Über das Schmieden

Ein Beitrag von Thomas Hofer

An der Esse ist es heiß, sehr heiß. Dazu kommt anfangs noch die Angst vor dem glühenden Eisen, das man an dem kühleren Ende in seiner Hand hält. Die andere hält den schweren Schmiedehammer, der - noch zaghaft und ungelenk - den glühenden Stahl verformen soll...

Aller Anfang ist schwer, besonders in dieser uralten Handwerkstradition, die sich seit hunderten von Jahren kaum geändert hat. Damals wie heute kommt es darauf an, den Stahl im Kohlefeuer soweit zu erwärmen, dass er mit wenigen präzisen Hammerschlägen in Form gebracht wird. Das ist nicht ganz ungefährlich, aber es übt - auch im Zeitalter der Visualisierung - einen ursprünglichen Reiz auf viele Jugendliche aus: sich sein eigenes Messer schmieden! Wo geht das heute noch?

Es gibt noch einen Unterschied zu der heutigen virtuellen Computerwelt und dem Spieleboom, hier geht es um was - ganz real: Wer nicht aufpasst, dem verbrennt das halbfertige Werkstück wie eine Wunderkerze, wenn es zu lange im Feuer bleibt, oder schlimmer, die Hand, die sich beim unvorsichtigen Hantieren schmerzhafte Verbrennungen zuzieht. Wer sich aber dieser Aufgabe stellt, wird mit einem reichen Erfahrungsschatz belohnt. Man spürt die Wärme des Schmiedefeuers, riecht diesen typischen Geruch von Feuer und Eisen, hört die rhythmischen Hammerschläge auf dem klingenden Amboss und freut sich über die relativ leichte Verformung des glühenden, butterweichen Stahles. Auch der Hammer schlägt mit etwas Übung immer schneller, kraftvoller und geschickter auf das werdende Werkstück.

„... man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist" (Volksmund)

Auch das Zeitgefühl ändert sich beim Schmieden, hier gibt das Feuer und das Eisen den Takt vor, schnell muss der glühende Stahl auf dem Amboss liegen und schnelle, kräftige Schläge halten ihn warm. Sobald das Glühen nachlässt und auch das geht schnell, kommt das Eisen wieder ins Feuer, das eine optimale Temperatur haben muss. Ist es zu kalt, bleibt der Stahl zu hart, ist es zu heiß, kann der Stahl verbrennen...

Dieser ganze Ablauf mit seinen variablen Achtsamkeiten geht aber bald in „Fleisch und Blut" über. Ist das Eisen im Feuer, kann man sich etwas erholen und neue Kraft schöpfen.

Anhand eines Hakens möchte ich nun die einzelnen Arbeitsschritte mit den wichtigsten Schmiedetechniken vorstellen.

Beim Schmieden geht kein Material verloren, es wird nur plastisch verformt, so als wenn man vorsichtig mit dem Hammer auf Knete schlägt. In einer geschmiedeten Spitze oder in einem gebogenen Haken passen sich Spannungslinien und -kräfte der neuen Richtung an oder anders ausgedrückt: Sie werden in die neue Form gestaucht. Damit wird die Stabilität größer als wenn das Material nur spanend bearbeitet wird, z. B. durch Feilen und Schleifen (Flexen).

Das Spitzen

Wichtig ist das genaue Treffen des Werkstückes mit dem Hammer. Bei dem Spitzen - der ersten Schmiedeübung - muss der Hammer leicht geneigt geschlagen werden und das Eisen wird mit der linken Hand leicht „angehoben", dadurch entsteht die typische Spitzenform. Fällt der Hammer gerade runter, wird das Eisen nur platt geschlagen (typisch für die Meißelform). Wird das Werkstück zu stark angehoben, so verbiegt sich die Spitze, was für einen Schmied aber das geringere Problem darstellt. Das verbogene Werkstück wird umgedreht auf dem Amboss gelegt, so dass zwei Punkte aufliegen, man schlägt auf die höchste Erhebung in der Mitte, bis sie die Ambossfläche berührt, so wird die Spitze wieder gerade. Ist die Spitze fertig, wird sie „geschlichtet", d. h. der Schüler legt kurzzeitig den Schlichthammer (ein Hammer mit vergrößerter Bahn) auf die glühende Spitze, auf den dann ein anderer Schüler mit dem schwereren Vorschlaghammer schlägt. So werden die Dellen, die beim Schmieden entstehen, heraus geschlichtet bis eine schöne, glatte Oberfläche entsteht.

Das Runden und Drehen

Beginnend mit der Spitze wird das Eisen über das Rundhorn am Amboss „gerundet" und dann angepasst, bis die gewünschte Rundung dem Ambosshorn entspricht. Bei einem Haken wird die Rundung auf der anderen Seite um 180° gedreht. Nun wird die Mitte des Hakens erwärmt und knapp unter dem glühenden Bereich in einem Schraubstock eingespannt. Mit einem Windeisen oder einer Zange, die man knapp über der glühenden Mitte ansetzt, wird das glühende Eisen „gedreht", so dass eine schön aussehende Spiralform entsteht. Sie sieht nicht nur gut aus, sondern verleiht dem Haken eine rutschhemmende Griffigkeit und größere Stabilität. Zum Schluss wird der fertige Haken mit Schmirgelpapier gesäubert und nochmals leicht glühend in Leinöl getaucht. Die tiefe Schwärze des eingebrannten Öles ist ein ausgezeichneter Korrosionsschutz.

Nachdem die Schüler diese Grundfertigkeiten des Schmiedehandwerks erlernt haben, können sie sich den anspruchsvolleren Aufgaben widmen, z. B. ein Messer oder Schwert schmieden, einen mehrarmigen Kerzenständer ausarbeiten oder ein Kaminbesteck herstellen. Auch ein Namensschild oder ein Fenstergitter sind möglich. Fast alle Schmiedearbeiten können in der KunstWerkstatt, wo wir arbeiten, hergestellt werden. 
 

Ihr Kommentar