Goethe – Schiller einmal anders!

Ein Beitrag von Petra Mühlenbrock (Freie Waldorfschule Münster)

Da ich in diesem Jahr eine ausnehmend große neunte Klasse in Deutsch zu unterrichten hatte, wollte ich die Goethe-Schiller-Epoche methodisch einmal anders angehen. Mein erster Schritt war, verschiedene Gedichte und Werke der beiden Klassiker daraufhin zu untersuchen, ob sie sich zu anderen Formen der Darbietung umarbeiten ließen. Im Anschluss teilte ich die jungen Leute in verschieden große Gruppen ein und schickte sie mit entsprechenden Arbeitsaufgaben in die während des Hauptunterrichts leeren Fachräume. 

Einige Gedichte sollten hierbei in Hörspiele umgewandelt werden. Außerdem sollte es eine Pantomime zum „Zauberlehrling“ geben, eine Gerichtsverhandlung für Christian Wolf aus Schillers „Verbrecher aus verlorener Ehre“ sowie eine modernisierte und gegenderte Fassung der Apfelschuss-Szene.

Insgesamt gesehen hat diese Art der Auseinandersetzung mit den klassischen Werken die Neuntklässler*innen zu kreativer Höchstform gereizt! Alles erschien in neuem Licht, ohne seiner tieferen Bedeutung verlustig zu gehen, im Gegenteil! Außerdem hat die ganze Epoche allen Beteiligten viel Spaß gemacht.

Biographische Lapbooks

Ein Tag in der Woche war zudem den Lebensläufen der Dichter gewidmet. Hier habe ich eine neue Form der schriftlichen Ausarbeitung probiert, die ich an dieser Stelle wärmstens empfehlen möchte: das Lapbook *, zu Deutsch „Schoßbuch“ (nicht zu verwechseln mit dem Labbook). Unter bestimmten Oberbegriffen (Kindheit und Jugend, Ausbildung, Liebe, Werke, Tod usw.) sollten sich die Schüler*innen Notizen zu meinen Biographie-Erzählungen machen und diese anschließend mit selbstgewählten Booklets, Leporellos, Drehscheiben usw. gestalten. Vorlagen dazu gab es in einem Ordner, diese konnten kopiert oder übertragen werden. Anstelle der Epochenhefte entstanden so orangene (für den Sonnenmenschen Goethe) sowie blaue (für den Nachtmenschen Schiller) Lapbooks unterschiedlichster Art. Eine tolle Alternative zu den Epochenheften! Einige Fotos zur Inspiration sind angehängt.

Fazit

Rückblickend kann ich sagen, dass ich selten eine so lebhafte und kreative Auseinandersetzung mit den beiden Dichterfürsten erlebt habe. „Klassisch“ nennt man u.a. auch etwas, das „in mustergültiger Weise ausgeführt“ als „zeitlos“ erscheint. In diesem Sinn haben die beiden Klassiker Goethe und Schiller erneut ihre „Zeitlosigkeit“ unter Beweis stellen dürfen. Ihre Aussagen und Inhalte erreichen die Jugendlichen offenbar noch immer, wenn diese sich ihnen auf ihre eigene Weise nähern dürfen.

Weiter unten folgen die Arbeitsbeschreibungen für die SchülerInnen.  

*Literatur-Empfehlung:
Doreen Blumenhagen: Lapbook. Quadrama. Pop-Up-Buch & Co. Originelle Methoden zur Auseinandersetzung mit Unterrichtsinhalten. Anleitungen und Vorlagen für die Sek I. Verlag an der Ruhr 2022

Arbeitsbeschreibungen:

Der Erlkönig – J.W. von Goethe

Verwandelt diese Ballade in ein Hörspiel! Am Ende soll ein in Prosa umgeschriebener Text vorliegen, der direkte Rede und Regieanweisungen für die Geräusche! Jede/r heftet diesen Text in seine/ ihre Mappe!
Zum Schluss soll die Ballade hinter einem Sichtschutz aufgeführt werden.

Arbeitsschritte:
Lest die Ballade sorgfältig durch. Überlegt dabei, welche Sprechrollen es darin gibt. Verteilt diese untereinander und wandelt sie in Prosa um. Ihr könnt auch Sprechrollen hinzufügen! Anschließend überlegt, welche Geräusche ihr machen könnt, um eine unheimliche Atmosphäre zu erzeugen und das Ganze akustisch zu illustrieren. Bedenkt, dass das Ganze ein Hörspiel werden soll: Man „sieht“ dabei nur mit den Ohren! 
Beginnt dann, das Hörspiel abschnittweise einzustudieren!


Der Totentanz – J.W. von Goethe

Verwandelt diese Ballade in ein Hörspiel! Am Ende soll ein in Prosa umgeschriebener Text vorliegen, der direkte Rede und Regieanweisungen für die Geräusche! Jede/r heftet diesen Text in seine/ ihre Mappe!
Zum Schluss soll die Ballade hinter einem Sichtschutz aufgeführt werden.

