Matchbeutel nähen

Ein Beitrag von Susanne Gaßmann (Freie Waldorfschule Marburg)

Angeregt durch eine Fortbildung "Matchbeutel nähen" bei Fr. Bögli-Röschke (Lehrerseminar Kassel und Frankfurt), habe ich letztes Schuljahr die Gelegenheit ergriffen, mein neu erworbenes Wissen mit 2 Gruppen der 7. Klasse in die Tat umzusetzen. Das Nähen eines Matchbeutels kann eine zusätzliche Aufgabe oder eine Alternative zum Schuhe nähen sein, denn wie beim Schuhe nähen geht es auch hier um die Gestaltung von Innen- und Außenraum.

Die Auseinandersetzung mit dem Material Leder, der als Boden dient, ist vergleichbar mit dem Nähen von Schuhen. Der Boden gibt dem Beutel Standfestigkeit und Halt. Er weist auf ein „Unten“ hin, während der Baumwollstoff zum „Oben“, zur Öffnung zeigt.

Ein weiterer Gesichtspunkt liegt ist der Vertiefung der in den unteren Klassen erlernten Handstiche. Sie werden dann in der 8. Klasse auf der Nähmaschine geübt.


Matchbeutel/Seesäcke nähen aus Leder in Kombination mit Canvas

(fester Baumwollstoff in Leinwandbindung).

In Absprache mit dem Klassenlehrer nahm ich am 1. Elternabend der 7. Klasse teil und stellte das neue Projekt vor. Ich wollte die Eltern fragen, ob sie bereit wären, einen Teil der Materialkosten (Werkzeuge, Leder und Ösen) zu zahlen. Die Eltern waren sofort begeistert von den Matchbeuteln und den Herausforderungen, denen sich ihre Kinder bezüglich Ausdauer und Kraft stellen sollten.

Dann galt es das entsprechende Material zu besorgt. Zum Glück half die Material- und Firmenliste von Fr. Bögli-Röschke.

In der 1. Stunde entwickelte jeder Schüler seinen eigenen Schnitt für den Kreis und den Streifen aus Leder. Der weitere Zuschnitt aus dem Canvas beruhte auf diesen Schnittteilen.

Den Lederzuschnitt, das Stanzen der Löcher mit den Stanzeisen und die Einführung der Zwienaht (Schusternaht) erarbeiteten wir uns gemeinsam. Diese wird mit zwei Sattlernadeln (Bezug zum ursprünglichen Schuhe nähen) und einem von den Schülern mit Bienenwachs versehenen Leinenzwirn genäht. Ich konnte erleben, wie das Arbeiten mit „professionellem“ Werkzeug die Schüler motivierte. Das Stanzen der Löcher im Leder verlangte den Schülern viel Konzentration und Kraft ab. Es war eine sehr schaffige und kommunikative Atmosphäre. Die Schüler mussten sich absprechen, da nicht für jeden einzelnen eigenes Werkzeug vorhanden war. Das förderte soziale Prozesse und gab Gelegenheit, sich in ungewohnten Gruppen zusammenzufinden.

Nach diesen vorbereiteten Tätigkeiten war das parallele Arbeiten beendet. Es gab Schüler, die ihre Werkstück mit nach Hause nahmen und schnell mit den Lederarbeiten fertig waren. Andere taten sich mit der Zwienaht im Leder schwer. Die Beschaffenheit des Leders spielte eine Rolle. Jede Haut ist in Bezug auf Stärke und Eigenschaften unterschiedlich und entsprechend verschieden war die Anstrengung.

Den Canvas und die Ziernähte nähten die Schüler von Hand im Rückstich. Das Futter aus ausgedienten Soffittenstoffen (upcycling!) nähten die Schüler teilweise an der Nähmaschine, nachdem sie ihren Nähmaschinen- Führerschein absolviert hatten.

Für mich war es Premiere. Zeitweise war es sehr anstrengend, alle unter einen Hut zu bringen. Ich war sehr gefordert, wenn einzelne Schüler bei unterschiedlichen Arbeitschritten nicht ohne Hilfe weiterkamen. Aber ich konnte auch Schüler gewinnen, die ihren Mitschülern weiterhalfen.

Es sind sehr schöne Matchbeutel entstanden – alles Unikate. Teilweise richtige Seesäcke, die mit in den Urlaub genommen wurden, um gefüllt mit Kleidungstücken als Kissen im Bus auf der Pfadfinderreise dem müden Haupt einen Platz zu geben. Die Vitrine mit den ausgestellten Matchbeuteln erregte das Interesse vieler Schüler, Lehrer und Eltern.

Deswegen entschloss ich mich, in unserer Projektwoche das Nähen von Matchbeuteln aus veganem Leder als Projekt anzubieten. Auch da sind wunderschöne Beutel und Taschen entstanden.


Resümee

Abschließend ist zu bemerken, dass sich das qualitativ hochwertige Werkzeug bezahlt gemacht hat. Es erforderte anfangs viel Recherche und Zeit, das Material und die Werkzeuge auszuprobieren, aber jetzt im 2. Zug haben sich die Zeit und Mühe gelohnt. Ich finde immer mehr Gefallen daran, in der 7. Klasse mit Leder zu arbeiten und neue Projekte auszuprobieren.

Ich hoffe, der Bericht war auch unter menschenkundlichen Gesichtspunkten interessant, um neue Projekte in der Mittelstufe zu etablieren.

Für das Handarbeitskollegium der Freien Waldorfschule Marburg, Susanne Gaßmann