Kaltrührverfahren detailliert beschrieben
Ein Beitrag von Verena Faigle
Seifenherstellung mit Schülern im Kaltrührverfahren
Zeitdauer: Etwa einen HU/Doppelstunde
Da ich selbst gerne Seife siede, wollte ich das auch mit meiner Klasse machen und habe lange darüber gesonnen, wie ich die Seifenherstellung im Kaltrührverfahren mit Schülern unter Beachtung der gängigen Sicherheitsvorschriften umsetzen kann. Ich hoffe ich habe nichts vergessen und bin dankbar für kritisches Hinterfragen!
Natürlich stellen Menschen seit Generationen Seife selbst her, fast jedes alte Kochbuch enthält Seifenrezepte und jeder kann das Zuhause nachsieden. Trotzdem können wir als Lehrer manche Dinge nur machen, wenn wir uns sehr genau mit den geltenden Vorschriften auseinander setzen. Diese ändern sich leider ständig, also kann es sein, dass man den SuS inzwischen noch weniger Substanzen für den Tischversuch geben darf, ggf. in den geltenden Sicherheitsvorschriften des Bundeslands nachschauen.
Des Weiteren muss einem bewusst sein, dass die Schüler bei der Seifenherstellung mit hochprozentiger Natronlauge hantieren (ca. 32%), das ist eine höherer Konzentration als für Schülerversuche vorgesehen, d.h. man braucht eine Gefährdungsbeurteilung (am Ende des Textes – nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Bitte selbst überprüfen, ich übernehme keine Haftung!), wir bewegen uns vermutlich in der Grauzone und die Schüler brauchen unbedingt:
1. Eine detaillierte Einweisung was passieren kann und wie reagiert wird! (weiter unten)
2. Sicherheitsausstattung:
- langärmeliger Laborkittel o.ä.
- Schutzbrille
- Schutzhandschuhe (Einmalhandschuhe sitzen gut!)
- möglichst einen Atemschutz
- unbedingt einen gut belüfteten Raum
Ferner unabdingbar:
- für den Notfall eine Augendusche
- Essig (neutralisiert Spritzer auf Gegenständen)
Mehr als ca. 15 Schüler wird man schwer alleine beaufsichtigen können, daher Eltern/Kollegen dazu holen und mit der halben Klasse arbeiten.
Ich habe das Vorhaben im Vorfeld mit den Eltern abgeklärt und mit 13 Schülern allein gearbeitet, was nicht ideal war, aber dank meiner mehrjährigen Siedeerfahrung für mich machbar. Wer keine/wenig Siedeerfahrung hat, hole sich bitte tatkräftige, besonnene Helfer dazu!
Meine Intention:
Die Schüler sollten möglichst viel selber machen können und das Rezept sollte ohne technische Hilfsmittel umsetzbar sein, zugleich sollte das Ergebnis gut duften, mild sein, nach möglichst kurzer Reifezeit fest werden und unter der Dusche schön schäumen J
Die Fette sollten in jedem Bio-Laden zu beschaffen sein.
Nachdem sich die Schüler über die Herstellung von Palmöl genauer informiert hatten (ein schönes Nebenprojekt), wollten wir es weg lassen. Eine mögliche Alternative wäre Schweineschmalz gewesen, das missfiel aber den Vegetariern....
Inzwischen haben meine Nachforschungen ergeben, dass das Palmöl von Edeka/Netto (die „Fettstange“, Refu/GuG) zertifiziert ist, das wäre evtl. eine Alternative. Palmöl aus dem Bioladen wäre auch eine Alternative, die die Seife dazu leicht orange tönt.
Als Fette verwendete ich:
- Olivenöl (hautpflegend, gibt feinen Schaum, härtet aber sehr langsam aus – reine Olivenölseife braucht bis zu einem Jahr um wirklich hart zu werden!)
- Kokosöl (guter Schaum, gute Reinigungswirkung, evtl. etwas austrocknend)
- Kakaobutter (macht die Seife fest, schäumt wenig, pflegt)
- Rizinusöl (gibt’s in der Apotheke. Tolles Schaumfett, pflegend, nicht notwendig, ggf. einfach durch Kokosöl ersetzen)
Zum Färben nahm ich Seifenfarbe, sowie Titandioxid, aus meinem Fundus.
Zum Parfümieren eine Mischung ätherischer Öle, die ich selbst hergestellt hatte, aus Litsea cubeba (Zitrusduft, der seifenbeständig ist), Lavendel, Süßorange (nur seifenbeständig mit Fixativ, bei mir ein paar Tropfen Patchouli!) und Lemongrass. (Solcherlei Ingredenzien bekommt man in der Apotheke oder z.B. bei dragonspice.de, behawe.com, waldehoe.at, ebenso wie das Titandioxid und Farbe/Erden).
