Das Dromedar - geschaffen für die Wüste

Ein Beitrag von Rainer Springer

Das Dromedar leistete dem Menschen die wertvollsten Dienste. Im zweiten Jahrtausend vor Christus wurde es auf der arabischen Halbinsel zu einem Haustier gezüchtet. Die wilde Abstammungsform ist seit langem ausgestorben.

Das Dromedar ist wie für die Wüste geschaffen: Es hat sich voll und ganz auf die Wasserknappheit eingestellt. Nur in den Oasen tritt das lebenswichtige Nass an die Oberfläche, aber Oasen sind oft weit voneinander entfernt. Wie kaum ein anderes Tier kann ein Dromedar extrem lange ohne Wasser überleben. Bis zu 17 Tagen kommt es problemlos ohne neue Wasseraufnahme aus. Zum Vergleich: Wenn der Mensch 24 Stunden überhaupt kein Wasser zu sich nimmt, zeigt er schon die ersten Anzeichen der Austrocknung. Nach etwa drei Tagen ohne Wasser stirbt der Mensch. Andere Tiere wie zum Beispiel der Esel, den die Menschen zuvor als Reit- und Lasttier verwendet hatten, brauchen viel häufiger Wasser als das Dromedar. Entweder musste man Wasser mitnehmen, was die Möglichkeit das Tier anderweitig zu beladen erheblich einschränkt, oder man konnte viele Strecken in der Wüste nicht nehmen und bestimmte Orte nicht erreichen.

Wie gelingt es dem Dromedar, so lange ohne Wasser auszukommen? Zunächst muss man sagen, dass das Dromedar in kürzester Zeit, etwa in 10 Minuten, an die 130 l Wasser trinken kann. Das ist ungeheuer viel. Auch hier mag man überlegen, wie viel der Mensch in 10 Minuten zu trinken vermag, ohne sich unwohl zu fühlen. Das Dromedar kann das Wasser in seinem Magen aufbewahren.

Das Wichtigste aber ist, dass das Dromedar mit diesem Wasser äußerst sparsam umgehen kann. Es gibt nur sehr wenig Wasser wieder an die Umgebung ab. Sein Urin zum Beispiel ist sehr konzentriert. Bevor es zur Ausscheidung kommt, halten die Nieren möglichst viel Wasser aus dem Urin zurück. So gibt ein Dromedar pro Tag nur rund einen Liter Urin ab, was für ein Tier von dieser Größe sehr wenig ist. Zum Vergleich: Ein Pferd sondert etwa zehn Liter Urin pro Tag ab. Auch dem Kot wird vor der Ausscheidung die meiste Flüssigkeit wieder entzogen. Das Dromedar ist also ein Spezialist auf dem Gebiet des Wassersparens. Selbst der in der Atemluft enthaltene Wasserdampf kann vor dem Ausatmen von den Nasenschleimhäuten wieder aufgenommen werden. Hinzu kommt, dass dem Dromedar der Wasserverlust nicht allzu viel ausmacht, wenn es ihn später wieder ausgleichen kann. Ein Dromedar kann bis zu 25 % seines Körpergewichts verlieren, ohne Schaden zu nehmen. Beim Menschen sind schon 10 % an Flüssigkeitsverlust lebensbedrohlich.

