese Blume hatte an diesem Ort ihre volle Entfaltung erlangt, und du, du hast sie getötet. Bereue, dass du sie vom Boden aufgenommen hast, mein Sohn. Du hast der Wüste einen Duft gestohlen.«
Die Lehren, die mir mein Vater erteilte, waren kurz und präzise. Jedes seiner Worte war von Gewicht, und wenn er nichts sagte, war sein Schweigen beredt. Mit seiner Hand zeichnete er Schlangenlinien in die Luft, wies mich dadurch auf einen Abdruck im Sand hin, und ich erkannte, dass es sich um die Spur der Hornviper handelte. Mit einer anderen Geste warnte er mich vor den Dünen aus pulverfeinem Sand, in denen die Kamele bis zu den Fesselgelenken einsinken. Wenn seine Augen sich durch den Schlitz seines tugulmust fest auf meine hefteten, wusste ich, dass er mich fragte: »Hast du dir auch genau die Piste gemerkt, der wir gefolgt sind?« oder: »Hast du die Seile überprüft, mit denen die Wassersäcke festgebunden sind?« [...]
Fata Morgana
Die Sonne heftet unsere Schatten auf den Sand, und ihr Hitzeschild überzieht gnadenlos den Himmel. Unsere Kamele sind in eine langsame Gangart verfallen, um ihre Kräfte zu schonen. Mit halbgeöffnetem Mund hole ich durch meinen dichten Schleier Luft. Ich muss mich an diese Hitze gewöhnen, die meinen Mund austrocknet und meine Haut zerstört. Ich muss um jeden Preis die Wassersäcke am Sattel meines Kamels, meine entzündeten Augenlider und die wundgescheuerte Haut meiner Oberschenkel vergessen. Ich muss jedwede Leidenschaft aus mir verbannen. Allein von den behaarten Ohren meines Kamels will ich mich leiten lassen. Ich habe Durst und nochmal Durst, immer Durst.
»Der Mann, der aus dem Krug trinkt, wird nie ein guter Führer werden.«
Immer und immer wieder kommt mir das Sprichwort in den Sinn, das ich meiner Mutter so oft wiederholen musste. Es verfolgt mich und macht mich ärgerlich. Wann endlich werden wir an dem Brunnen sein, den wir nach dem Plan meines Vaters gegen Abend erreichen sollen?
Meine Gedanken werden unscharf. Nur die Rillen, die der Wind in den Saum der Dünen gegraben hat, dienen mir als Wegmarken. Sie begegnen sich, kreuzen sich, bewegen sich sanft auf und ab. Wohin fuhren sie? Nirgendwohin.
Mein Vater wendet sich um und schaut mich an. Sein Blick sagt:
»Schlaf ja nicht ein!«
Ich richte mich im Sattel auf. Ich will nicht, dass er meine Müdigkeit bemerkt.
Plötzlich taucht am Horizont ein See auf. Er ist mit Schaumkronen bedeckt, dehnt sich immer weiter aus. Wellen brechen sich. An seinen Ufern stehen merkwürdige Palmen, deren Stämme in den Himmel ragen, deren Wedel am Boden haften ...
»Abba!« brülle ich.
Ich hämmere mit den Fersen auf den Hals meines Kamels ein, das seinen Kopf hebt und losgaloppiert. Ich will als erster das zauberhafte Gestade erreichen.
Plötzlich löst sich der See in schmale Streifen auf, zitternd verblassen die Palmen.
»Mano!« schreit mein Vater.
Er holt mich ein, lässt sein Kamel niederknien, zwingt mich, aus dem Sattel zu steigen. Bis ins Unendliche Sand, Dünen, der metallene Himmel. Keine Bäume mehr, kein Wasserlauf, keine Fluten.
Mein Vater löst einen Wassersack von seinem Sattel und reicht ihn mir. Ich führe ihn zum Mund und befeuchte mir die Lippen. Vergeblich suchen meine Augen den See. Ich weiß, dass ich ihn nie wiedersehen werde. Ich weiß, dass ich geträumt habe.
»Die Tuareg dürfen sich nicht zum Narren halten lassen von Luftspiegelungen«, sagt mein Vater. »In einer Landschaft, der man alles abgewinnen muss, hat die Illusion keinen Platz. Was zählt, ist allein ein klarer Verstand, denn der fordert, dass man sich selbst vergisst und dass man Vorsicht walten lässt. Nimm noch einen Schluck Wasser, und lass uns dann wieder aufsitzen. Wir haben noch einen weiten Weg.« [...]