Alternativ gibt es ätherisches Lavendelöl in jedem besseren Drogeriemarkt, Faustregel: 30g äth. Öl auf 1 kg Seifenfett.
Möchte man färben – was die Schüler erfreut – dann kann man hierzu z.B. etwas Kakao nehmen (nicht zu viel, sonst wird der Schaum farbig), eine farbige Tonerde, Kurkuma, Paprikapulver. Oder Ringelblumenblüten, in Olivenöl püriert (gelb - nicht sonderlich lichtecht), pürierten Spinat (grün), statt Aqua dest. Karottensaft (orange – nicht lichtecht) um die Lauge anzurühren etc. Viele Ideen dazu auf naturseife.com
Nun blieb noch die Frage der Herstellung ohne „ technische Hilfsmittel“.
Ich wählte die sogenannte „Heat transfer method“, d.h. die Hitze der Natronlauge wird zum Schmelzen der festen Fette verwendet, zugleich beginnt die Natronlauge sofort zu verseifen und sinkt etwas im Gefährdungspotential. Allerdings reicht diese Wärme nicht zwingend für die Kakaobutter, d.h. hier wird evtl. ein Wasserbad benötigt, Kakaobutter schmilzt bei 30°C (mit Palmöl hat man dieses Problem nicht, das schmilzt in der Natronlauge).
Vorgehensweise:
In 2-3er Teams arbeiten lassen!
Die Schüler detailliert und ernsthaft über die Gefahren informieren:
- Verätzungsgefahr – Schutzkleidung! Immer!!!!
- Verätzung der Augen: Augendusche verwenden, Notarzt rufen.
- Augendusche erklären
- Festlegen wer im Notfall Hilfe holt und was gesagt werden muss (Giftnotfrufzentrale! Telefonnummer)
- Spritzer auf Haut: Mit viel Wasser abspülen.
- Essig als Neutralisationsmittel erklären, bei Spritzern auf den Tisch, die Ärmel, die Haut etc. Aber alles zunächst sofort mit Wasser abspülen.
- Erst das Wasser dann die Säure, sonst geschieht das Ungeheure – gilt auch für die NaOH Pellets!!!!!
- Beim Lösen der NaOH Pellets in Wasser steigen reizende Dämpfe auf!
- Gefahr durch Einatmen von reizenden Dämpfen; deswegen: Fenster öffnen, Atemschutz tragen, nicht übers Glas beugen.
- Verschütten der Lauge: keine Aufregung! Abstand halten, Lehrer informieren.
- Verschütten des Seifenleims: siehe oben.
- Spritzer beim Rühren: Lehrer verständigen, Säubern u. Neutralisation mit Essig.
- Keiner schubst!!!!!!!!!!
- Kein Drängeln, ruhig arbeiten!!!!
- Geduld wird gefordert!
- Immer langsam rühren, damit nichts spritzt!
- Lange Haare zurückbinden.
- Nicht während der Arbeit sich die Augen reiben!!!
Benötigte Materialien:
Augendusche (unabdingbar, Vorschrift im Chemie-Unterricht!)
- Kokosfett
- Kakaobutter
- Olivenöl
- Rizinusöl (nach Belieben)
- NaOH
- Destilliertes Wasser
Optional:
- Farben
- Äth. Öl
Ferner:
- 2-3 Feinwaagen mehrere Messbecher mit ml Einteilung ab 10ml
- Wasserkocher und Schüsseln - falls ein Wasserbad benötigt wird
- Gefäße zum Abwiegen des NaOH
- Kleines Plastiksieb (es reichte eines für alle, dann muss man selbst immer mit dem Sieb wandern, das ist sinnvoll bei dem Arbeitsschritt)
- Seifenform (mehr dazu am Ende des Textes)*
Jedes Team bekommt:
- 1 Becherglas, 400-500ml
- 1 Rührlöffel (Holz! Bei Metall ist die Gefahr, dass das Glas durch heftiges Rühren zerschlagen wird – weiß ich aus Erfahrung.)
- 1 Glas um die Lauge anzurühren, z.B. ein schmales, hohes Becherglas + Rührstab.
- 1 Becherglas o.ä. für das Öl
- Jeder: langärmeligen Kittel, Schutzbrille, Atemmaske, Gummihandschuhe
Abgewogen wird von den Schülern:
Zunächst in das Becherglas folgendes abwiegen:
- 38 g Kokosfett
- 10g Kakaobutter
In ein 2. Gefäß abwiegen:
- 50g Olivenöl
- 6 g Rizinusöl (Vorsicht das ist realtiv schwer!)