Das Dromedar gibt aber nicht nur wenige Wasser ab, es schützt sich auch sehr raffiniert vor der Wüstenhitze. So ist sein Fell nicht glatt, sondern leicht gekräuselt. Die dadurch entstehenden vielen kleinen Lufteinschlüsse wirken wie eine hervorragende Wärmeisolierung. Sie lassen die Wärme kaum eindringen. Deshalb schwitzt das Dromedar viel weniger als ein Mensch – es sei denn, es wird geschoren. Andersherum schützt dieses Fell ebenso gut vor Kälte, die nachts in der Wüste entsteht. Meist ist das Fell sandfarben. Es gibt aber auch Dromedare, die ein weißes bis hin zu einem dunkelbraunen Fell haben. Eine weitere besondere Fähigkeit besteht darin, dass das Dromedar seine Körpertemperatur um bis zu neun Grad verändern kann. Meistens schwankt die Körpertemperatur zwischen 34 Grad Celsius in der Nacht und 42 Grad in der Tageshitze. Am Morgen erhöht sich seine Temperatur nur ganz langsam, weshalb das Dromedar wiederum weniger schwitzt und damit Wasser spart. In seinem Höcker reichert es bei reichem Nahrungsvorkommen Fett an. Dass es dort Wasser speichert, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Von dieser Fettreserve kann ein Dromedar lange zehren. Zudem ist Fett ein schlechter Wärmeleiter. Der Höcker schützt also auch noch vor der Hitze der senkrechten Sonneneinstrahlung und vor der Kälte bei Nacht. Wären die Fettreserven über den ganzen Körper verteilt, hätten die Tiere große Probleme mit der Wüstenhitze. Aber auch die langen Beine schützen das Dromedar vor der ungeheuren Hitzeabstrahlung des Bodens.

Wir sehen also, wie überaus klug das Dromedar an die Umweltbedingungen der Wüste angepasst ist. Aber die Anpassung geht noch weiter. In der Wüste kommt es immer wieder zu heftigen Sandstürmen, auf die auch der Mensch gut vorbereitet sein muss. Augen, Nase und Ohren bedürfen des besonderen Schutzes. Diesen hat das Dromedar von Natur aus. Seine schlitzförmigen Nasenlöcher kann es von innen verschließen, sodass kein Sand in die Atemwege gelangt. Die Augen und Ohren werden von langen Wimpern und Härchen geschützt.

Schauen wir zuletzt noch auf die Füße des Dromedars. Auch sie sind für das Laufen auf Sandflächen extrem geeignet. Hätten Dromedare Hufe wie beispielsweise das Pferd, wäre das Gehen viel zu beschwerlich, weil sie zu tief einsinken würden. Stattdessen haben sie zwei Zehen mit schwieligen Polstern. Diese schützen einerseits vor der Hitze des Sandes, die wir kennen, wenn wir schon einmal über einen heißen Sandstrand gelaufen sind, andererseits bieten sie genug Fläche, damit sie nicht in den Sand einsinken.

All dies zusammengenommen macht deutlich, warum Dromedare in der Vergangenheit so wertvoll für den Menschen waren. Intensiv hat er sie als Last- und Reittier genutzt. Man bezeichnete sie als Wüstenschiffe. In der Regel belud man ein Dromedar mit 150-200 kg. Das sind etwa zwei Menschen mit ihrem Gepäck. Karawanen legten im Schnitt 20-40 km am Tag zurück. Mit ruhigem Gang bewegen sich Dromedare gleichmäßig durch die Wüste. Allerdings können sie über kurze Strecken auch sehr schnell rennen. Bei Kamelrennen hat man Geschwindigkeiten bis zu 64 km/h gemessen.

Zudem ist das Dromedar bei seiner Nahrungssuche sehr anspruchslos. Es ist ein Pflanzenfresser und kann im Grunde alle Arten von Pflanzen verdauen, selbst die dornigen. Zunächst schlucken sie die Nahrung nur wenig zerkaut in den Vormagen herunter, um sie später wiederzukäuen.

Das Dromedar dient dem Menschen aber auch noch in einer ganz anderen Hinsicht. Die Wolle des Dromedars wird hauptsächlich zur Herstellung von Teppichen eingesetzt, da sie sehr rau ist. Das Fell der Trampeltiere (Kamele) hingegen ist sehr viel weicher. Aber auch als Fleisch- und Lederquelle wurden Dromedare genutzt. Zu guter Letzt kann man noch ihren Mist trocknen und als Brennmaterial verwenden.

An all dem sehen wir, welch großen Nutzen der Mensch von diesem gutmütigen Tier hat. Seine Lebensdauer beträgt bis zu 40 Jahren.