Arbeitsschritte:
Lest die Ballade sorgfältig durch. Überlegt dabei, welche Sprechrollen es darin gibt. Verteilt diese untereinander und wandelt sie in Prosa um. Ihr könnt auch Sprechrollen hinzufügen! Anschließend überlegt, welche Geräusche ihr machen könnt, um eine unheimliche Atmosphäre zu erzeugen und das Ganze akustisch zu illustrieren. Bedenkt, dass das Ganze ein Hörspiel werden soll: Man „sieht“ dabei nur mit den Ohren! 
Beginnt dann, das Hörspiel abschnittweise einzustudieren!


Die Bürgschaft – F. von Schiller

Verwandelt diese Ballade in ein Hörspiel! Am Ende soll ein in Prosa umgeschriebener Text vorliegen, der direkte Rede und Regieanweisungen für die Geräusche! Jede/r heftet diesen Text in seine/ ihre Mappe!
Zum Schluss soll die Ballade hinter einem Sichtschutz aufgeführt werden.

Arbeitsschritte:
Lest die Ballade sorgfältig durch. Überlegt dabei, welche Sprechrollen es darin gibt. Verteilt diese untereinander und wandelt sie in Prosa um. Ihr könnt auch Sprechrollen hinzufügen! Anschließend überlegt, welche Geräusche ihr machen könnt, um die richtige (spannende) Atmosphäre zu erzeugen und das Ganze akustisch zu illustrieren. Bedenkt, dass das Ganze ein Hörspiel werden soll: Man „sieht“ dabei nur mit den Ohren! 
Beginnt dann, das Hörspiel abschnittweise einzustudieren!
 

Der Zauberlehrling – J.W. von Goethe

Lest die Ballade sorgfältig durch. Wie kann sie so gelesen werden, dass beim Zuhörer ein inneres Bild entsteht? Variiert Tempo, Lautstärke, macht Pausen usw. Im Anschluss studiert die Ballade als Schauspiel ein mit folgender Rollenverteilung:

  • Ein/e Sprecher/in 
  • Meister
  • Zauberlehrling
  • Besen


Der Taucher – Friedrich Schiller

Verwandelt diese Ballade in ein Hörspiel! Am Ende soll ein in Prosa umgeschriebener Text vorliegen, der direkte Rede und Regieanweisungen für die Geräusche! Jede/r heftet diesen Text in seine/ ihre Mappe!
Zum Schluss soll die Ballade hinter einem Sichtschutz aufgeführt werden.

Arbeitsschritte:
Lest die Ballade sorgfältig durch. Überlegt dabei, welche Sprechrollen es darin gibt. Verteilt diese untereinander und wandelt sie in Prosa um. Ihr könnt auch Sprechrollen hinzufügen! Anschließend überlegt, welche Geräusche ihr machen könnt, um die richtige (spannende) Atmosphäre zu erzeugen und das Ganze akustisch zu illustrieren. Bedenkt, dass das Ganze ein Hörspiel werden soll: Man „sieht“ dabei nur mit den Ohren! 
Beginnt dann, das Hörspiel abschnittweise einzustudieren!


Wilhelm Tell: 3. Akt, 3. Szene Der Apfelschuss – F. von Schiller

Verwandelt diese Szene in ein in moderner Prosa gesprochenes Stück und führt sie anschließend auf! Der neue Text soll mitsamt Regieanweisungen in der Mappe enthalten sein!

Arbeitsschritte:
Lest die Szene sorgfältig mit verteilten Rollen!
Legt anschließend eure Rollen fest! Besetzt einige kleinere Rollen beim Lesen doppelt!
Verwandelt den Text anschließend in moderne Sprache, ohne dass der Inhalt verändert wird. Ihr dürft auch die Namen verändern und kürzen!
Beschäftige dich nun so mit deiner Rolle, dass du sie überzeugend spielen/ sprechen kannst! Arbeite an Bewegung, Mimik, Haltung, Ausdrucksweise usw. Lerne deinen Text!
Studiert die Szene gemeinsam ein!


Der Verbrecher aus verlorener Ehre – F. von Schiller 

Am Ende dieser Erzählung soll eine Gerichtsverhandlung stattfinden, bei der Zeugen für und gegen Christian Wolf aussagen! Diese Verhandlung muss schriftlich in der Mappe vorliegen. 

Arbeitsschritte:
Lest die Erzählung sorgfältig durch! Streicht dabei an, wer am Ende als Leumundszeuge/ -zeugin für Christian Wolf aussagen könnte und wer ein Zeuge/ eine Zeugin der Anklage sein könnte!
Tragt eure Ergebnisse zusammen und legt anschließend die Rollen fest! Vergesst dabei Richter/in, Ankläger/in und Rechtsanwalt/ -anwältin nicht!
Schreibt eure jeweiligen Texte und lernt sie auswendig!
In Anschluss studiert die Verhandlung möglichst lebendig ein!

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