Ein Brunnen
Die Lehren, die mir mein Vater gab, passten sich unserer jeweiligen Lage an. Sie verschmolzen mit der Sonne, dem Sand und dem Himmel. Die Wüste verlangte von mir Demut, die Hitze lehrte mich Geduld, die Stille erlaubte mir alle möglichen Meditationen. Die Hand Gottes streichelte meine Wange.
Als wir bei Sonnenuntergang am Brunnen ankamen, staunte ich über die Zerbrechlichkeit dieser in der Wüste verlorenen Wasserstelle. Ein Mäuerchen aus trockenen Steinen, von einer Astgabel überragt.
»Viele Menschen sind zu diesem Brunnen gekommen, um ihren Durst zu stillen«, sagte mein Vater. »Viele Menschen sind gestorben, weil sie ihn nicht mehr erreicht haben.«
Während wir die Wassersäcke aus Ziegenleder und die Lederseile von unseren Sätteln lösten, erzählte mir mein Vater von den toten Körpern der Menschen und der Kamele, die verdurstet waren und erstarrt dalagen nach dem schrecklichsten Todeskampf, den sich der Teufel je ersinnen konnte.
»Es sind vertrocknete Mumien mit verkrampften Gliedern und schmerzverzerrtem Mund. Oft sind es nackte Männer, die sich in ihrem Wahnsinn verliefen. Neben ihnen findet man Kamele mit aufgeschlitzter Kehle, denen die Unglücklichen den letzten Blutstropfen aussogen, ein Getränk, das man mehr furchten muss als Gift, denn es trocknet den Gaumen aus, verklebt die Sinne und nährt die Halluzinationen.«
An die Astgabel hängt er die Rolle, die an seinem Sattel befestigt war. Seine Handbewegungen sind langsam. Nachdem er ein Lederseil in die Rille der Brunnenrolle gelegt hat, dreht er sich zu mir um und sagt ernsthaft: »Dieser Brunnen ist so tief wie neun Männer. Der Eimer am Ende dieser Leine fasst die Hälfte eines Wassersacks. Jedes Kamel trinkt ungefähr die Menge von sechzig Wassersäcken. Wie oft müssen wir also das Seil hochziehen?«
Ich hocke mich auf den Boden und bemühe mich eifrig, die Aufgabe zu lösen. Mit meinem Finger male ich Striche in den Sand. Ein Strich, zwei Striche, drei Striche ... Vierzehn für ein Kamel, zweimal vierzehn für zwei Kamele, neunmal das Seil hochziehen für einen großen Wassersack ... Ich verrechne mich, fange von vorne an.
Mein Vater kommt lächelnd zu mir.
»Was soll das Rechnen«, sagt er, »nur der Verrückte zählt die Sandkörner.«
Als der erste Eimer, an dem das Wasser herabläuft, am Brunnenrand erscheint, taucht mein Vater einen t'manast, einen Teller aus Kupfer, hinein und reicht ihn mir feierlich.
»Trink«, sagt er, »Aman Iman!«
In dieser Handbewegung liegt eine ganze Liturgie.
Eimer für Eimer tränken wir unsere Kamele. Es scheint, dass auch sie sich in diese Zeremonie einordnen. Sie tauchen ihr Maul in den ausgehöhlten Stein, in den wir das Wasser gießen, und trinken still mit großen Zügen.
Der Himmel färbt sich blassblau. Zahlreiche Kamelspuren sind im Sand eingedrückt. Mein Vater überfliegt sie mit seinen Augen und sagt:
»Kalakoua ist hier vorbeigekommen, vor nicht einmal zwei Tagen. Kalakoua, aber auch Intalak. Intalak und agg Amghar ...«
»Wie kannst du«, frage ich, »wie könnt ihr alle so genau sagen, dass sie hier vorbeigekommen sind?«
»Unter tausend Abdrücken würde ich die ihrer Kamele wiedererkennen.« Er beugt sich hinab und zeigt mir einen Fußabdruck am Boden.
»Schau dir diese unterbrochene Linie an, die von rechts nach links führt ... und dann die Vertiefung hier, die vorne größer ist als hinten. Das ist der Fuß von agg Amghars Mehari.«
Er nimmt meine Hand und führt mich zu unseren Kamelen, die im Sand ruhen. Nachdem er mein Kamel gezwungen hat aufzustehen, ergreift er dessen Fuß und legt ihn auf seinen angewinkelten Oberschenkel.
»Schau«, erklärt er, »die Furche hier beginnt in der Gabelung an der Ferse ... Sieh dir die raue Stelle in der Mitte an. Präge dir diese beiden Merkmale genau ein, und versuche dann, den Abdruck um den Brunnen herum wiederzufinden.«
Furche ... raue Stelle. Abdruck nach Abdruck suche ich nach der Spur meines Kamels, und ich finde sie schließlich unter den Hunderten heraus. Stolz über meine Entdeckung schreie ich:
»Da ist sie ... und da ist sie ... da wieder!«
»Sehr gut«, sagt mein Vater lächelnd. »Bald wirst du eine Karawane führen können.«
Er erklärt mir, dass die Karawaniers, zu denen er gehörte, mehr als tausend Spuren voneinander unterscheiden konnten.
