Die Begegnung
Irgendwo, weit weg von hier, wandert einer mit dem Rucksack auf dem Rücken durch weites, menschenleeres Land. Nach stundenlangem Marsch, die Sonne steht schon hoch und sein Durst wird groß, sieht er am Horizont ein Farmhaus. Gott sei Dank, denkt er, endlich wieder einmal ein Mensch in dieser Einsamkeit. Bei diesem Farmer kehre ich ein, bitte ihn um etwas zu trinken, und vielleicht setzen wir uns noch auf die Veranda und unterhalten uns, bevor ich weiterziehe. Und er malt sich aus, wie schön es sein wird.
Als er aber näher kommt, sieht er, dass der Farmer sich im Garten vor dem Haus zu schaffen macht, und ihn befallen erste Zweifel: „Wahrscheinlich hat er viel zu tun. Und wenn ich sage, was ich möchte, falle ich ihm zur Last. Und er könnte meinen, ich sei unverschämt.” Als er dann an die Gartentüre kommt, winkt er dem Farmer nur zu und geht vorbei.
Der Farmer seinerseits sah ihn schon von Ferne, und er dachte, Gott sei Dank, endlich wieder einmal ein Mensch in dieser Einsamkeit. Hoffentlich will der zu mir, dann werden wir zusammen etwas trinken, und vielleicht setzen wir uns noch auf die Veranda und unterhalten uns, bevor er wieder weiterzieht. Und er ging ins Haus, um Getränke kalt zu stellen. Als er den Fremden aber näher kommen sah, begann auch er zu zweifeln: „Er hat es sicher eilig. Und wenn ich sage, was ich möchte, trete ich ihm zu nahe. Und er könnte meinen, ich dränge mich ihm auf. Doch vielleicht ist er durstig und will von sich aus zu mir kommen. Am besten ist, ich gehe in den Garten vor das Haus und tue so, als ob ich dort arbeiten würde. Dort muss er mich ja sehen. Und wenn er wirklich zu mir will, wird er es schon sagen.”
Als dann der Wanderer nur vorüberzog und winkte, sagte er zu sich: „Schade!”
Der Wanderer aber wanderte weiter. Die Sonne steigt noch höher, und sein Durst wird größer. Und es dauert Stunden bis er am Horizont ein anderes Farmhaus sieht. Er sagt sich: „Diesmal kehre ich beim Farmer ein, ob ich ihm zur Last falle oder nicht. Ich habe einen solchen Durst. Ich brauche etwas zu trinken.”
Doch auch der Farmer sah ihn schon von Ferne und dachte: „Der will doch hoffentlich nicht zu mir. Das fehlte mir gerade noch!” Und er machte weiter, ohne aufzublicken. Der Wanderer aber sah ihn auf dem Feld, ging auf ihn zu und sagte: „Ich habe einen großen Durst. Bitte, gib mir zu trinken!” Der Farmer überlegte. Abweisen darf ich ihn wohl nicht. Schließlich bin ich ja ein Mensch. Er führte ihn zu seinem Haus und brachte ihm etwas zu Trinken. Der Wanderer sagte: „Ich habe deinen Garten angeschaut. Man sieht, hier war ein Wissender am Werk, der Pflanzen liebt und weiß, was sie brauchen.” Der Farmer sagte: „Auch du verstehst etwas davon.”
Er setzte sich und sie unterhielten sich lange. Dann stand der Wanderer auf und sagte: „Es ist Zeit für mich zu gehen.” Doch der Farmer wehrte ab: „Schau”, sagte er, “die Sonne steht schon tief. Bleib diese Nacht bei mir. Dann setzen wir uns noch auf die Veranda und unterhalten uns, bevor du wieder weiterziehst.” Und der Wanderer stimmte zu.
Verfasser unbekannt