In ein 3. (Glas-)Gefäß abwiegen:
- 30g Aqua destillata
Folgendes bereitlegen:
- Rührlöffel
- Ggf: Farbe/Erden/Titandioxid etc.
Ab jetzt wird mit nur noch Handschuhen und Schutzbrille gearbeitet bis die Seife in der Form ist!!!!
Jedes Team besorgt sich all das und wartet dann auf das NaOH.
- Bei 10% Überfettung braucht man pro Portion 14,33g NaOH, bei 8% Überfettung 14,65g
NaOH muss vom Lehrer abgewogen werden!!!
Aufgrund der geltenden Sicherheitsvorschriften ist die ganze Prozedur schwierig genug, keinesfalls dürfen Schüler die Dose mit dem NaOH zum Selbstabwiegen bekommen! Vorsicht beim zum Tisch tragen (Erwachsener!).
NaOH zieht sofort Wasser aus der Luft. Daher kann man nur vorher Abwiegen, so man genug Gefäße hat, die luftdicht schließen. Sonst eine Portion nach der anderen abwiegen und den Schülern an den Tisch bringen und dabei bleiben wenn das NaOH ins Wasser gegeben wird. Das NaOH in Glasgefäße abwiegen, an Plastik bleiben die Pellets hängen (statische Aufladung).
- Die NaOH Pellets werden auf einmal in das dest. Wasser gegeben, es entsteht Hitze! Vorsicht Dämpfe! Ggf. helfen und die letzten Pellets mit einem trockenen Löffelchen (immer welche in der Kitteltasche haben) aus dem Gläslein fischen.
- NaOH durch Rühren ganz auflösen. Langsam rühren, damit nichts spritzt! (Das Gefäß, in dem das NaOH war, kann man mehrfach zum Abwiegen verwenden. Nach Gebrauch in das Spülbecken stellen und Wasser einlaufen lassen! – Lehrer/Erwachsener)
- Erhitzte Lösung durch das Sieb (falls doch noch Körnchen übrig waren) über die festen Fette geben und rühren! Bei konzentriertem Arbeiten reicht die Hitze der Lauge zum Lösen der Fette. Löst sich die Kakaobutter nicht, im warmen Wasserbad nachhelfen.
- Sobald die festen Fette gelöst sind, die Öle dazugeben.
- Rühren, rühren, rühren. Lange. Seeeehr lange **
- Wenn der Seifenleim andickt (Kartoffelsuppe) färben (Erde in Miniportion Öl anrühren) und 60Tr. Äth. Öl zugeben. Gut einrühren! Wer nicht färbt, kann weiterrühren bis es fast flüssigem Pudding ähnelt....
- Angedickten Seifenleim in die Form gießen
- Form kräftig auf dem Tisch aufstoßen, damit Luftbläschen entweichen.
- Arbeitsplätze säubern, mit Essig neutralisieren. Arbeitsgeräte säubern (sehr fettig, daher hat sich vorheriges Auswischen mit Küchenrolle bewährt. Der Seifenleim reizt die Haut, mit Handschuhen und Brille abspülen!).
- Schutzkleidung ausziehen.
Nun gibt es 2 weitere Vorgehensweisen für die Reifung der Seife:
- Langsames Ausreifen: Form mit alten Handtüchern o.ä, abdecken und zur Seite stellen. Die Seife wird sich erhitzen, dadurch verseifen die Fette fast vollständig. Schneiden kann man sie nach 1-2 Tagen (mit Handschuhen). Danach muss sie ca. 6 Wochen reifen.
- Man stellt die Seifenform, die dann aus Holz sein muss, bei 80° C mind. 1 Stunde in den Backofen, stellt diesen aus und lässt die Seife über Nacht im Ofen. (Wenn man die Seife morgens in der Schule macht und dort warm einpackt um sie Zuhause in den Ofen zu stellen, sollte man sie 2 Std „backen“, da sie sich erst wieder erwärmen muss.) Nach dem Auskühlen sollte sie nicht nur schnittfertig sein, sondern komplett verseift. Nachtrocknen tut ihr dennoch gut, sonst braucht sie sich zu schnell auf.
Die Reife kann man testen, mit Lackmuspapier oder dem traditionellen „Küsschentest“ (Zungenspitze an die Seife, wenn’s prickelt ist die Natronlauge noch nicht völlig verseift – nix für SuS.).
