Die Jungpflanzenanzucht im Schulgarten
Ein Beitrag von Claudia Dürr (Gartenbaulehrerin an der Freien Waldorfschule Heilbronn)
Am Anfang war Kompost, oder wie war das mit der Henne und dem Ei?
Beim Jäten sammelt sich viel Grünzeug im Eimer, bei der Gemüseernte bleiben die Strünke übrig, die Kräuterstauden werden zurückgeschnitten, der Blumenstrauß verwelkt... und alle organischen Überreste landen auf unserem Kompost. Diesem werden noch die biologisch-dynamischen Kompostpräparate zugesetzt und dann gibt es für uns Menschen erstmal nichts mehr zu tun. Durch vielfältigste, wundersame Wandlungsprozesse wird daraus eine dunkle, krümelige, nach Walderde riechende Substanz - das schwarze Gold des Gärtners. Nach etwa einem Jahr wird der Haufen durchgesiebt. Für manche Schülerinnen und Schüler ist es eine Lust, nach Englisch und Rechnen an der frischen Luft zu sein und einfach nur mit Schwung Erde gegen das Sieb zu werfen. Anderen kommt das Gewicht der Erde von Schaufel zu Schaufel schwerer vor, das Gewusel von Kleintieren im Haufen ist schwer zu ertragen und überhaupt ist bei dieser Arbeit alles dreckig.
Ein Teil der Komposterde wird auf die Beete verteilt, den anderen Teil brauchen wir für unsere Anzuchterde. Da leider immer auch viele Samen von Beikräutern im Kompost landen, wird dieser erstmal gedämpft, das heißt für mehrere Stunden auf ca. 80 Grad erhitzt. Das bedeutet wieder einmal Schaufeln und Schubkarre fahren. Aber im Spätherbst und Vorfrühling ist eine Tätigkeit, bei der man nicht frieren muss, ja nicht das Schlechteste.
Nach der Winterpause geht es dann ans Erdemischen. Unser Rezept lautet: 3 Teile Kompost, 2 Teile Laubkompost, 1 Teil Sand. Der Laubkomposthaufen wurde dazu schon ein Jahr vorher aufgesetzt. Er liefert ein lockeres, nährstoffarmes Substrat, welches wir an Stelle von Torf verwenden. Endlich haben wir Material, um die Anzuchtkisten zu füllen und die ersten Ansaaten im Gewächshaus vorzunehmen. Um die winzigen Samen von manchen Kräutern und Sommerblumen kümmern sich die Feinfühligsten, Kürbissamen einzeln in Töpfchen zu stecken, gelingt auch den weniger Geschickten. Immer wieder ist es erstaunlich zu sehen, welche Vielfalt von Farben, Größen und Formen es bei Saatgut gibt. Wir verwenden übrigens fast ausschließlich samenfeste Sorten aus biologischem Anbau.
Nach einer Woche kann man in der nächsten Gartenbaustunde schon einmal nachsehen, ob sich im Kistchen etwas regt. Bei vielen Arten zeigt sich aber erst nach 2 oder 3 Wochen, ob der Säer oder die Säerin ein gutes Händchen hatte. Wenn die Jungpflanzen die ersten Laubblätter ausgebildet haben, werden sie pikiert. Für die meisten eine beliebte Arbeit, ist man dabei doch im Warmen und kann sich nach Herzenslust unterhalten. Und wenn sich nach und nach das ganze Haus mit Pflanzen füllt, ist das ein befriedigender Anblick. Aber es kommt auch vor, dass jemand schon nach einer halben Kiste die Geduld verliert und doch viel lieber Kompost sieben geht. Nach 2 Tagen sieht man dann, in welcher Kiste alle Pflänzchen strotzend dastehen und in welcher nicht alle überlebt haben.
Nach weiteren Wochen der Hege und Pflege werden die Pflanzen zum Abhärten rausgestellt. Ein Teil der Tomatenpflanzen wird gegen Spende abgegeben, was von manchen Eltern und Kollegen sehr geschätzt wird. Wenn dann eine „Bestellung" gerichtet werden darf, ist das eine willkommene Abwechslung und es zeigt sich mitunter auch ein gewisser Stolz auf das Produkt. Alle anderen Gemüse- und Blumenpflanzen wandern nun endlich auf die Beete im Schulgarten. Dabei zeigt es sich, dass es gar nicht so einfach ist, in einer Reihe zu pflanzen und immer den gleichen Abstand zu halten. Die restliche Erde aus der Kiste kommt dann auf den Kompost.