»Wenn ein Tier sich verirrt hat, dann ist die Spurensuche für seinen Besitzer oft die einzige Möglichkeit, es wiederzufinden. Früher stöberten die Imajeghen so auch die Räuber auf, die es gewagt hatten, auf ihren Beutezügen die Lasttiere der Karawanen zu stehlen.«
Sandsturm
Im Lauf der Tage und der Wochen entriss ich der Wüste ein Geheimnis nach dem anderen. Einen ganzen Tag lang konnte ich vor einer Düne sitzen, und immer bot sich mir ein neues Schauspiel. Die Düne bewegte sich mit den Stunden und schmückte sich nach und nach mit den unterschiedlichsten Farben. Vor diesem Ineinander von Sand und Wind bekam das Leben eine ganz andere Dimension. Mein Körper existierte nicht mehr. Er schloss Frieden mit meiner Seele. Ich erlebte etwas Heiliges.
In jedem Augenblick vollzog es sich. Es war der Sandsturm, der dem Gewitter vorausgeht.
In solchen Gewitterböen begegneten mein Vater und ich eines Tages dem Unbekannten und der Angst. Wir wurden das Spielzeug von Allahs Zorn. Gebeugt kämpften wir uns voran, suchten Schutz hinter unseren Kamelen und verbargen die Gesichter hinter unseren Schleiern, die uns der Wind fast abriss. Unter den beißenden Sandkörnern brannten unsere Augen vor Fieber. Unsere Lippen wurden rissig, trotz des tugulmust. Der Horizont verwandelte sich in einen undurchdringlich festen Block. Es blieb uns schließlich nichts anderes übrig, als die Kamele niederknien zu lassen. Die armen Tiere konnten nur unter großen Schwierigkeiten atmen, denn ihre Nasenlöcher waren mit Sand verstopft. Ihre Augen waren verklebt, und sie suchten vergeblich, sich vom Sand zu befreien, indem sie ihre Mäuler an ihren angewinkelten Hälsen rieben. Wir erleichterten sie, indem wir ihnen die Sättel abnahmen und daraus einen Schutzschirm bauten, hinter dem sie, den Kopf ganz nah am Boden, sich nicht mehr zu rühren wagten. Es gab keinen Himmel mehr. Wir waren in einem sich ständig wandelnden Gefängnis eingesperrt.
Ein Donnerschlag, der endlos widerhallte, ließ den Himmel erbeben. Diesem Grollen antwortete der Wind mit einer heftigen Bö, die die Kamelsättel fortriss. Um die Wut des Himmels vollkommen zu machen, brach ein Hagelschauer los, der die Sandböen in Spiralen niederdrückte. Plötzlich zerriss der Horizont und war wieder frei. Blitze versetzten ihm mit ihren Feuerkrallen blaue Kratzspuren. Die Dünen, blatternarbig durch die Regentropfen, waren jetzt dunkelbraun. Und dann eine plötzliche Stille, schwer, unerträglich, drückend. Dem Boden entwichen unbedeutende Fumarolen, lächerliche Wölkchen aus Wasserdampf.
Mein Vater drückte mich an sich und sagte: »Nichts trocknet so schnell wie Tränen. In der Wüste ist Kummer nicht angebracht.«
Geboren mit Sand in den Augen
Mano Dayak beschreibt auf bewegende Weise sein Leben..... besonders die Zeit seiner Kindheit in der Sahara ist faszinierend und hochinteressant zu lesen. Durch die Liebe des Autors zur Wüste und seine Erinnerungen erhält man eine ganz andere Perspektive auf das Leben der Nomaden.
Mano Dayaks Weg führt ihn über die Nomadenschule und das Gymnasium in Agadez zum Studium nach Paris und den USA. Letztendlich kehrt er aber wieder in seine Heimat zurück. Dort eröffnet er ein Reisebüro und ermöglicht der Region dadurch ein besseres Auskommen. Die politische Entwicklung bis hin zum Friedensvertrag, der von der Regierung des Niger und den Tuareg-Rebellen mit Mano Dayak als ihrem Führer 1995 unterzeichnet wurde, ist fesselnd beschrieben.
Eindrucksvolle Schilderungen der Schauplätze und eine engagierte und gefühlvolle Darstellung der Situation der Tuareg machen dieses Buch zu einer wertvollen Lektüre.