Zum Färben:
Mit meiner Klasse habe ich ca. 1/3 des Seifenleims mit Titandioxid weiß gefärbt. Die restlichen Portionen wurden dann mit unterschiedlichen Mengen von blauer Seifenfarbe in Grüntöne verwandelt.
Beim Eingießen verwandten wir folgende einfache Technik:
- Zunächst eine größere Portion weißen Seifenleim unten in die Form.
- Dann wurde mit einem Grünton eine Spur in die Mitte der Form gegossen, nun abwechselnd die verschiedenen Grüntöne immer möglichst genau in die Spur des vorherigen, ab und zu etwas mehr Weiß dazwischen.
- Am Ende zog ein Schüler einen Glasstab schlangenförmig durch die Form und ich setzte mit einem Löffel noch den letzten weißen Seifenleim oben wolkig auf die Form.
Das geschnittene Ergebnis sieht so aus (hochkant halbiert – der Rest war schon eingepackt):
Bitte erst selbst 1-2 Seiflein sieden, bevor man sich mit der Klasse daran macht. Je mehr Seifen man siedet, desto mehr Sicherheit im Umgang mit denselben gewinnt man.
Für die Heat-Transfer-Method besser geeignet wäre Palmöl/Schweineschmalz oder Sheabutter, dann erspart man sich das Wasserbad, das bei mir 2 Teams brauchten. Eine größere Menge Lauge wäre heißer (d.h. auch mehr Fette!) aber sicherheitstechnisch noch schwieriger.
In meinen Privatversuchen reichte die Hitze der Natronlauge für ein sog. 25er Rezept: 25% Kokos, 25 % Palmöl, 25% Olive, 25% Raps alle zusammen bei Zimmertemperatur in einem Gefäß abgewogen, das würde auch das 2. Gläslein für das Öl ersparen.
Bei anderer Fettzusammensetzung ändert sich der NaOH Bedarf! Hier hilft ein Seifenrechner (z.B. http://www.handmade-by-kathrin.de/soap/calc/) oder eine Verseifungstabelle (Internet) und die SuS rechnen selbst. Bei unserer Menge wäre das: 25g Olive, 25g Raps, 25g Palm, 25g Kokos, 30g Aqua dest, 13,25g NaOH bei 10% Überfettung, 13,54g bei 8% Überfettung.
Mit der vorletzten 8. Klasse habe ich Seife im Topf gesiedet, die Beschreibung hierfür kann ich nachreichen, so gewünscht, ich fand das aber kniffliger. Ich habe damals Körperseife gemacht, mit Lavendelöl beduftet und 10% überfettet.
Überfettung: Der Anteil an unverseiften Fetten, d.h. der Pflegefaktor. Abhängig von persönl. Vorlieben. Häufig wird mit 8% Überfettung gearbeitet, mit 10% sind auch sensible Menschen glücklich, es schäumt evtl. weniger...
*Seifenform: Es eignen sich leere Tetrapacks (fassen ca. 1kg Seife, muss man seitl. stabilisieren, z.B. durch volle Tetrapacks), Silikonbackformen (danach nicht mehr fürs Backen geeignet) oder einfache Holzformen, die man mit Butterbrotpapier/Backpapier auslegt. Eine sehr praktische Bauform hierfür (die haben wir benutzt) findet man auf youtube: https://www.youtube.com/watch?v=hGOa8LeGMRI Soap Molds - The Best New Design & Easy To Make!
** Die Seife dickt viel schneller an (meist in wenigen Minuten), wenn man einen Pürierstab nutzt (oder einen Milchaufschäumer- Reservebatterien). Kein Aluminium, wie z.B. SG-Zauberstab! Keinen Pürierstab von Zuhause (!), das dürfte sicherheitstechnisch schwierig sein. Geräte die man in der Schule verwendet, müssen ein Prüfsiegel (Hausmeister?) haben, außerdem ist die Reinigung eines Püris von fettiger, halbgarer Seife keine Freude. Vorsicht, Püri senkrecht halten, keine Luft einrühren!
Seife unterliegt der Kosmetikverordnung, vermutlich dürfen wir auch im Unterricht keine herstellen, es sei denn wir machen PutzseifeJ
Nützliche Informationen:
http://www.seilnacht.com/waschm/seife.html
Mehr Infos zum im Ofen fertig backen: https://www.soapqueen.com/bath-and-body-tutorials/cold-process-soap/hot-process-series-cpop-swirls/
Naturseife.com hat auch einen Seifenrechner, man findet verschiedene im Internet.
Bei Fragen helfe ich gerne weiter: verena.faigle[at]arcor.de
Die allfällige GbU (Ba-Wü) als pdf.